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    Superman Returns
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Superman Returns
    Von Jürgen Armbruster

    Da dem Verleiher Warner ein Kinostart in unmittelbarer Konkurrenz zur Fußball-Weltmeisterschaft offenbar eine zu riskante Angelegenheit war, musste das deutsche Kinovolk im Vergleich zum amerikanischen (und weiten Teilen der Rest der Welt) rund zwei Monate auf einen der großen potenziellen Blockbuster des Kinojahres 2006 warten: Bryan Singers Mega-Produktion „Superman Returns“. Die kultige Comicvorlage, der erwiesenermaßen talentierte Regisseur und das gigantische Budget (je nach Quelle 200 bis 263 Mio. Dollar) ließen Großes erhoffen. Doch anstatt eines cineastischen Orkans ist „Superman Returns“ nicht mehr als ein zarter Lufthauch.

    Fünf Jahre war Superman alias Clark Kent (Brandon Routh) spurlos verschwunden. Astronomen hatten tief in den Weiten des Weltalls die Überreste seines Heimatplaneten Krypton ausfindig gemacht. Um mehr über sich selbst und seine Vergangenheit zu erfahren, machte sich der Mann aus Stahl auf die lange und beschwerliche Reise zum kosmischen Trümmerfeld. Nach seiner Rückkehr muss er feststellen, dass sich in seiner Abwesenheit einiges geändert hat. Seine große Liebe Lois Lane (Kate Bosworth) hat mit dem kleinen Jason (Tristan Lake Leabu) mittlerweile einen Ableger in die Welt gesetzt und ist ein Verlöbnis mit Richard White (James Marsden), dem Neffen des Daily-Planet-Chefredakteurs Perry White (Frank Langella), eingegangen. Als ob dies nicht schon genug Herzschmerz wäre, hat Lois ausgerechnet für einen Artikel mit dem Titel „Warum die Welt Superman nicht braucht“ den Pulitzer-Preis bekommen. Und zu allem Überfluss ist auch noch Supermans Erzfeind Lex Luthor (Kevin Spacey) auf freiem Fuß und schmiedet mit seiner beinahedebilen Assistentin Kitty Kowalski (Parker Posey) Pläne von der ganz finsteren Sorte.

    Seit dem letzten Superman-Kinoauftritt sind beinahe 20 Jahre vergangen. Und seit annähernd 15 Jahren wird nun bereits an einem weiteren Film herum getüftelt. Mit den Namen der Regisseure, Drehbuchautoren und Schauspieler, die in dieser Zeit mit dem Projekt in Verbindung gebracht wurden, könnte man bequem das Telefonbuch einer Kleinstadt füllen. Aber erst als sich Bryan Singer dazu entschloss, seiner X-Men-Saga und dem Produktionsstudio Fox den Rücken zu kehren und für „Superman Returns“ bei Warner anzuheuern, kam so richtig Bewegung in die Sache. Mit X-Men löste Singer den aktuellen Comic-Boom erst aus und untermauerte mit X-Men 2 seine Ausnahmestellung im Genre. Über sein unumstrittenes Talent kann es eigentlich keine zwei Meinungen geben. Für einen neuen Superman-Film war er daher natürlich eine ganz sichere Wahl. An einem im Grunde soliden Film zweifelte daher wohl kaum einer. Dass dem Werk allerdings jedwede Größe oder dauerhafter Wert abgeht, ist indes schon eine kleine Überraschung. Schließlich überzeugte die „X-Men“-Reihe unter Singer nicht zuletzt dank des ausgeklügelten politischen Subtextes und ihrer vielschichtigen Charaktere. Dass „Superman Returns“ nicht so funktioniert, wie er funktionieren sollte (und auch könnte), ist auf eine ganze Reihe begangener Fehler zurück zu führen, die eigentlich allesamt vermeidbar gewesen wären.

