Als John Wayne 1960 Regie und Hauptrolle in „The Alamo” übernahm, konnte man vertrauen auf: Heroismus, Patriotismus, reaktionäre Botschaften und: spannende Unterhaltung. Da wusste man, was man hat, wie immer bei Wayne. Das Remake von John Lee Hancock, das sowohl auf VHS, als auch auf DVD (ohne jegliche Extras) im deutschsprachigen Raum erworben werden kann, war ein schlichter Langweiler.
Sicher, die Besetzung der Hauptrollen des Films lässt nichts zu wünschen übrig. Vor allem Billy Bob Thornton als kampferfahrener Abgeordneter, der keine Angst zu kennen scheint, Jason Patric als todkranker Anführer einer Freiwilligen-Armee, Patrick Wilson als Lieutenant Colonel und Führer der regulären texanischen Armee und Dennis Quaid als legendärer General Sam Houston, dem die gleichnamige Stadt ihren Namen verdankt, do their very best – but it doesn’t work.
Alamo ist für einen Großteil der pflichtbewussten Amerikaner wohl so etwas ähnliches wie Verdun oder Waterloo für die Franzosen, das Amselfeld für die Serben und so weiter. Ein Ort des nationalen Schicksals, ein mehr oder weniger legendenumwobener Raum im Prozess der Nationwerdung.
1836 brechen Bowie mit seiner „Privatarmee” und Travis als in Alamo selbst vom dortigen Militärführer von Texas ernannter Befehlshaber der regulären Truppen zu dem verfallenen Ort auf, der als Brennpunkt der Auseinandersetzung zwischen (texanischen) Amerikanern und mexikanischer Armee geworden war. Wer Alamo eroberte respektive verteidigte, war Sieger über Texas. Der mexikanische „Napoleon” General Santa Ana (Emilio Echevarría), ein leicht eitler und arroganter, machthungriger Geck in goldbesetzter Uniform, will die Amerikaner endgültig aus Texas vertreiben und das riesige Gebiet Mexiko einverleiben. Dabei kennt er kein Pardon – weder mit seinen eigenen Soldaten, die nicht mehr wert seien als Hühner, noch mit den Texanern, die für ihn keine Soldaten, sondern Piraten sind.
Mit 186 Männern wollen Bowie, der Blut spuckt und dem Tode nahe ist, und Travis, die sich beide nicht besonders leiden können, im Laufe der Zeit aber „Freunde im Kampf” werden, Alamo verteidigen. Zu ihnen gesellt sich der legendäre Davy Crockett, ein Abgeordneter, der sein Leben lang gegen Indianer und andere gekämpft hat und in Washington, wie er eines Nachts erzählt, von der dortigen feinen Gesellschaft feine Sitten beigebracht bekommen hat.
Santa Ana schießt mit Kanonen – auf Spatzen, könnte man meinen. Aber Santa Ana weiß wohl, mit wem er es zu tun hat. Nächtliche Kanonaden sollen die Eingeschlossenen mürbe machen, bevor er zum letzten Angriff bläst. Inzwischen versucht Houston eine Armee auf die Beine zu stellen, um nicht nur den Eingeschlossenen zu helfen, sondern die Mexikaner endgültig aus Texas zu vertreiben.
Die Lage spitzt sich zu, als Santa Ana die marode Festung, die ursprünglich als Missionsstation errichtet worden war, von allen vier Himmelsrichtungen aus angreifen lässt ...
Wunderschöne Bilder, Sonnenaufgänge und -untergänge und eine einfühlsame Musik von Carter Burwell können nicht darüber hinwegtäuschen, dass „The Alamo” selbst nichts mit sich anzufangen weiß. Das Bemühen um historische Authentizität beschränkt sich auf Kostüme und Produktionsdesign, weil der Film kein wirkliches historisches Verständnis für die Ereignisse um Alamo zu bieten weiß. Der immerhin mehr als zweistündige Film erschöpft sich im wahrsten Sinn des Wortes statt dessen im Wartezustand, anstatt Erwartungen zu erfüllen. Man wartet und wartet und wartet, und die Schauspieler tun dasselbe. Sie warten auf den Angriff.
Als der dann erfolgt und im Desaster für Bowie, Travis, Crockett und die anderen Verteidiger von Alamo endet, wirkt die Verfolgung der mexikanischen Armee durch Houston und seine endlich auftauchende Armee wie aufgesetzt, ja aufgepfropft. Texas ist frei, wird wenige Jahre später Staat der USA – und das war’s.
Hancock verzichtet zwar weitestgehend auf Patriotismus und die aus amerikanischen Kriegsfilmen und Fernsehserien sattsam bekannten Im-Namen-der-Ehre-Klischees, bei denen sich einem entweder der Magen umdreht oder, wenn man einen stabilen Magen besitzt, zumindest die Augen verdrehen. Andererseits tragen Drehbuch und Regie aber auch nicht dazu bei, historische Figuren zu entmystifizieren. Wie auch? Obwohl Quaid, Thornton, Patric und Wilson sicherlich mehr als durchschnittliche schauspielerische Leistungen vollbringen, wird man mit den von ihnen gespielten Personen einfach nicht warm. Zu äußerlich bleiben die Charakterisierungen dieser Personen. Der eine hat seine Frau verlassen, der andere trauert einer großen Liebe nach, der dritte erzählt am Lagerfeuer davon, warum er keine Kartoffeln mehr ist (weil er im Kampf gegen Indianer nach Wochen des Hungers in der Asche im Fett der verbrannten Leichen geschmorte Kartoffeln gegessen hatte). Aber das alles sind nicht einmal Geschichtchen oder Episoden, die zu einem homogenen Ganzen gehören, das dieser Film einfach nicht zu bieten hat.
Auch der mexikanische General Santa Ana wird eher als schemenhaftes Klischee eines machthungrigen Menschen gezeigt, denn als leibhaftiger Charakter.
All das macht „The Alamo” zu einem wahren Flop, einen Langweiler von Film, der hier auch gar nicht erst das Licht der Kinos erblickte. In diesem Fall kann man sagen: zum Glück. Dabei hätte der Stoff durchaus die Chance zu einer einer klassischen Tragödie vergleichbaren Inszenierung geboten. So aber bleibt der „unermüdliche” Kampf einer kleinen wagemutigen Gruppe von Texanern gegen die Übermacht der Mexikaner nicht einmal ein Märchen.