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    The Last Kumite
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    The Last Kumite

    Das deutsche "Bloodsport"?

    Von Lutz Granert

    Nach seiner Blütezeit in den Achtzigern ist das Kampfsport-Turnier-Genre bis auf vereinzelte Ausnahmen weitestgehend aus den Kinos verschwunden. Dabei scheint das Publikum noch immer mächtig Bock zu haben. Wenn „Cobra Kai“ die Frage beantwortet, was die Charaktere aus „Karate Kid“ eigentlich 35 Jahre später so treiben, dann wird das ja nicht von ungefähr zum riesigen Netflix-Hit. Die Macher des Martial-Arts-Actioners „The Last Kumite“, der seine Retro-Attitüde mit einer Anspielung auf das Turnier im Van Damme-Klassiker „Bloodsport“ (1988) schon im Titelschriftzug offenbart, haben also genau den Zeitgeist getroffen, als sie unter anderem über Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter einen bedeutenden Anteil ihres Budgets einsammelten. „Von Fans für Fans“ lautete dabei das Credo des aus Düsseldorf stammenden Co-Produzenten Sean David Lowe, der als Veranstalter von Retro-Filmevents auch über einen reichweitenstarken YouTube-Channel die nötige Aufmerksamkeit auf das größtenteils in Deutschland gedrehte Projekt lenkte.

    Schon früh warb er mit zahlreicher Genre-Prominenz aus den USA, die er für Rollen vor und hinter der Kamera gewinnen konnte – darunter etwa „Undisputed II“-Kameramann Ross W. Clarkson auf dem Regiestuhl. Der Hype war da – und sorgte dafür, dass sich der deutsche Verleih capelight pictures nach beeindruckenden Vorverkaufszahlen für die geplante Heimkino-Veröffentlichung (zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Kritik steht die Blu-ray auf Platz 1* und das 2-Disc Limited Collector's SteelBook auf Platz 3* der Amazon-Verkaufscharts in der Sektion „International“) zusätzlich auch noch für einen Event-Kinostart am Vatertag entschied. „The Last Kumite“ ist seine unbedingte Leidenschaft für das Action-B-Kino der Achtzigerjahre dabei zwar jederzeit anzumerken, aber die Limitationen des schmalen Budgets scheinen trotzdem immer wieder durch.

    „The Last Kumite“ versucht die gute, alte B-Movie-Ära von „Bloodsport“ & Co. wieder auferstehen zu lassen. Capelight Pictures
    „The Last Kumite“ versucht die gute, alte B-Movie-Ära von „Bloodsport“ & Co. wieder auferstehen zu lassen.

    Nach einem letzten gewonnenen Turnier in New York will sich der langjährige Karate-Meister Michael Rivers (Mathis Landwehr) zur Ruhe setzen, auch um endlich mehr Zeit mit Tochter Bree (Kira Kortenbach) verbringen zu können. Der Geschäftsmann Ron Hall (Matthias Hues) will davon jedoch nichts wissen und bietet Michael die Teilnahme an einem illegalen Kumite in Bulgarien mit den besten Kämpfern der Welt an. Das Preisgeld für den Sieger: eine Million US-Dollar. Da Michael trotz der stolzen Summe absagt, kidnappen Halls Schergen kurzerhand seine Tochter, um seine Teilnahme doch noch zu erzwingen. Beim Kumite gilt es, Halls ungeschlagenen Champion Dracko (Mike Derudder) zu bezwingen. Beim Training erhält Michael Unterstützung vom ehemaligen Martial-Arts-Kämpfer Loren (Billy Blanks) sowie Drackos einstiger Mentorin Julia (Cynthia Rothrock)...

    Das Who-is-Who der Videotheken-Stars der Achtziger!

    Schon die Besetzungsliste von „The Last Kumite“ liest sich wie ein Who-is-Who des Martial-Arts-Genres der 80er und 90er Jahre: Kurt McKinney, der hier als ebenfalls unfreiwilliger Kumite-Teilnehmer zu sehen ist, gab sein Filmdebüt 1985 als Titelheld in „Karate Tiger“ (1985). Sein Widersacher damals war Jean-Claude van Damme, mit dem es Abdel Qissi, in „The Last Kumite“ als bulgarischer Polizist dabei, fünf Jahre später in „Leon“ ebenfalls zu tun bekam. Kultstar Billy Blanks wiederum verkörperte die Killermaschine Khan in „Karate Tiger 5 – König der Kickboxer“ (1990), während Matthias Hues nicht nur in „Kickboxer 2 – Der Champ kehrt zurück“ (1991), sondern auch in „Karate Tiger 8“ (1995) ordentlich austeilte. Cynthia Rothrock, die den schwarzen Gürtel im Karate trägt, prügelte sich ebenfalls durch etliche Videotheken-Reißer wie „Martial Law“ (1990) oder „Female Justice“ (1996). Das Problem: Alle von ihnen sind inzwischen über 60 Jahre alt, was allzu filigranen Actionchoreografien spürbar im Wege steht. Wenn sie in „The Last Kumite“ wirklich einmal austeilen, was ohnehin nur selten und im Fall von Rothrock sogar nur ein einziges Mal passiert, fallen die Szenen auch dementsprechend knapp aus.

