Der asiatische Film erfreut sich in westlichen Breitengraden einer nie dagewesenen Beliebtheit. Doch neben Bollywood, Hongkong-Kino und der japanischen und koreanischen Filmindustrie, die zumeist frische, neue, mutige Konzepte vorlegen, gibt es auch viele asiatische Staaten, die sich noch nicht auf der Cineastenlandkarte positionieren konnten. Auch Thailand hat noch nicht in großem Umfang im Bereich des Filmschaffens von sich reden gemacht. Doch Regisseur Wisit Sasanatieng wagte den Anfang und zeigte der ausländischen Öffentlichkeit das neue, frische Gesicht des thailändischen Kinos mit seinem Werk „Tears Of Black Tiger“ in Cannes im Jahre 2001.
Der arme Bauernjunge Dum und die aus vornehmem Hause stammende Generalstochter Rampoey haben schon in ihrer Kindheit bemerkt, dass sie füreinander bestimmt sind. Doch aufgrund des Standesunterschieds hat ihre Liebe keine Chance und sie verlieren sich aus den Augen. Während Dum sich einer gefürchteten Banditenbande anschließt, um seinen ermordeten Vater rächen zu können und unter dem Namen Black Tiger zweifelhafte Bekanntheit erlangt, entwickelt sich Rampoey zu einer feinen Dame. Ihr Vater hat für sie eine Ehe mit dem liebenstrunkenen Polizeihauptmann Kumjorn (Arawat Ruangvuth) arrangiert. Doch Rampoey sehnt sich nach wie vor nach Dum.
„Tears Of Black Tiger“ präsentiert sich als eigentümliche Mischung aus Western, Melodram und Splatteractioner in origineller knallbunten Optik. Die Farben sind die ersten Zeichen für den Zuschauer, dass er sich hier auf einen ganz und gar einmaligen, aber merkwürdigen Film einlässt. Leuchtendes Pink lässt eine Pagode inmitten eines Sees weltfremd erscheinen, das Innere des Generalshauses ist strahlend türkis und die Lippen der ewig leidenden Rampoey kraftvoll rot. Mit diesem plakativen Farbeinsatz will der eigentlich aus der Werbefilmindustrie stammende Wisit Sasanatieng eine neue Identität für den Mitte der 90er Jahre schon beinahe überhaupt nicht mehr stattfindenden thailändischen Film formen. Zu Probezwecken versuchte der Regisseur, die farbliche Nacharbeitung bei einer Jeans, einem Fahrrad und einem Nudelwerbespott aus. Die kunterbunten Farbenpracht führt dabei zu einer Mischung aus Retro- und Comiclook. Doch der Film zeichnet sich neben seiner plakativen Optik auch mit einer theatralischen Liebesgeschichte aus, die auch nicht kitschiger in einem Dreigroschenroman zu finden sein sollte. Beides ist als Hommage an die goldenen Zeiten des Thaikinos zu verstehen, die in den 50er und 60er Jahren lagen. Doch auch die in dieser Zeit bei der thailändischen Bevölkerung so beliebten Actionfilme, die unter der abschätzigen Bezeichnung „Sprenge die Berge, verbrenne die Hütten“ geführt wurden, werden durch Westernelemente und blutige Einlagen wieder zum Leben erweckt. Dabei ist jedes Element des Films stark überzeichnet und führt zu einer eigenen Art von Komik.
Malerische Landschaftsaufnahmen stellen zumeist die Hintergründe dar, doch es gibt auch Szenen, in denen die Protagonisten auf einmal vor buntbemalten Pappwänden agieren oder sich am Fenster vor einem runden Pappmond nach dem Liebsten sehnen. Hier ist eben so ziemlich alles möglich. Auch musikalisch gibt es einen Spagat zwischen zuckersüßer, schon abgehangener Thaifolklore und Westernmusik wie sie im Buche steht. Der ganze Film hat aber den etwas üblen Beigeschmack, dass er teils vom B- zum C-Movie hinabgleitet und asiatische Cowboys mit Maschinengewehren oder gar Raketenwerfern zeigt, die schießen, bis die Gliedmaßen fliegen bzw. die Farbkonserven in den Hemden aufplatzen. Sowohl die Farbkonserven als auch die Explosionseffekte und die triefende Schmalzstory sind teils wirklich lachhaft und im Guten wie im Schlechten schlichtweg trashig. Allerdings ist dies durchaus so gewollt und zeugt vom Mut des Regisseurs wirklich mal etwas anderes zu bieten.
Irgendwo zwischen Trash und farbtrunkener Hommage an Spaghettiwestern und Thaikino ist „Tears Of Black Tiger“ zu Hause, der garantiert in seiner Überdrehtheit und selbstironischen Färbung anders ist als alles zuvor gesehene.