Neue Ideen braucht das Land bzw. die Filmwelt. Oder lieber doch nicht? Genau. Stattdessen bereitet der Recyclinghof Hollywood die US-TV-Sitcom „Verliebt in eine Hexe“ für die heutige Zeit neu auf. Das allein ist nicht sonderlich verwerflich, allerdings weiß Nora Ephrons romantische Fantasy-Komödie zwar in Einzelteilen zu überzeugen, doch die Puzzlestücke wollen sich partout nicht zu einem homogenen Filmganzen zusammensetzen, so dass „Verliebt in eine Hexe“ im Mittelmaß stecken bleibt.
Hollywoodstar Jack Wyatt (Will Ferrell) hat seine besten Tage hinter sich. Sein letzter Film spielte bei einem Budget von 140 Millionen Dollar nur 1,6 Mio wieder ein. Sein Ruf ist ruiniert und so schlägt Wyatts Agent Richie (Jason Schwartzman) die Ochsentour im Kabelfernsehen vor. Sein Schützling soll die Hauptrolle in der Neuauflage des 60er-Jahre-TV-Hits „Verliebt in eine Hexe“ übernehmen. Von seinem windigen Manager wird Wyatt dazu getrieben, den Starmacker heraushängen zu lassen. Deshalb suchen sie für die weibliche Hauptrolle eine unerfahrene Newcomerin, neben der Wyatt glänzen kann. Der Zufall führt den Star mit der hinreißenden, aber naiven Isabel Bigelow (Nicole Kidman) zusammen. Das legendäre Nasekräuseln der Film-Samantha hat sie derart perfekt drauf, dass Wyatt sie von der Straße weg zum Casting nötigt. Warum Isabel sich so gut in die Rolle hineinversetzen kann, obwohl sie die Serie nie gesehen hat, hat einen einfachen Grund: Sie ist selbst eine Hexe. Am Anfang läuft alles prima, Isabel bekommt die Rolle, aber als sie merkt, dass Wyatt sich nur auf ihre Kosten profilieren will, greift sie wieder zur Hexerei, der sie eigentlich abgeschworen hatte, um ein „normales Leben“ zu führen, wofür sie ihr charmant-gerissener Vater, der Hexenmeister Nigel (Michael Caine), eh schon verspottet hat...
Die Traumfabrik hat die alten TV-Serien wiederentdeckt. Nach „Honeymooners“ und demnächst „Ein Duke kommt selten allein“ ist mit Nora Ephrons „Verliebt in eine Hexe“ die dritte Kino-Adaption in diesem Jahr am Start. Die Produzenten Douglas Wick („Spy Game“, „Gladiator“) und Lucy Fisher („Peter Pan“, „Stuart Little“, „Stuart Little 2“) trugen sich schon seit Jahren mit der Idee, den Stoff für eine neue Generation im Kino aufzubereiten. Als Nicole Kidman („The Hours“, „Die Dolmetscherin“) Interesse zeigte, die Hauptrolle der Samantha zu spielen, kam die 85-Millionen-Dollar-Produktion in Schwung. Da seit der TV-Premiere 1967 mehr als eine Generation nachgewachsen ist und sich die Zeiten sowieso ändern, musste ein neuer Ansatz gefunden werden. Und den präsentieren Regisseurin Nora Ephron („Schlaflos in Seattle“, „E-Mail für dich“, Drehbuch zu „Harry und Sally“) und ihre Schwester Delia Ephron („E-Mail für dich“, „Michael“) mit ihrem Drehbuch auch ohne Frage.
Die Idee von einer Film-im-Film-Handlung, zuletzt in „Chucky´s Baby“ zu sehen, ist fraglos reizvoll und bietet einigen Stoff, das Hollywood-System sanft zu persiflieren. Im Remake steht nicht der innerfamiliäre Kampf zwischen der cleveren jenseitigen Frau und dem überforderten irdischen Mann im Fokus, sondern die Vorgeschichte dazu – und diese wird vor dem Hintergrund der Dreharbeiten erzählt. Die kurzweilige romantische Komödie unterhält durch das flotte Spiel der Protagonisten recht gut. Nicole Kidman hat ihre Samantha auf dem Weg von der naiven Hexe hin zur emotionalen Reifung im Griff und kann mit ihrer natürlichen Ausstrahlung bestehen. Die Tour de Force von Will Ferrell („Old School“, „Die Hochzeits-Crasher“, „Melinda und Melinda“) hinterlässt jedoch einen etwas bitteren Beigeschmack. Gewiss, der großartige Vollblutkomiker gibt Gas, bis der Arzt kommt und bucht die meisten Lacher auf seinem Konto, aber ein offensichtlicher Hang zum Overacting ist klar zu diagnostizieren. Und warum Ferrell wieder einmal nackt und mit weggepixeltem Geschlechtsteil in dieser harmlosen Komödie zu sehen sein muss, ist nicht nachvollziehbar. In „Old School“ ist die gleiche Szene urkomisch, aber in „Verliebt in eine Hexe“ passt sie einfach nicht zum Stil des Films.
Während Michael Caine („The Statement“, „Batman Begins“) den charmant-starrköpfigen Hexenmeister mit stilvoller Eleganz und Verve gibt, bekommt Altstar Shirley MacLaine („Carolina“, „In den Schuhen meiner Schwester“) zu wenig Spielraum, um als Endora auch nur Akzente setzen zu können. Ihr großer Name wertet die Besetzungsliste auf, ist aber inhaltlich verschenkt. Jason Schwarzman („I Heart Huckabees“) darf als linkischer Agent zwar nur zwischendurch, dann aber richtig, aufdrehen. Allerdings ergibt sich bei seinem Zusammenspiel mit Will Ferrell auch ein Manko des Films. Der Charakter des Jack Wyatt ist so chaotisch und unausgeglichen, dass er nicht ansatzweise glaubwürdig ist. Zu Beginn ist Wyatt das zahme Schaf, das niemandem weh tun will, danach schaltet er stufenlos von Null auf Hundert zum Hollywood-Ekelpaket hoch. Er könnte natürlich auf Drogen oder zumindest Medikamenten sein, aber das wäre für ein harmloses Werk wie „Verliebt in eine Hexe“ zu viel des Bösen.
Das Malheur des Films, dessen bonbon-bunte Optik sowie die exzellenten Produktionswerte keine Klagen aufkommen lassen, ist die Tatsache, dass Regisseurin Ephron aus ihren teils durchaus stimmigen Entertainmenthappen keinen über die volle Dauer funktionierenden Film hinbekommt. „Verliebt in eine Hexe“ weist witzige und romantische Elemente auf, langweilt nicht, aber die klassische Aufteilung als streng konzipierter Dreiakter wirkt zu steril, die Nahtstellen werden nur notdürftig verbunden und der Handlungsfluss gestört. Ephrons Kino-Adaption hat mit der Fernsehn-Version nur die Grundwerte gemein, ist mehr Hommage als Abfilmung - nicht wirklich überzeugend, aber auch nicht in letzter Konsequenz gescheitert. Nette Unterhaltung mit einigen Macken, von deren Einordnung das Sehvergnügen des Betrachters abhängt. Hex, hex...