    Die meiste (Prügel-)Screentime kommt unterdessen dem Stuttgarter Mathis Landwehr zu, der bislang unter anderem in der trashigen RTL-Serie „Lasko – Die Faust Gottes“ die Fäuste sprechen ließ. Sobald es auch abseits des Rings ums Schauspielern geht, werden wie beim angestrengten Trauern am Grabstein seiner Film-Frau zu Beginn jedoch schnell die mimischen Grenzen sichtbar. Auch wenn er sich bei seinen zahlreichen Fights solide schlägt, kommt Landwehr in Sachen Beweglichkeit nicht gegen den deutschen Stunt-Choreografen Mike Möller (zuletzt u.a. an „John Wick: Kapitel 4“ und „Expendables 4“ beteiligt) an, der nach gut 30 Minuten mit dem Rollennamen Lightning selbst kurz beim Kampf-Training aushilft, das stilecht bevorzugt in den Ruinen eines historischen Gemäuers stattfindet.

    In den saftigen Kampfszenen macht „The Last Kumite“ seiner FSK-18-Freigabe alle Ehre. Capelight Pictures
    In den saftigen Kampfszenen macht „The Last Kumite“ seiner FSK-18-Freigabe alle Ehre.

    Ein stimmiges Achtziger-Retro-Feeling will sich aber gerade bei den Kämpfen auf dem Kumite-Turnier, das nach etwa einer Filmstunde startet, trotzdem nicht so recht einstellen. Gedreht wurden diese Szenen im Mojo-Club in Hamburg – nur wirkt die Location mit ihrer Zuschauer-Empore und einer Bühne, auf der Ron Hall thronend über Leben und Tod entscheidet, als Kampfarena alles andere als authentisch. Die einzelnen Fights sind zwar technisch sauber choreografiert und es fließt der Altersfreigabe ab 18 Jahren entsprechend auch einiges an Blut fließen – nur lassen sie einen anders als die großen Vorbilder oft schlicht kalt. Die Kombattanten steigen für 30 Sekunden in den Ring und dann steht auch schon, bevor man überhaupt wirklich mitfiebern kann, auch schon das nächste beliebige Duell an. Hier fehlt es dem Drehbuch von Ross W. Clarkson und Sean David Lowe inklusive des Finalkampfs schlicht an Spannung, Wendungen und Dramatik.

    Hinzu kommen enttäuschend lieblose Setdesigns. Hier fällt eine spartanisch eingerichtete bulgarische Polizeiwache besonders negativ auf, wenn Damon Spears (Kurt McKinney) die fiesen Machenschaften von Ron Hall den Behörden anzeigen will. Mit Spanplatten-Schreibtisch, einem Mini-Regal sowie angepinnter bulgarischer Landesflagge auf grün gestrichener Wand wirkt das Set reichlich billig und hastig zusammengezimmert. Immerhin scheint der allseits beworbene Retro-Charme von „The Last Kumite“ nicht nur beim Cast, einigen Plot-Elementen sowie Rollennamen, sondern – ganz wichtig! – auch bei der Musikuntermalung durch. Stan Bush war schon auf dem Soundtrack von „Der Kickboxer“ (1989) zu hören und ist hier mit einem neuen Track vertreten. Mit Paul Hertzog steuerte zudem der Komponist von „Bloodsport“ höchstselbst den rockig-treibenden Score mit reichlich Synthie-Einsatz bei.

    Fazit: Trotz nostalgischem B-Prominenz-Schaulaufen und reichlich Action fehlt „The Last Kumite“ die inszenatorische Klasse. Auch wenn aus dem knappen Budget alles herausgeholt wurde, lassen einen viele der Kämpfe kalt. Das heraufbeschworene Retro-Feeling stellt sich deshalb nur streckenweise ein, wobei alteingesessene Fans des Genres allein wegen der namhaften Besetzungsliste kaum um „das deutsche Bloodsport“ herumkommen werden.

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