Die Filmstarts-Kritik zu Ein Jackpot zum Sterben

Zwölf Stunden lang dürfen (fast) alle Verbrechen begangen werden – Mord inklusive. Diese Universal-Amnestie sorgt in der vier Filme und eine Serie umfassenden „The Purge“-Reihe regelmäßig dafür, dass sich Teile der US-Bevölkerung für eine Nacht in brandschatzende Monster verwandeln. Besonders „The Purge: Election Year“ hielt sich dabei mit ätzender Politsatire nicht zurück: Einer „Purge“-kritischen Senatorin wird hier von den erzkonservativen und rachsüchtigen „Neuen Gründungsvätern von Amerika“ ihr Immunität aberkannt – und dann kam der Film auch noch mitten im aufgeheizten Präsidentschaftswahlkampf zwischen Donald Trump und Hillary Clinton in die US-Kinos. Einer tief gespaltenen Nation wurde so der fratzenhafte Spiegel vorgehalten.

Der weltweite Starttermin des Amazon-Originals „Ein Jackpot zum Sterben“ fällt zwar acht Jahre später mit ähnlicher Prämisse in eine ähnliche Phase des US-Präsidentschaftswahlkampfs, kommt aber weniger grimmig und deutlich zahmer daher. Die Gags der Actionkomödie sind wenig subtil, aber dafür hält „Brautalarm“-Regisseur Paul Feig das Tempo in seiner fröhlich-grellen Achterbahnfahrt auch dank des spielfreudigen Schauspiel-Duos Awkwafina („Renfield“) und John Cena („Argylle“) konstant am Anschlag.

Amazon Studios

2026: Mitten in der großen Depression ruft die Regierung Kalifornien eine ganz besondere Lotterie ins Leben: Der Gewinner oder die Gewinnerin werden öffentlich bekannt gegeben – und bis Sonnenuntergang bleibt bei völliger Amnestie Zeit, diese abzumurksen und die Kohle stattdessen selbst zu kassieren. Nur Schusswaffen dürfen dafür nicht eingesetzt werden. Vier Jahre später versucht die gutgläubige Katie Kim (Awkwafina), nach dem Tod ihrer Mutter als Schauspielerin in L.A. Fuß zu fassen.

Für ein Vorsprechen leiht sie sich ein Outfit ihrer dümmlichen Mitbewohnerin Shadi (Ayden Mayeri) und aktiviert dabei ungewollt ein Los in der Hosentasche. Die ahnungslose Katie gewinnt den riesigen Jackpot von 3,6 Milliarden US-Dollar – und plötzlich wollen ihr alle möglichen Leute ans Leder. Nur der ebenso nette wie kampferfahrene Lotterie-Schutzagent Noel Cassidy (John Cena) ist zur Stelle und bietet ihr für einen Anteil von 10 Prozent am Gewinn umfassenden Personenschutz...

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Wenig Sinn, viel Spaß

Aus dem durchaus etwas konstruiert klingenden Plot entspinnt sich in „Ein Jackpot zum Sterben“ ein hochtouriger Action-Marathon, der nur selten Zeit zum Verschnaufen lässt. Schon in der Eröffnungsszene entkommt der ehemalige „American Pie“-Blödelbarde Seann William Scott als Lottogewinner nur knappe einem bewaffneten Mob, bevor er in einem Hinterhof um sein Leben prügelt – und dabei ausgerechnet in einer vermeintlich ahnungslosen Nanny seine Meisterin findet. Währenddessen sind aus den Fernsehnachrichten Informationen über Rekord-Inflation und steigende Arbeitslosenquoten zu vernehmen. Das war’s dann aber auch schon mit den Hintergründen zu dieser dystopischen Glücksspielgesellschaft, bei der man ob ihrer Löchrigkeit bloß nicht zu viel hinterfragen sollte.

Schnitt – und weiter mit Katie: Awkwafina verkörpert die ebenso gutgläubige wie naive Frau äußerst liebenswert – besonders wenn sie ihren peinlichen Auftritt als Kinderdarstellerin in einem Nudel-Werbespot souverän weglächelt. Direkt nach ihrem Gewinn muss sie sich zur Wehr setzen – erst gegen mordlüsternen Konkurrentinnen bei einem Casting, dann gegen die zufällig gerade im Nebenraum trainierenden Martial-Arts-Sportler – und das mit einer ebenso aufwändigen wie akrobatischen Kampf-Choreografie. Ex-Wrestler und Oscarverleihungs-Nackedei John Cena spielt einen ebenso tumben wie ultranetten Beschützer im Nadelstreifenanzug, der bei den zahlreichen Fights auch ums Wohlergehen seiner Gegenüber bemüht ist. Als Prügelknabe muss er sowohl gemeine Sprüche als auch Furz-Witze aushalten – bevor er dem kindlichen Gemüt seiner Figur bei unmotivierten Anspielungen auf „Teenage Mutant Ninja Turtles“ freien Lauf lassen kann.

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Schreiend komisch ist zudem der Auftritt von US-Rapper und Paradiesvogel Machine Gun Kelly, der sich in einem besonders schrillen Outfit (lila Plüschjacke, Sonnenblumenhose) in einem reichlich verstrahlten Cameo-Auftritt selbst verkörpert. Sein Panic Room soll ihm – begleitet von Gags zum gleichnamigen David-Fincher-Thriller – kurzfristig als Zufluchtsort vor dem marodierenden Pöbel dienen, bevor die wilde Hatz nach weiteren Wendungen im Bühnenbild eines Sci-Fi-Theaterstücks mit Vin Diesel endet. Wer bei solchen Meta-Gags schon schmunzelt, sollte auch beim Gag-gespickten Abspann unbedingt weiter dranbleiben: John Cenas präzise getroffenen Imitationen von klassischen Schwarzenegger-Sprüchen sind einfach köstlich!

Fazit: In diese schrill-überdrehte Antwort auf „The Purge“ gesellschaftskritische Untertöne hineinzuinterpretieren, wäre bei Witzen über Wachsfigur-Kopulation und Körperausscheidungen sicherlich vermessen. Aber bei den überzeugend inszenierten Prügelszenen und Verfolgungsjagden kommt in „Ein Jackpot zum Sterben“ trotz durchwachsenem Witzniveaus dennoch nie Langeweile auf.

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