Für Werke von Alejandro Gonzáles Iñárritu muss man als wohlwollender Filmkonsument für gewöhnlich eine gewisse Offenheit für seelische Abgründe, ausweglose Gesamtsituationen und apokalyptische Einzelschicksale mitbringen. Spaß macht das in den wenigsten Fällen, aber meist beeindruckt es nachhaltig, was an Iñarritus traumwandlerischem Talent liegt, seine Rollen mit den exakt passenden Schauspielern zu besetzen, so auch - oder im ganz Besonderen - hier, im fragmentarisch und unchronologisch konzipierten "21 Gramm". Sean Penn, Benicio del Toro und die fabelhafte Naomi Watts spielen sich die Seele aus dem Leib. Jede kleinste Mimik wird von einer Glaubhaftigkeit durchzogen, dass einem Empathie gewissermaßen auferlegt wird. Die Szene, in der sich Paul bezüglich seines Herzens outet und Christina's Reaktion auf diese Unglaublichkeit; das ist so herausragend gespielt, dass der Schmerz fast körperlich erfahrbar wird. Iñárritu schafft durch die sehr langsame Erzählweise den notwendigen Raum, den seine Akteure mit ihrer Kunst zu füllen wissen. Darüber hinaus gibt es immer wieder Szenen von alltäglichen Gegebenheiten,scheinbaren Nebensächlichkeiten und fragmentarischen Schnipseln, die mit zunehmender Spieldauer eine äußerst bedrückende Atmosphäre schaffen. Ganz sicher würde sich eine Zweit-, Dritt- oder Zehntsichtung lohnen, sofern man gewillt ist, sich das anzutun, weil "21 Gramm" landet schon ganz schön weit hinten in der Magengrube.