Was tut man, wenn man die Filmrechte für ein Buch aus der erfolgreichsten Filmserie der Welt zufällig für ein Butterbrot erworben hat? Na klar, einen eigenen Film produzieren! Am Besten eine Veralberung, da muss man die Konkurrenz des Originals nicht so sehr scheuen. Man engagiere außerdem so ziemlich jeden Film- und Regiestar, der bei drei nicht auf dem Baum ist, und filme wild drauflos. Muss doch gut werden! Muss es leider nicht. Das Produkt, die Agentenfilm-Parodie „Casino Royale“, an dem nicht weniger als fünf Regisseure nebeneinander gearbeitet haben, ist eine filmische Katastrophe.
Die Welt ist in Gefahr. Sie wird von der fiesen Terrororganisation SMERSH bedroht. Da kann nur noch einer helfen, der alternde und pensionierte Superagent Sir (!) James Bond (David Niven). Der kann sich aber so gar nicht für die Bitte nach Rückkehr, die gemeinsam von sämtlichen wichtigen Geheimdienstchefs der Welt an ihn herangetragen wird, erwärmen. Er widmet sich viel lieber Debussy. Um ihn aus seiner Lethargie zu reißen, wird also kurzerhand sein Refugium bombardiert, was dummerweise auch M (John Houston) das Leben kostet. Und tatsächlich: Bond setzt sich in Bewegung, um der Bedrohung entgegenzutreten. Aber kurz darauf schießen um ihn herum die Bonds und 007-Agenten, Spione und Gegenspione nur so aus dem Boden….
Die weitere Handlung zu erzählen, ist müßig. Es gibt keine, nicht mal ein erzählerischer roter Faden ist weit und breit auszumachen. Der Streifen wirkt wie eine zusammengeschnipselte Nummernrevue, aufwändig, aber witzlos und nur in homöopathischen Dosen konsumierbar.
„Casino Royale“ ist ein Kuriosum. Es war das erste Buch, das Ian Fleming über James Bond geschrieben hat. Ein darauf basierender TV-Film aus den 1950er Jahren war bald vergessen, dieser Versuch einer Parodie stellt die zweite Verfilmung dar, aber erst in 2006 kommt das Buch durch die abermalige Neuverfilmung mit Daniel Craig eine angemessene Umsetzung. Damit kommen nicht weniger als drei Verfilmungen desselben Stoffs zusammen, wobei man aber fairer Weise einräumen muss, dass aus dem Buch in der Parodie nur die Kartenspielszene zu finden ist. Der Rest wurde offenbar entsorgt.
Der Film wurde im Jahr 1967 produziert, also kurz nach „Feuerball“, als die Bonditis ihren ersten Höhepunkt hatte. Grundsätzlich nicht falsch ist, dass sich das Agentensujet tatsächlich dazu anbietet, veralbert zu werden (Man denke an die herrlich bekloppte TV-Serie „Get Smart“). Wenn der gesamte Film aber nur einen einzigen gelungenen Gag bietet und der auch noch in der ersten Minute abgefeuert wird (von Peter Sellers, wem auch sonst?), dann ist das kein gutes Zeichen. Wie man es besser macht, hat „Sag niemals nie“ gezeigt, der gleichzeitig ein echtes Bond-Abenteuer und seine eigene Veralberung darstellt. Diesen Spagat schafft „Casino Royale“ nicht, er versucht ihn nicht mal.
Es ist nicht anzunehmen, dass dem Streifen ein echtes Drehbuch zugrunde lag. Zu viele Brüche in der Erzählung und zu wenig Gags lassen darauf schließen, dass die fünf Regisseure (Val Guest, Ken Hughes, John Huston, Joseph McGrath, Robert Parrish) nebeneinander her gefilmt haben, ohne sich um die jeweils anderen zu scheren. Hinzu kommt der inflationäre Einsatz von Stars, der dem Film letztlich mehr schadet als nützt. Man stelle sich nur vor: Peter Sellers spielt James Bond und sitzt am Kartentisch Orson Welles als Le Chiffre gegenüber! Was für ein Potential! Und was macht der Film daraus? Einen Kindergeburtstag.
Produzent Charles K. Feldman versuchte ursprünglich sogar, Sean Connery für den Film zu gewinnen. Der war ihm aber doch zu teuer, was besonders lustig ist, denn die tatsächlichen Kosten des Films (zwölf Millionen Dollar) überstiegen die prognostizierten um satte einhundert Prozent. Aus welchem Grund man statt dem teueren Connery dann mehr Filmstars engagierte, als Namen auf einer Postkarte Platz haben, ist nicht nachvollziehbar. Sogar die in Lustspielen aus den 1960er Jahren so beliebte Keilerei am Schluss darf nicht fehlen, zu der dann nicht nur Cowboys, sondern auch die Fremdenlegion einchargieren (irgendwie muss man Jean-Paul Belmondo doch in den Film reinkriegen).
Insbesondere die Fähigkeiten von David Niven werden verschenkt. Eigentlich ist es eine nette Idee, aus dem brutalen Sexmaniac, den Sean Connery so unnachahmlich verkörpert hat, das genaue Gegenteil zu machen, nämlich einen schöngeistigen, puritanischen und verklemmten Aristokraten. Funktionieren will das aber nicht, denn man interessiert sich für keine solche Figur, so dass sie auch keinen Film tragen kann. Gerüchten zufolge, hatte man bei der Besetzung des ersten echten Bond-Films neben Cary Grant auch an Niven gedacht. Aber Niven ist einfach zu steif, um einen aalglatten Geheimagenten zu spielen.
Den anderen Darstellern geht es nicht viel besser. Deborah Kerrs Rolle ist schlicht peinlich. Gleiches gilt für Woody Allens Charakter. Allein Peter Sellers lässt sporadisch seine Klasse aufblitzen, speziell in der Kartenspielszene. Retten kann er die Klamotte indes nicht. Punkten kann der Film allenfalls durch die Ausstattung und die nette Easy-Listening-Musik von Burt Bacharach, der für den Song „The Look Of Love“ tatsächlich eine Oscar-Nominierung erhielt. Der Rest der Beteiligten dürfte sich noch lange dafür geschämt haben, dabei gewesen zu sein.