Egal, ob hohe Kunst oder populäre Actionfilme – Jean-Paul Belmondo war die Allzweckwaffe des französischen Kinos. Vom großen Kino-Theoretiker Jean-Luc Godard entdeckt und in „Außr Atem" und „Elf Uhr nachts" schon früh unsterblich gemacht, wurde er zur Muse der jungen Kino-Erneuerer des Autorenkinos der Grande Nation. Doch „Bebel" gab auch immer wieder populären Komödien, Abenteuerfilmen und Action-Krachern die Ehre. So war er in den 1970er-Jahren zunehmend in einigen harten, schamlos auf den Star zugeschnittenen Actionfilmen zu sehen, die auf der Welle amerikanischer Cop- und Gangsterfilme schwammen. Als „Profi", „Windhund", „Außenseiter", „Boss" oder „Puppenspieler" versohlte er in prolligen Reißern seinen Kontrahenten die Visagen. Einer der erfolgreichsten Belmondo-Klopper war der Thriller „Der Greifer" von Philippe Labro aus dem Jahr 1976, der trotz dramaturgischer Schwächen mit wuchtiger Action und einem kantigen Protagonisten überzeugt.
Wenn der Polizei im Kampf gegen Korruption oder übermächtige Verbrecherorganisationen die Hände gebunden sind, bedient sich die Exekutive auch schon einmal der Dienste des „Greifers" (Jean-Paul Belmondo). Der Greifer ist ein Söldner, der für Geld Razzien, Sabotage-Akte und Abhöraktionen jenseits des Erlaubten auf die Beine stellt. Als „die Bestie", ein sadistischer Raubmörder (Bruno Cremer), eine Spur von Leichen hinter sich her zieht, setzt man den Greifer auf den Fall an. Dafür lässt sich der Ermittler hinter schwedische Gardinen bringen, da hier der einzige Zeuge sitzt, der die Bestie gesehen und überlebt hat.
Auch wenn die auf heiter getrimmte deutsche Synchronisation aus der Feder Rainer Brandts etwas anderes vermuten lässt und Actionszenen einander in dichter Folge drängen: Die Welt, in der der Greifer dem Verbrechen gegenüber tritt, ist vom Intro bis zum Finale ein Jammertal ausgewaschener Farben, bitterer Siege und mitleidloser Menschen, die keine Gelegenheit auslassen, einander zu betrügen und verletzen. Mittendrin tummelt sich der Greifer, dessen moralischer Kompass scheinbar intakt ist, der sich jedoch nur für den Kick in die Auseinandersetzungen stürzt. Philippe Labro inszeniert ihn als selbstbewussten Einzelgänger, der sich durch eine antagonistische Welt schlägt. Sein leicht trauriger Blick deutet einen Schmerz an, den er selbst hinter abgebrühtem Spott verschanzt.
Die Story ist zwar abwechslungsreich und reich an Finten, wirkt dabei aber nicht immer wie aus einem Guss. Viele unterschiedliche Handlungsstränge finden nicht unbedingt harmonisch zueinander. Zusammengehalten wird dieses wacklige Plotgerüst aber vor allem vom charismatischen und gut aufgelegten Belmondo in der Hauptrolle, der hier einen schlagkräftigen Profi gibt. Auch die routiniert inszenierten Actionszenen zeigen sich abgebrüht und angenehm altmodisch: Die Schlägereien fallen hart und ruppig aus, und Verfolgungsjagden enden hier noch in brachialen Totalschäden. Allein der rabiate Shootout in einem abgelegenen Landhaus, in dem der Greifer mit einer Pumpgun im Anschlag in bester Charles-Bronson-Manier seine Feindesscharen lichtet, atmet den Geist guter alter Action-Unterhaltung, die ihr Publikum nicht mit unglaubwürdigen Spektakeln überrumpeln musste, sondern mit ehrlicher Hausmannskost begeisterte.
Fazit: Auch wenn Phillipe Labros actionreicher Krimi „Der Greifer" erzählerisch bisweilen ins Episodenhafte verfällt, überzeugt der erdige Belmondo-Reißer durch konsequent in Szene gesetzte Action und temporeiche Unterhaltung.