    Fehler 1: Der gewählte Ansatz funktioniert nicht: Für Nostalgiker dürfte bereits der Einstieg in den Film ein absolutes Ereignis sein. Die vom klassischen John-Williams-Score untermalten Intro-Credits sind ganz im Stil der alten Superman-Filme gehalten. Im Grunde ist der komplette Film eine einzige Hommage an Richard Donners Superman und Richard Lesters Superman II. Und genau hier sind wir bereits beim größten Ärgernis an „Superman Returns“. Anstatt eines Neustarts des Franchise anzugehen – wie es Christopher Nolan bei Batman Begins erfolgreich zelebrierte – setzt Singer chronologisch nach Superman II an und führt somit eine vor 20 Jahren begonnene Geschichte fort. In der Theorie ist das auch eine durchaus lobenswerte Absicht, allerdings funktioniert die Umsetzung in der Praxis einfach nicht. Vieles wird beim Publikum als gegeben voraus gesetzt. Zu viel. So steckt „Superman Returns“ zwar voller Andeutungen für Kenner der alten Filme und des Superman-Universums, erschwert für die Nicht-Kenner den Zugang zum Film jedoch unnötig. Und noch schlimmer: Vor lauter falscher Ehrerbietung lässt „Superman Returns“ jedwede Eigenständigkeit vermissen und ist mitunter zäh wie Gummi. Anstatt neuer, frischer Ideen und Ansätze setzt Singer dem Publikum also einen faden Abklatsch vor. Und seien wir ehrlich: So toll waren die alten Superman-Filme nun auch nicht, dass man nicht hätte etwas Neues wagen können.

    Fehler 2: Das Drehbuch: Natürlich muss an dieser Stelle zunächst einmal eingeräumt werden, dass ein sinnvolles Superman-Skript keine all zu einfache Angelegenheit ist. Superman ist schließlich der Mann aus Stahl. Gegen was soll man diesen quasi unbesiegbaren Superhelden auch antreten lassen? Selbst der kriminelle Mastermind Lex Luthor wäre ohne das immer wiederkehrende Kryptonit nicht ansatzweise mit ihm auf Augenhöhe. Vielleicht war gerade deshalb der Einfall mit General Zod (Terence Stamp) einen ebenwürdigen Gegner in Superman II zu installieren so gut und wichtig. Aber in „Superman Returns“ ist es nun wieder Lex Luthor – und wieder das Kryponit. Das allein wäre ja wieder noch ertragbar. Schließlich hat man sich daran gewöhnt. Aber was von den Drehbuchautoren Michael Dougherty (X-Men 2) und Dan Harris (Imaginary Heroes) als zentraler Konflikt erdacht wurde, ist dann doch etwas zu viel des Guten: Mit Hilfe von Alien-Technologie möchte Lex Luther seinen eigenen Kontinent erschaffen. Durch die zusätzliche Landmasse im Ozean würden weite Teile der bekannten Welt überflutet und Milliarden von Menschen müssten ertrinken. Und da Lex Luthor die Technologie noch mit Kryptonit kombiniert, verfügt der gesamte Felsklotz über die Eigenschaften des für Superman so schädlichen Minerals – was ihn allerdings dann letztendlich doch nicht daran hindert, den gesamten Kontinent im großen Finale ins Weltall zu schleudern. Autsch! Das ist vielleicht der Stoff für eine mittelprächtige Folge einer Superman-TV-Serie, aber für die große Leinwand reicht das sicherlich nicht.

