Jackie Chan ist ja nun eigentlich kein Charakterschauspieler, sondern war schon immer eher the nice guy in the neighbourhood, mit dem man gerne sympathisierte, wenn er mit Martial-Acts-Einlagen über die Leinwand sprang, flog und rannte. Zumindest in seinen früheren Filmen spielte es daher kaum eine Rolle, dass ihm die Fähigkeit zum guten Mimen fehlte. Doch schon in den „Rush Hour“-Filmen und erst recht jetzt in „The Tuxedo“, einer von Geschichte wie Action eher mittelmäßig bis schlechten Inszenierung, kommen solche Mängel voll zum Tragen.
Jimmy Tong (Jackie Chan) ist einer der besten, sprich schnellsten Taxifahrer New Yorks. So wird er von Multimillionär und Geheimagent Clark Devlin (Jason Isaacs) auserkoren, um dessen neuer Chauffeur zu werden. Zwischen beiden entsteht so etwas wie Sympathie. Als jedoch ein Anschlag auf seine Nobelkarosse Devlin zum längeren Krankenhausaufenthalt zwingt, probiert Jimmy den ebenso noblen Anzug des reichen Agenten aus, was der ihm eigentlich verboten hatte. Dieser Tuxedo erweist sich als High-Tech-Waffe bzw. Kampfmaschine, die über einen Computer in Gestalt einer Armbanduhr gesteuert wird. Doch Jimmy gerät nicht nur in den Smoking seines Herrn, sondern auch in dessen Rolle als Agent. Devlin war auf einen machtgierigen Sprudelwasserhersteller namens Dietrich Banning (Ritchie Coster) angesetzt, der im Zusammenwirken mit seinem schweizerischen, teuflischen Helfer, dem Wissenschaftler Dr. Simms (Peter Storemare), daran arbeitet, das weltweite Wassermonopol an sich zu reißen. Wie? Er züchtet irgendwelche auf dem Wasser laufenden Insekten (Wasserläufer, water striders), die mittels eines Virus die Wasserreservoirs verseuchen sollen, sodass Banning als einziger verbleibt, der noch trinkbares Wasser produziert. Zur Seite gesellt sich Jimmy in seinem Kampf gegen Banning die schöne Agentin Del Blaine (Jennifer Love Hewitt), die ihn lange Zeit für Devlin hält. Mit Hilfe von Tuxedo und Del Blaine beginnt der Kampf gegen Banning ...
Bond Nr. 3 im Jahre 2002? Nach „xXx - Triple X“ und „Stirb an einem anderen Tag“ adaptiert Kevin Donovan Motive aus der Bond-Saga. Auch wenn kein M und kein Q den Film bevölkern, gesellt sich an die Seite des Helden eine holde Heldin und der Böse ist so bös und so psychopathisch, wie man es von den weltmachtergreifenden Bösewichtern, gegen die James Bond zu kämpfen hatte, gewohnt ist. Die abstruse Geschichte mit dem Mineralwasser (statt Öl, Drogen, Gold, künstlichen Laser-Sonnen etc. pp.) will allerdings nicht so recht funktionieren, zumal die Reduktion des nur in Kampfszenen überzeugenden Jackie Chan auf einen minimalistischen Charakter wenig überzeugt. Das beginnt schon mit Jimmys heimlicher Liebe, einer Angestellten in einer Kunstgalerie, für die er schwärmt. Es ist nur grausig, wie Chan versucht, die Hilflosigkeit des verliebten Mannes gegenüber der Angebeteten zu demonstrieren: mit mimischer Hilflosigkeit. Sobald Chan in Dialoge verwickelt wird, wird er einfach schlecht. Daran können Jennifer Love Hewitt oder andere auch nichts ändern.
Die Geschichte mit den Wasserläufern als Träger irgendeines Virus ist nicht nur weit hergeholt, sondern auch noch absurd. Derlei Insekten kennen keine Königinnen (wie Bienen oder Ameisen). Und es ist zwar ganz lustig anzusehen, wie diese Schein-Königin im Film Jennifer Love Hewitt auf der Nase, den Augen und im übrigen Gesicht herumläuft bzw. von Chan mittels eines Glases dort festgehalten wird, um nicht den Schwarm der anderen hinter sich herzuziehen, aber wissenschaftlich völlig unhaltbar. Und ebenso unhaltbar ist die Logik des Plots. Die Behörden ahnen von den Plänen des machtgeilen Banning. Mit High-Tech bis zum Rand ausgestattet, wäre es ein leichtes, ihm auf die Spur zukommen. Nicht einmal eine Hausdurchsuchung findet statt, obwohl Banning längst weiß, dass man hinter ihm her ist und dadurch nichts verloren wäre. Offensichtlich weiß auch niemand, dass Top-Agent Devlin im Krankenhaus liegt. Warum nicht? Wieso nimmt Del Blaine an, Devlin könne ein Chinese sein, wo sie doch wissen müsste, dass Devlin nicht nur einen amerikanischen Namen trägt, sondern auch amerikanischer Millionär ist? Kennt sie kein Bild von Devlin? Und so weiter und so fort.
Ritchie Costers Banning und auch Peter Stormares Dr. Simms können in keiner Weise überzeugen. Beide Rollen wirken gekünstelt, gewollt komisch, und daher gar nicht komisch, überkandidelt böse, und daher gar nicht böse. Der schweizerische Touch des Dr. Simms ist gelinde und schlicht gesagt: blöd. Auch Jason Isaacs kann dem Multimillionär Devlin nicht viel abgewinnen. Die platte Kumpelhaftigkeit, die er an den Tag legt, ist mehr als dämlich.
Zugute halten muss man dem Film, dass Chan und Hewitt in einigen Szenen ganz gut zusammenpassen, sprich einige komische Momente erzeugen können. Für ein halbes Dutzend Lacher ist „The Tuxedo“ gut. Auch die Szene, in der Chan für den ohnmächtigen James Brown auf offener Bühne auftritt, ist ansehnlich. Mehr aber auch nicht. Die Actionszenen im maßgeschneiderten Anzug (wieso passt der eigentlich Isaacs wie Chan gleichermaßen?) sind teilweise gut gemacht. Und trotzdem fehlt das, was Chan-Filme aus Hongkong früher ausgezeichnet hat. Es ist unverständlich, warum man Jackie Chan in Hollywood nicht freie Hand lässt, ihn das spielen lässt, was er wirklich kann.