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    Monster
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Monster
    Von Ulf Lepelmeier

    Ende der 80er Jahre sorgte die Prostituierte Aileen Carol Wuornos für Aufsehen, als sie in Florida mehrere ihrer Freier erschoss und 1992 zum Tod durch die Giftspritze verurteilt wurde. Das Drama „Monster“ begleitet Amerikas erste weibliche Serienmörderin vom Vorabend ihres ersten Tötungsdeliktes im November 1989 bis zu ihrer Inhaftierung im Januar 1991. Sechs Morde konnten Wuornos damals nachgewiesen werden, ein siebter gilt als wahrscheinlich. Die Entscheidung der Regisseurin Patty Jenkins, dem ehemaligen Model Charlize Theron die Rolle der Serienkillerin Wuornos, die von den amerikanischen Medien reißerisch als Monster abgestempelt wurde, anzuvertrauen, war mutig und wurde im Vorfeld mit Argwohn beobachtet. Zu sehr sorgte der Fall, der erst am 9. Oktober 2002 mit der Vollstreckung des Todesurteils beendet wurde, in den USA für Aufregung.

    Drei Stunden saß Charlize Theron täglich in der Maske, um das aufwendige und verblüffend authentische Make-up für den monströsen Titelpart aufzutragen. Mit fahler Haut, dünnen Brauen und falschen Zähnen ist ihr hübsches Gesicht nicht wiederzuerkennen. Mut zur Hässlichkeit wird das gerne genannt. Doch jeder, der den Film gesehen hat, versteht , dass Theron nicht nur für ihre äußerliche Verwandlung mit dem Silbernen Bären, dem Golden Globe und schließlich sogar mit dem Oscar als beste Hauptdarstellerin geehrt wurde, sondern vor allem für ihr Spiel, denn sie verkörpert die Mörderin mit engagierter Kraft und Ausdruckstärke. Doch leider ist diese darstellerische Leistung das einzige, was in „Monster“ zu begeistern vermag.

    Nachdem der Zuschauer in einer Jugendrückblende miterleben durfte wie das kleine Mädchen Aileen sich mit zunehmendem Alter von den vielen großen Träumen verabschieden und sich der rauen Wirklichkeit stellen musste, wird die gegenwärtige Situation Wuornos (Charlize Theron) eingeblendet. Sie ist mit ihrer Kraft am Ende, ist entschlossen sich das Leben zu nehmen. Allerdings will sie vorher noch ihr letztes Geld in einer Highwaygaststätte ausgeben. Hier trifft sie auf die junge, lebenshungrige Selby (Christina Ricci), die aufgrund ihrer lesbischen Neigung von ihrem Vater zur erzkonservativen Verwandtschaft abgeschoben wurde. Das naive Mädchen ist für die Prostituierte wie ein Silberschweif am Horizont. Die Zuneigung zu ihr lässt in Aileen die Hoffnung auf die Möglichkeit eines glücklichen Lebens aufkeimen. Ein Leben ohne Gewalt und Demütigung. Doch für diese Beziehung benötigt sie Geld. Als sie ihren ersten Freier tötet, handelt sie noch aus Notwehr, doch die Spirale des Mordens hat begonnen und sie dreht sich immer schneller.

    Die Leistung der Hauptdarstellerin ist über alle Zweifel erhaben. Wutausbrüche, Verzweiflung, aufkeimende Hoffnung, Hass, Missachtung, und zum Ende hin ein Zustand, der dem Wahnsinn nahe zu kommen scheint, bietet Theron dar. Die Stimmungsschwankungen und unterschiedlichsten Fassetten der Aileen Wuornos schafft sie glaubhaft und mit emotionaler Intensität dem Zuschauer zu vermitteln. Nicht umsonst bereitete sie sich akribisch auf diese Rolle vor. Aus Briefen, die Wuronos in beinahe zwölf Jahren Todestrakt an Freunde verfasste, übernahm sie Sprachmuster und oft gebrauchte Floskeln, die sie ins Drehbuch mit einfließen lies. Doch der Film kann nicht mit der Brillanz der darstellerischen Tour de Force mithalten. Bis auf Aileen Wuornos wirken die Charaktere unausgearbeitet und klischeehaft . So gibt Christina Ricci, zu Beginn noch eine gute Figur als weltfremdes Mädchen ab. Doch aufgrund des Drehbuchs kann man über die Verhaltensweise von Selby später nur noch den Kopf schütteln, die Rolle wirkt unglaubwürdig. Zudem wird die Geschichte zu lange mit merklicher Sympathie für die Mörderin inszeniert, die stets im Focus steht. Man sieht ihre Gefühlsausbrüche, ihre Taten und hört dazu immer wieder Off-Kommentare, welche aus Jenkins` Unterhaltung mit der Serienmörderin vor deren Exekution stammen sollen. Die anderen Personen bleiben Statisten, dürfen nie zu Wuornos Stellung beziehen, weswegen der Eindruck der Einseitigkeit aufkommt.

    Auch wird viel Zeit dafür aufgewendet Wuornos Taten soziologisch zu rechtfertigen. Der Film schafft es aber dabei nicht, den schmalen Grad, zwischen Erklären und Entschuldigen zu meistern, während er die Faktoren -soziales Umfeld- und -emotionale (Kindheits-)Traumata- behandelt. Auch soll die Liebe zu Selby als Grund für die Morde herhalten, doch das Hauptmotiv ist unmissverständlich das schnelle Geld. Ebenso muss sich die Story ihre einfache, uninspirierte und vorhersehbare Erzählstruktur vorwerfen lassen. So werden die Opfer stringent unschuldiger. Das erste Mordopfer quält und schlägt sie, das letzte bietet ihr selbstlos ein Dach, finanzielle und mentale Unterstützung an. Selbst die eher spärlich eingesetzte Musik scheint nicht immer passend gewählt zu sein, werden doch einige Szenen, welche die Liebesgeschichte vorantreiben, durch den musikalischen Hintergrund ins Lächerliche gezogen. „Monster“ ist, trotz der ambitionierten Thematik, ein schwacher Film, der einzig und allein von der darstellerischen Meisterleistung Therons lebt.

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