    Fehler 3: Das Casting: Bei der Besetzung des Superman mit dem Teilzeit-Model und Serien-Darsteller Brandon Routh griff Bryan Singer natürlich ganz tief in die Wundertüte. Das wichtigste Argument für die Wahl von Routh war sicherlich seine gewisse Ähnlichkeit mit Ur-Superman Christopher Reeve sein. Die schauspielerischen Qualitäten dürften ohnehin zweitrangig gewesen sein. Schließlich war auch Routh’ mittlerweile leider verstorbener Vorgänger nicht gerade mit überragendem darstellerischem Talent gesegnet. Für die Rolle ist dies indes auch überhaupt nicht nötig. Schließlich gibt diese auch nicht all zu viel her. Als Clark Kent der Tollpatsch, als Superman die moralische Integrität in Persona. Das ist nicht schwer und damit kommt auch Routh ganz gut zu recht. Wobei hier und da in den emotionalen Szenen ein etwas aufgesetzter Eindruck hängen bleibt. Über Kate Bosworth (Blue Crush, Beyond The Sea) muss indes nicht lange diskutiert werden. Im Grunde ist sie als Lois Lane fehlbesetzt. Die Liebesgeschichte zwischen ihr und Superman funktioniert einfach nicht und auch die knallharte Journalistin nimmt der Zuschauer ihr nicht ab. Der ansonsten immer überragende Kevin Spacey (L.A. Confidential, Die üblichen Verdächtigen) verrichtet als Lex Luthor nicht mehr als Dienst nach Vorschrift. Zwar hat er einige richtig starke Szenen, aber Gene Hackman holte einst aus dem Charakter eben doch mehr heraus. Im Gesamtüberblick hinterlässt das Casting einen etwas unausgegorenen Eindruck. So richtig überzeugend ist eigentlich nur Parker Posey (Laws Of Attraction, Super süß und super sexy) als Luthor-Assistentin Kitty Kowalski. Wenn es lustig wird, ist oft Posey maßgeblich daran beteiligt. Eine würdige Nachfolgerin für Eve Teschmacher…

    Fehler 4: Die Produktionswerte: Auch wenn es zum Budget teils widersprüchliche Angaben gibt, dürfte „Superman Returns“ der bis dato teuerste Film aller Zeiten sein. Daher durfte berechtigterweise ein Bombast-Spektakel der Spitzenklasse erwartet werden. Das fertige Ergebnis ist durch die Bank nett anzusehen und was an diesem Film so teuer gewesen sein muss, ist dem Zuschauer auch stets bewusst. Allerdings ist „Superman Returns“ weit davon entfernt, einen aus den Sesseln zu blasen. Insbesondere in den Flugszenen ist die Herkunft des Superman aus dem Computer all zu deutlich zu erkennen. Hier und da wirkt dieser mehr wie eine Knetfigur, als ein Mann aus Stahl. Natürlich verfügt auch „Superman Returns“ über die eine oder andere höchst beeindruckende Einstellung. Allerdings gibt es hier nichts, das man nicht wo anders bereits ähnlich gut gesehen hätte.

    Das hört sich nun vielleicht alles weitaus schlimmer an, als es unterm Strich dann tatsächlich ist. „Superman Returns“ ist ein nettes Filmchen für zwischendurch. Nur ist der Film eben weit davon entfernt, die hohen Erwartungen zu erfüllen. 154 Minuten Spieldauer und nur eine im Ansatz überraschende Wendung. Das ist bedauerlich wenig. Natürlich werden sich wahre Fans nicht davon abhalten lassen, auch diesen Film anzusehen. Und natürlich werden diese auch ein Stück weit ordentlich unterhalten. Allerdings liegt zwischen „Superman Returns“ und Nolans meisterhaftem „Batman Begins“ qualitativ und künstlerische eine kleine Welt. Dass Bryan Singer mehr kann, steht außer Frage. Es ist nur unklar, ob es aus dem Superman-Universum noch etwas zu erzählen gibt, das nicht bereits erzählt wurde. Allem Anschein nach darf sich Singer allerdings noch einmal an dem Thema versuchen. Eine Fortsetzung zu „Superman Returns“ erscheint wahrscheinlich, ein Kinostart um 2009 realistisch. Aber vielleicht hat Lois Lane ja Recht und die Welt braucht Superman überhaupt nicht mehr…

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