Europäische Filme haben es auf dem US-amerikanischen Markt bis auf wenige Ausnahmen traditionell schwer. Deshalb dreht Hollywood lieber gleich ein Remake und kommt somit auch nicht in die Verlegenheit, eigene innovative Ideen einbringen zu müssen. 1996 überraschte Regisseur Gilles Mimouni mit dem romantischen Thriller „L’Appartement“, der erstmals Vincent Cassel und Monica Bellucci zusammenführte. Obwohl der Schotte Paul McGuigan die Grundidee und Struktur des Originals gut umsetzte, mangelt es seiner US-Verfilmung „Sehnsüchtig“ vor allem an schauspielerischem Format, das weder Josh Hartnett noch Diane Kruger im Vergleich zur französischen Vorlage bieten können.
Der Investment-Banker Matthew (Josh Hartnett) steht kurz vor der Heirat mit der schönen Rebecca (Jessica Paré), doch ein mitgehörter Telefonanruf wirft ihn völlig aus der Bahn. In einem Restaurant, dem Bellucci’s (Achtung: Zaunpfahl), glaubt Matthew die Stimme seiner großen Liebe Lisa (Diane Kruger) wieder zu erkennen. Vor zwei Jahren verschwand sie plötzlich von einem auf den anderen Tag spurlos. Er erzählt seinem alten Freund Luke (Matthew Lillard), der sich selbst gerade frisch verliebt hat, von dem Fast-Kontakt mit Lisa und versucht, ihren Spuren zu folgen. Als er die vermeintliche Lisa in einem Apartment ausfindig macht, ist die Überraschung groß: Die junge Frau (Rose Byrne) heißt Lisa, wohnt in der gleichen Wohnung, sieht aber vollkommen anders aus als Matthews Angebetete...
Der französische Überraschungserfolg „L’Appartement“ („Lügen der Liebe“, lief in Deutschland nur im Pay-TV) eignete sich im Prinzip sehr gut als Remake-Vorlage. Das dachte sich auch Regisseur Paul McGuigan („Gangster No. 1“), der sich zusammen mit Drehbuchautor Brandon Boyce („Der Musterschüler“) und einem Budget von 30 Millionen Dollar an die Umsetzung machte. Die komplexe, verschachtelte Struktur des Films wird in der US-Version nahezu komplett übernommen, was durchaus eine kleine, positive Überraschung ist. Normalerweise wird dem gemeinen US-Publikum zuviel mitdenken nicht gern abverlangt, da es dann schnell die Lust verliert. „Sehnsüchtig“ spielt in mehreren Zeitebenen, die sich von der Gegenwart aus zurück arbeiten. Innerhalb der Rückblenden gibt es wiederum weitere Flashbacks, die es für den Besucher gilt, richtig einzuordnen. In dieser gewagten Struktur liegt auch ein Hauptteil des Vergnügens an „Sehnsüchtig“. Puzzlestück für Puzzlestück wird nach und nach zusammengesetzt, sodass Licht ins Dunkel der Geschichte kommt. Je mehr jedoch verraten wird, desto weniger mysteriös kommt die Story daher. Die Auflösung ist nicht ganz so clever, wie die Macher es gern gesehen hätten. Aber immerhin wird ein gewisses Maß an Plausibilität garantiert, was nicht bedeuten soll, dass die Abläufe einen hohen Grad an Realitätssinn aufweisen.
Die Themen Leidenschaft, Verrat und Geheimnisse bilden das emotionale Grundgerüst von „Sehnsüchtig“. Für die Leidenschaft soll Hollywood-Herzensbrecher Josh Hartnett („Pearl Harbor“, „Black Hawk Down“, „40 Tage, 40 Nächte“) sorgen. Doch außer gutem Aussehen hat der Beau nicht allzu viel zu bieten. Ihm fehlt das Potenzial eines Vincent Cassel, aber wenigstens bemüht er sich, der Rolle gerecht zu werden, sodass er zumindest Mittelmaß erreicht. Der Verrat ist eindeutig das lukrativste Leinwandthema bei „Sehnsüchtig“. Deswegen verwundert es kaum, dass Rose Byrne („Troja“) die beste Figur abgibt. Als durchtriebene Alex/Lisa kann sie abgründige Facetten zum Vorschein bringen. Deutschlands neuer Star-Export Diane Kruger wird nach Wolfgang Petersens Historien-Event „Troja“ erneut als blonder, geheimnisvoller Männertraum besetzt. Genauer gesagt entstand „Sehnsüchtig“ vor „Troja“, kam aber erst später in die Kinos. Doch wie schon bei ihrem großen Durchbruch treten auch bei „Sehnsüchtig“ die gleichen Probleme auf. Die Hildesheimerin besticht durch ihr atemberaubendes Äußeres, ist aber in ihren schauspielerischen Möglichkeiten begrenzt. Ihrer Karriere schadet das allerdings keineswegs. Als nächstes spielt sie neben Nicolas Cage, Harvey Keitel und Sean Bean in dem Big-Budget-Abenteuer „Das Vermächtnis der Tempelritter“. Für Matthew Lillard („Scream“) ist „Sehnsüchtig“ ein Schritt nach vorn. In seiner vielschichtigsten Rolle kann er zeigen, dass er doch etwas mehr kann als den nervenden, hyperaktiven Nerd zu geben.
Auf emotionaler Ebene versteht es Regisseur McGuigan geschickt, durch Musik Stimmungen zu erzeugen und zu unterstützten. Der Beginn mit der rauen Ballade „Mayby tomorrow“ von den Stereophonics ist ebenso atmosphärisch wie der Abschluss. Wenn Gwyneth-Paltrow-Gatte Chris Martin von Coldplay „The Scientist“ anstimmt, wird auch das härteste Herz erweicht. Zwischen diesen musikalischen Klammern bietet „Sehnsüchtig“ eine interessante Geschichte, die das Potenzial des Originals nicht ganz ausnutzt, aber dennoch über weite Strecken fesseln kann. Da die Chemie zwischen den Hauptdarstellern nicht wirklich stimmt, kommt „Sehnsüchtig“ im Endeffekt trotz guter Ideen und Ansätze nicht über das Mittelmaß hinaus. Die US-Zuschauer waren jedenfalls mit dem Film überfordert. Mit einem Einspiel von 13 Millionen Dollar floppte „Sehnsüchtig“ dort...