The Last Picture Show/ Die letzte Vorstellung
Von Peter Bogdanovich bzw. Larry McMurtry
Dieser Film erzählt von einer Zäsur. Einen Einschnitt im Leben, den die meisten Menschen schon hinter sich haben, aber viele noch entweder mit Spannung oder Sorge bevorzustehen haben. Die Rede ist von den Übergang vom Jugend- ins Erwachsenenalter, der sich meist konzentriert in einem langen Sommer vollzieht. THE LAST PICTURE SHOW (dt. DIE LETZTE VORSTELLUNG) will diesen Sommer zeigen, doch bleibt er ohne Spannung und jedwede andere Emotion. The Last Picture Show blickt kalt und gleichgültig auf die Adoleszenz, und genau so blickt man am Ende auch auf den Film selbst. Gleichgültig.
Vorneweg muss man Peter Bogdanovichs Entscheidung, den Film, trotz der dafür unüblichen Zeit, nicht in Farbe zu drehen, loben. Das körnige Schwarz-Weiß verstärkt gekonnt das triste dahinvegetieren im kleinen texanischen Städtchen Anarene. Hier wird eine leere Kleinstadt dargestellt, die ihre Jugend aufgrund von Perspektivlosigkeit zwingt dauernd von Kino zu Spielhalle zu Burgerbude pendeln zu lassen und unterwegs seine Abenteuerchen erlebt.
Und das war’s auch schon mit dem loben, denn über diesem Film schwebt ein literarisches Meisterwerk von Larry McMurtry als Vorlage, dessen Vergleich sich der Film unbedingt stellen muss, ist er doch fast eine 1:1 Kopie des Buches (nur ohne alle guten Elemente).
Ist die Vorlage noch ein komplexer Mehrgenerationenroman, der mittels fast der gesamten Stadtbevölkerung als Hauptifiguren eine tiefgründige und vielschichtige Geschichte erzählt, wurde für den Film fatalerweise all dies zugunsten Sonnys als einzigen Protagonisten zusammengekürzt.
Ohne eine vernünftige Exposition werden Nicht-Buchkenner Probleme haben die vielen auf einmal eingeführten Figuren (die am Ende sowieso keine Relevanz haben) zu unterscheiden, worunter die Sympathie der und Empathie mit den Figuren leidet. Die wirkliche Eintönigkeit der Stadt und die hohe Arbeitslast auf jugendlichen Schultern werden höchstens angedeutet, die vielfältigen Bewegründe der Figuren für ihr handeln werden überhaupt nicht deutlich, Szenen werden nur angeschnitten und stimmen vorne und hinten nicht.
Dieser Film faltet mehrdimensionale Charaktere und lässt ihre karge Entwicklung im Eiltempo an ein paar Checkpoints abhaken.
Menschen, die sich gerne verzweifelt daran machen ihre vermeintlichen Klassiker zurechtzuinterpretieren werden auch hier behaupten, das löchrige und unvermittelte Handeln der Figuren sei auf die durch städtische und gesellschaftliche Leere entstandene Perspektivlosigkeit zurückzuführen, und das ist tatsächlich auch richtig, ist im Buch aber nur ein untergeordneter Aspekt des großen Ganzen. Diesen Aspekt alleinig in der Verfilmung zu verwenden ist ein Trugschluss, der den Film selbst leer und bedeutungslos dastehen lässt.
Beispielsweise ist im Film nichts von einer Orientierungslosigkeit, einer Hilflosigkeit oder einem Druck zu verspüren, der auf die Jugendlichen lastet, ein Druck der sie zwingt zu handeln, aus ihrer Blase (der Stadt) auszubrechen, ohne Anarene wegen der Perspektivlosigkeit wirklich verlassen zu können. Das Dilemma der Emanzipation von den Eltern bei gleichzeitiger Hingezogenheit zu ihnen fehlt vollkommen, genau wie eine vernünftige Charakterisierung der älteren Generation. Die Vorlage weiß perfekt die Nöte und Ängste und auch die Erkenntnis, dass die Eltern auch einst Jugendliche waren, zu vermitteln. Das Buch spricht von einem undurchbrechbaren Teufelskreis, der tristen Stadt, die ihre Bevölkerung im Würgegriff hält und der man alleinig durch den Tod entkommen kann.
Larry McMurtrys Meisterwerk erzählt die Geschichte einer Zeit, einer Phase und Gefühl des Lebens, einen dramatischen Konflikt auf Ebene der inneren und äußeren Realitäten, während Peter Bogdanovichs Film nur irgendeine Geschichte einfallslos zeigt. Der Film hält nur die Kamera auf diese wunderbare Geschichte, während das Buch sie durchdringt.
Film: 5/10
Buch: 9/10