Längst hat der Animationsfilm den Platz des klassischen Zeichentrickfilms eingenommen und dabei den Goldesel-Status lückenlos übernommen. Egal, was die großen Studios auf den Markt werfen... die Kinozuschauer rennen bedenkenlos und guten Mutes rein. Doch natürlich gibt es Qualitätsunterschiede. Nachdem sich DreamWorks mit Monsterhits wie Shrek, Shrek 2 oder Madagascar gegenüber der einst übermächtig erscheinenden Konkurrenz von Disney/Pixar freigeschwommen hat, steht mit dem harmlos-netten Animationsspaß „Ab durch die Hecke“ der nächste sichere Blockbuster in der Tür. Zwar reicht Tim Johnsons Komödie nicht an die DreamWorks-Aushängeschilder heran, den Erfolg wird das aber nicht nachhaltig verhindern.
Eine fröhliche multitierische Gruppe hat sich am Rande der Stadt in einem friedlichen Wald eingerichtet. Als sie aus dem Winterschlaf erwachen, ist die Überraschung groß. Plötzlich endet ihr Revier vor einer monströsen Hecke – so etwas haben Schildkröte Verne (Stimme: Bernhard Hoecker), Eichhörnchen Hammy (Ralf Schmitz), Stinktier Stella (Stella Schroetter) & Co. noch nie gesehen. Und die mühsame Futtersuche für den kommenden Winter läuft gerade erst an. Da kommt der freche Waschbär Richie (Götz Otto) gerade recht. Er verspricht der Bande das kulinarische Paradies auf Erden - hinter der Hecke. Dort leben Tiere namens Mensch – und die haben Futter in rauen Mengen. Der einfache Plan: Die Truppe schleicht sich durch die Hecke und stibitzt die überlebensnotwenige Verpflegung. Was Vernes Mannschaft nicht ahnt: Richie steht schwer unter Druck. Er hat dem finsteren Grizzlybären Vincent (Ben Becker) eine Einkaufswagenladung voll Köstlichkeiten gestohlen und diese sind dummerweise von einem Lastwagen plattgefahren worden. Richie hat eine Woche Zeit, die Waren wiederzubeschaffen. Dazu will er die Hilfsbereitschaft seiner neuen Freunde ausnutzen...
Es ist schon eine Crux: Da schafft Regisseur Tim Johnson mit Antz den wohl besten und tiefsinnigsten Computer-Animationsfilm überhaupt, aber der riesengroße Erfolg blieb dem Werk verwehrt. Der zeitgleich gestartete harmlos-niedliche „Das große Krabbeln“ überholte Johnsons intelligenten Spaß an der Kinokasse deutlich und der Trend ist kaum mehr zu stoppen. Bloß niemandem weh tun oder auf die Füße treten. Legte der grüne Oger „Shrek“ noch eine sympathische Ruppigkeit an den Tag und pfiff demonstrativ auf politische Korrektheit, muss Johnson für „Ab durch die Hecke“ im Verbund mit Co-Regisseur Karey Kirkpatrick kreuzbraves Familienkino abliefern, um den kommerziellen Erfolg nicht zu gefährden. Somit richtet sich der Film auch mehr an ein junges Publikum, das mit der Handlung nicht überfordert wird.
Die Erwachsenen müssen diesmal etwas zurückstecken (einer netten Citizen Kane-Reminiszenz zum Trotz), denn die offensichtlich platzierte Gesellschaftskritik fällt milde aus.
Dazu transportiert „Ab durch die Hecke“ eine einfache Botschaft („Die Familie ist das Wichtigste“), die der kleinen Besucherschaft über 90 Minuten zum Konsum vorgesetzt wird. Eine Animationskomödie steht und fällt jedoch ungeachtet dessen mit den Charakteren und hier landet der Film zwar nicht im Vorderfeld der Historie, aber beispielsweise Lichtjahre vor Disneys jüngstem enttäuschenden Machwerk Himmel und Huhn. Hauptfigur Richie ist dabei noch das Frechste und Mutigste, was „Ab durch die Hecke“ auffährt. Der kleine Waschbär scheint zwar ein netter Kerl zu sein, doch hinter der Fassade schimmert eine berechnende Verschlagenheit durch, die natürlich im Verlauf der Handlung zum Guten bekehrt wird. Von den weiteren Charakteren begeistert das naiv-bekloppte Eichhörnchen Hammy am meisten mit Witz und Rasanz, während sich der Rest der Bande im Mittelfeld der Sympathie- und Originalitäts-Liga hält.
Dabei steckte in der Vorlage „Over The Hedge“ doch eine ganze Menge mehr. Der 1995 erstmals erschienene Comic von Michael Fry (Texte) und T Lewis (Zeichnungen) ist in seiner ironischen Weltansicht wesentlich bissiger als die Leinwandumsetzung. Von dem Zerrspiegel, den die Tiere den durch die Bank unsympathisch gezeichneten Menschen vorhalten, ist jedoch noch einiges an sanft-ironischem Potenzial erhalten geblieben. Die Konsumkritik sowie die angeprangerte Überflussgesellschaft ist noch spürbar, wer will, kann im Subtext auch einen satirischen Angriff auf die weiße Oberschicht sehen, die sich ihre eigenen Siedlungen mit Selbstschussanlagen baut, um sich vor allem andersartigen (in der Realität: Mexikaner, hier: Eichhörnchen) zu schützen. Der Wortwitz ist zwar harmlos, aber die Sympathiewerte des Personals sind in Ordnung und der Wille zu einer gewitzten Handlung erkennbar. Besonders lustig wird es, wenn die tierische Bande mit ihren katastrophalen Versuchen, die Menschen zu beklauen, scheitert. Hier ist der Film am griffigsten und unterhaltsamsten (der Trailer nutzt dies geschickt aus).
Tricktechnisch ist „Ab durch die Hecke“ absolut state of the art. Die Animationen sind wunderbar gelungen, die Hektik und Dynamik der Verfolgungsjagden exzellent eingefangen. „Ab durch die Hecke“ wird seine Erfolgsgeschichte schreiben, daran besteht kein Zweifel. Als „großer Animationsfilm“ wird die Komödie aber dennoch nicht in die Geschichtsbücher eingehen. Nett und gefällig ist Johnson und Kirkpatricks CGI-Film allemal. Die deutsche Synchronisation ist ordentlich, auch wenn sie gegenüber dem Original (u.a. Bruce Willis, Garry Shandling, Steve Carell, William Shatner, Nick Nolte, Thomas Haden Church) einiges verliert. Für Liebhaber des Animationsgenres ist „Ab durch die Hecke“ bedenkenlos zu empfehlen, Gelegenheitsfans können beim Ticketkauf zugreifen - ein Muss ist der Film allerdings nicht.