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    Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug
    Von Tobias Mayer

    Wir schreiben das Jahr 2010. Die Zeiten der legendären britischen Komikergruppe Monty Python („Die Ritter der Kokosnuss", „Das Leben des Brian") sind lange vorbei, die filmische Parodie dümpelt auf beklagenswertem Niveau vor sich hin. Schuld daran tragen vor allem Jason Friedberg und Aaron Seltzer, die Humorverbrecher hinter „Meine Frau, die Spartaner und ich", „Disaster Movie" oder „Beilight: Biss zum Abendbrot". Nicht in Vergessenheit geraten sollte darüber, dass das Genre mehr zu bieten hat als Gags, die die niederländische Tiefebene wie ein Hochgebirge wirken lassen. Zwar fällt auch „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug", der Durchbruchsfilm des aus David Zucker, Jim Abrahams und Jerry Zucker bestehenden Trios ZAZ („Top Secret", „Die nackte Kanone"), nicht immer geschmackssicher aus. Vom Friedberg-Seltzer'schen Fäkal- und Sperma-Terror blieb das Publikum anno 1980 allerdings verschont. Vielmehr sind es Szenen voller absurder Situations- und Dialogkomik, dank derer die Flugzeugkomödie eine große Portion Spaß bereithält.

    Frauen können so grausam sein. Da gesteht der ehemalige Kampfpilot Ted Striker (Robert Hays) seiner Ex Elaine (Julie Hagerty) auf dem Flughafen, dass er sie noch liebt und gerne zurückhaben möchte, und sie lässt ihn trotzdem abblitzen. Um weitere Überzeugungsarbeit zu leisten, löst Ted ein Ticket und folgt seiner Verflossenen auf den Flug von Los Angeles nach Chicago, den sie als Stewardess begleitet. Für den Mann mit gebrochenem Herz gar nicht so leicht, leidet er schließlich unter traumatisch begründeter Flugangst. Teds Unbehagen wird jedoch nebensächlich, sobald eine Fischvergiftung den großen Teil der Passagiere nebst Cockpitbesatzung in einen bemitleidenswerten Zustand versetzt. Laut Mitpassagier und Arzt Dr. Rumack (Leslie Nielsen) gibt es nur einen Ausweg: Ted muss seine Angst überwinden, das Steuer übernehmen und die Maschine landen...

    In „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" werde Katastrophenfilme durch den Kakao gezogen, die sich um (drohende) Flugzeugabstürze drehen. Heutzutage sind zwei der Vorlagen eher unbekannt, Zeitgenossen der 1980 erschienenen Parodie dürften die Anspielungen auf „Airport" und „Airport 1975" aber erkannt haben. Als Kopiervorlage nahezu der kompletten Handlung, vom liebestollen Flugphobiker bis zur Lebensmittelvergiftung, musste derweil „714 antwortet nicht" von 1957 herhalten. Die Verknüpfung beider Filme reicht sogar so weit, jeweils populäre US-amerikanische Sportler für die Rolle des farbigen Co-Piloten zu besetzen: bei „Die unglaubliche Reise..." gibt Basketball-Star Kareem Abdul-Jabbar den zweiten Flugzeuglenker Roger Murdock.

    Obgleich sich Parodien nur bei Kenntnis des Originals gänzlich erschließen, stimuliert ZAZs Klassiker die Lachmuskeln auch ohne entsprechendes Vorwissen zur Genüge. Die Handlung dient obligatorischerweise als Sketchrahmen und wurde dermaßen mit Späßen vollgestopft, dass kaum eine Minute ohne potentiellen Lacher vergeht. Das Bemühen, möglichst keinerlei Längen zuzulassen, ist unübersehbar und findet in einer Nettolaufzeit von gerade einmal 80 Minuten Ausdruck - 80 Minuten, die die Herren Autoren mit hemmungsloser Alberei ausfüllen. Wenn nach der Anweisung „Wir brauchen so viel Beleuchtung wie möglich auf dem Feld" eine Lastwagenladung alte Lampen auf die Landebahn gekippt wird oder Ted Striker am Flughafenschalter ein Raucherticket ordert und selbiges daraufhin qualmend in seinen Händen landet, steht das beispielhaft für den liebevollen Holzhammerhumor à la ZAZ.

    Einen nicht zu unterschätzenden Beitrag zum Funktionieren der Parodie leisten Darsteller wie Robert Stack, Lloyd Bridges, Peter Graves und Leslie Nielsen (dessen Part Christopher Lee ablehnte). Sie wurden auch deswegen ausgewählt, weil bei keinem von ihnen vorher eine Verbindung zum Komödienfach bestand. Ob Captain, Arzt oder Fluglotse, sie alle legen ihre Rollen sehr ernsthaft an. So ergibt sich ein scharfer Kontrast zum umgebenden, abgedrehten Geschehen, der in der Konsequenz zusätzliche Komik erzeugt. Der Erfolg von „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" führte dazu, dass bereits zwei Jahre später „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Raumschiff" nachgeschoben wurde. ZAZ hatten mit dem ins All verlagerten Abklatsch nichts zu tun, wohl aber ein großer Teil der Originalbesetzung. Als Gala recycleter Gags hinkt er dem Erstling aber deutlich hinterher.

    Für Komödien und Essen gleichermaßen gilt: Ab einem gewissen Punkt erübrigen sich auf Qualität abzielende Argumente - und es zählt einzig der persönliche Geschmack. Ob die Albernheiten des Kult-Klamauks „Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug" zünden, variiert dementsprechend per Zuschauer. Wo der eine vor Lachen vom Stuhl fällt, mag der andere nur seine Augen verdrehen. So oder so verfügt die Katastrophenfilm-Parodie über eine enorm hohe Gagdichte sowie einige herausstechende, von brillantem Dialogwitz geprägte Momente - und hat den Status als Komödienklassiker, besonders heute im Kontext Friedberg-Seltzer'scher Genre-Prägung, zweifelsfrei verdient.

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