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    Der Super-Guru
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Der Super-Guru
    Von Ulrich Behrens

    Das waren noch Zeiten, als der indische Schauspieler Hrundi V. Bakshi (Peter Sellers) auf eine schicke Party schicker Leute bzw. solcher, die sich dafür hielten, versehentlich eingeladen wurde – ins Haus eines Regisseurs, durch das ein Bächlein fließt. Damit begann die Tragödie. Sellers stolperte als Tollpatsch, der nicht weiß, worüber er reden soll, durch die Zimmer und ließ einiges zu Bruch gehen. Blake Edwards Komödie „The Party“ (dt. „Der Partyschreck“) aus dem Jahr 1968 war einer meiner Lieblingskomödien, ist es heute noch. Daisy von Scherler Mayer lässt in ihrem neuen Film ebenfalls einen Möchtegernschauspieler aus Indien in die New Yorker Hautevolee tapsen. Bollywood meets Hollywood. Doch ihre Komödie kann nur teilweise überzeugen.

    Ramu Gupta (Jimi Mistry) ist in seiner Heimat ein begehrter Tanzlehrer, träumt jedoch von ganz anderen Dingen: von der Karriere als Schauspieler in Amerika – sein Vorbild ist Travolta –, von einem Penthouse, einem schicken Mercedes. Seine Familie ist nicht gerade begeistert. Ramu lässt sich jedoch nicht abhalten. In New York angekommen scheinen alle seine Träume zu zerplatzen: Er wird von einem Freund in einem Mietshaus einquartiert, der Freund hat es nicht zu Reichtum gebracht, sondern ist Taxifahrer und bringt Ramu als Kellner in einem Restaurant unter. Die Hochnäsigkeit einiger Gäste verleitet Ramu dazu, einem von ihnen das Essen über den Kopf zu kippen. Entlassung. Ramu denkt aber nicht daran, seinen Traum aufzugeben. Er stellt sich bei dem Chef der Ramrod Productions Dwain (Michael McKean) vor. Der lässt ihn vortanzen – ohne Hose. So legt Ramu einen Macarena-Tanz hin, der Dwain überzeugt, den richtigen für seinen neuen Film gefunden zu haben. Was Ramu erst später merkt: Er handelt sich um einen Pornofilm.

    Das Spielchen auf heißem Sand im Studio mit Partnerin Sharonna (Heather Graham) geht natürlich schief. Verzweifelt bittet er seinen Ex-Chef – den Besitzer des Restaurants, in dem er kellnern sollte –, ihm noch eine Chance zu geben. Der befindet sich gerade auf einer High-Society-Party. Ein Guru und indisches Essen sollen nach den Vorstellungen der Hausherrin Chantal (Christine Baranski) der dauerdepressiven Endzeitstimmung ihrer Tochter Lexi (Marisa Tomei) – die Arme leidet und leidet und leidet und schwört und schwört und schwört auf Therapien – ein Ende bereiten. Der Guru allerdings ist stockbetrunken. Da kommt Ramu gerade recht. Als Guru verkleidet tritt er vor die versammelten Gäste. Weil ihm nichts anderes einfällt, redet er über das, was ihm Sharonna darüber gesagt hat – wie man sich auf eine Rolle als Pornostar innerlich am besten vorbereitet, also über die befreiende Wirkung von Sex. Die Hautevolee ist hingerissen. Lexi glaubt sich endlich am Ziel der Befreiung aus ihren High-Class-Neurosen und plant eine großangelegte Kampagne für das Seelenheil der Welt. Sie vermittelt Ramu zuerst an eine Freundin. Für 2.000 Dollar hält er mit der eine Therapiesitzung ab, in der er ihr verklickert, dass sie ihr Zentrum (na was wohl?) entdecken müsse, damit es ihr wieder besser gehe. Eine Lawine kommt ins Rollen. Denn Ramu wird schon bald als neuer Sex-Guru gefeiert. Allein, er benötigt Stoff für seine öffentlichen Auftritte. Den holt er sich bei Sharonna in, der er vortäuscht, sie solle ihn auf die Karriere als Pornostar innerlich vorbereiten. Und auch Sharonna nimmt es mit der Wahrheit nicht immer so genau: Ihr streng katholischer Freund nämlich glaubt, sie sei eine brave, anständige Grundschullehrerin ...

    Von Scherler Mayers Inszenierung hat ihre guten, sprich: durchaus komödiantischen Seiten. Etwa wenn die Hausherrin Chantal aus der Küche zum Diner mit Ramu zurückkommt und der Pseudo-Guru die Gäste durch seine Weisheit dazu gebracht hat, sämtliche Kleider abzulegen. Auch die regelmäßig stattfindenden „Sitzungen“ Ramus bei Sharonna haben ihren Reiz. Heather Graham lässt durchscheinen, dass sie eine begabte Schauspielerin ist. Marisa Tomei als überkandidelte High-Society-Göre hat mich dagegen wenig überzeugt. Das mag auch daran liegen, dass die New Yorker Hautevolee als etwas dargestellt wird, was sie so jedenfalls nicht ist: Nur überkandidelt, neurotisch bis zum Geht-nicht-mehr, dümmlich arrogant. Insgesamt werden diese Schauspieler und auch Michael McKean durch das mäßige Skript und die holprige Regie stellenweise völlig unterfordert. Jimi Mistry hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Es könnte sein, dass er das Zeug für Besseres hat. Der erste Auftritt Jimi Mistrys als Guru auf der Party allerdings wirkt eher peinlich und fade. Die Handlung selbst strotzt nur so vor Unlogik. Warum der Porno-Regisseur Ramu verpflichtet, bleibt ein Geheimnis des Drehbuchs und wirkt dramaturgisch erzwungen. Was der Super-Guru bei seinen Auftritten verkündet, ist weder neu, noch besonders originell. Warum eine ganze Gesellschaftsschicht ihm daher folgt, bleibt ebenfalls im Dunkeln. Chantal lässt sich von der „Weisheit“ des Guru anstecken. Daraufhin sieht man sie und ihren Mann in Sado-Maso-Verkleidung. Ebenfalls nicht besonders originell.

    Dass ein durchaus intelligenter junger Mann mit der Vorstellung nach New York fliegt, ein Mercedes warte auf ihn am Flughafen und in Null-Komma-Nix könne auch er einen besitzen, lässt auf kein besonders intelligentes Drehbuch schließen. Hinzu kommt die allzu platte Moral: Nur wenn man zu sich selbst steht, nicht vorgibt jemand anders zu sein, sich zu seinen Gefühlen bekennt, kann man auch wirklich jemand anderen lieben. Irgendwo habe ich das schon mal gehört – und zwar mehr als genug. Solche Botschaften sind immer richtig. Wer sie verkündet, kann nichts falsch machen. Nur, das wird auf Dauer ziemlich langweilig. Besonders penetrant in dieser Hinsicht ist die Schlussszene bei der geplanten Trauung von Heather und ihrem Iren: Alle „stehen“ vor versammelter Gemeinde plötzlich „zu ihren Gefühlen“ und fallen sich „befreit“ in die Arme. Happy together now! Wie aus dem küchenpsychologischen Kochbuch! Bollywood meets Hollywood? Ich denke, dass hier eher der seichte Mainstream Hollywoods allzu klischeehafte Vorstellungen über „East meets West“ verkündet. Da bleibe ich lieber bei Sellers Partyschreck.

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