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    Schlussklappe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Schlussklappe

    Inside Baseball mit Gute-Laune-Garantie

    Von Christoph Petersen

    Nach dem Ende der Corona-Beschränkungen gehörten Filmfestivals zu den Ersten, die wieder für zuverlässig volle Kinosäle gesorgt haben. Viele von ihnen sind längst ihre eigene Marke, weshalb Besucher*innen häufig sogar mehr oder weniger unabhängig von der konkreten Filmauswahl Schlange stehen. Aber es gibt auch die andere Seite: Seit Jahren häufen sich Panels über die miserable Vergütung von Festivalarbeit (und da geht es nur um diejenigen, die überhaupt bezahlt werden). Außerdem können Festivalpartys schnell zum einsamsten Ort der Welt werden, wenn man zu keinem der vor allem auf Selbstvermarktung ausgerichteten Smalltalk-Kreise einen Zugang findet. Eine Beobachtung, die Niclas Mehne in einer der stärksten Szenen seines Spielfilmdebüts zu einem zutiefst melancholischen Moment formt.

    Trotzdem ist der überwiegend auf dem Filmfestival Max Ophüls in Saarbrücken spielende „Schlussklappe“ weder ein bleiernes Drama noch eine geifernde Abrechnung. Stattdessen hat der für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnende Mehne all die Freuden und Frustrationen seiner jahrelangen Festivalerfahrung zu einer rundherum charmanten (und auch ein bisschen weisen) Komödie verarbeitet. So wirkt zwar manch niederschmetternde Branchenbeobachtung u. a. über Ageism (Stichwort: „Fuckability“) etwas holprig-pflichtbewusst integriert, aber insgesamt siegt doch die pure Sympathie, wozu auch das herausragende Schauspieler*innen-Quintett im Zentrum der siebentägigen Festivalwirren ganz maßgeblich beiträgt.

    Sodawasser Pictures
    Das Filmteam um Regisseurin Rebecca (ganz links: Pina Kühr) in freudiger Erwartung der Weltpremiere ihres Kurzfilms.

    Regisseurin Rebecca (Pina Kühr) hat mit ihrem Freund und Kameramann Andie (Nikolaus Sternfeld) den Kurzfilm „Julia, I Like“ gedreht. Nach zahlreichen Absagen kommt endlich die ersehnte Zusage: Die Meta-RomCom wird ihre Weltpremiere auf dem Filmfestival Max Ophüls feiern – und zwar im „Kurzfilmprogramm Nr. 3“. Für Rebecca ist das ein dringend nötiger Motivationsschub. Denn innerlich hatte sie sich eigentlich schon damit abgefunden, auf ihren Plan B auszuweichen – schließlich steckt sie gerade im Zweitstudium fürs Lehramt. Aber erst einmal in Saarbrücken angekommen, läuft dann doch irgendwie alles ganz anders als erwartet.

    Rebecca und Andie haben sich in der Zwischenzeit getrennt – und ganz egal, wie sehr sie sich auch versichern, dass zwischen ihnen rein gar nichts merkwürdig sei, ist natürlich das genaue Gegenteil der Fall. Zumal Andie inzwischen mit Saskia (Anne Düe), der Hauptdarstellerin von „Julia, I Like“, zusammen ist. Ganz andere Probleme hat Hauptdarsteller Robert (Andreas Berg). Bei seiner Hotelreservierung ist irgendwas durcheinandergekommen, weshalb ihm das Festival notbehelfsmäßig eine Couch bei Filmfan Ingo (Daniel Zillmann) vermittelt. Allerdings kracht die schon in der ersten Nacht zusammen und das laute Schnarchen seines Gastgebers macht die Sache auch nicht besser. So wird der übernächtigte Robert von Tag zu Tag immer unausstehlicher…

    Sodawasser Pictures
    Nachdem die Couch zusammengekracht ist, macht Robert (Andreas Berg) auch im – ziemlich schmalen – Doppelbett seines Gastgebers kein Auge zu.

    Was für ein harter Weg es ist, einen Indie-Film zu produzieren und in die Kinos zu bringen, erkennt man schon daran, dass „Schlussklappe“ während der 40. Ausgabe des Filmfestival Max Ophühls gedreht wurde – und die fand bereits 2019 (!) statt. Und wenn man nach all der Arbeit dann zu einem (großen) Festival eingeladen wird, kann das eben auch eine ernüchternde Erfahrung sein: Rebecca muss bei einer vom Festival organisierten Veranstaltung mit potenziellen Produzent*innen für ihre nächsten Projekte feststellen, dass Branchen-Speeddating sogar noch desillusionierender als die herkömmliche Variante ist. Und Robert versucht tagelang an eine mächtige Casting-Agentin heranzukommen, nur um sich dann anhören zu müssen, dass er nun mal nicht mehr 20 sei und sich seine einzige Chance auf eine Karriere damit schon längst erledigt habe.

    Dass das ziemlich lustig (und manchmal eben auch ein wenig traurig) ist, hat allerdings nur zweitrangig mit der satirischen Qualität der Beobachtungen zu tun. Die zentrale Stärke von „Schlussklappe“ ist vielmehr, dass man die Protagonist*innen zu diesem Zeitpunkt längst uneingeschränkt ins Herz geschlossen hat. Als eine hilfsbereite Festivalmitarbeiterin Robert nach dem Hotel-Fauxpas zu beruhigen versucht, antwortet dieser mit theatralischem Pathos: „Mein Bett könnt ihr mir nehmen, aber nicht meine miese Laune.“ Und als ob Daniel Zillmann („Die Känguru-Verschwörung“) als Kerzenmacher und Hobby-Drehbuchautor nicht ohnehin schon zum Knuddeln wäre, schenkt er die Milch beim liebevoll-amateurhaft hergerichteten Frühstück auch noch aus einer Porzellankanne in Form eines Kälbchens ein. Super niedlich und ansteckend optimistisch.

    Fazit: Wenn man selbst mehr oder weniger regelmäßig im Filmfestivalzirkus (oder gar beim Filmfestival Max Ophüls in Saarbrücken) unterwegs ist, wird man in „Schlussklappe“ so viele kleine und große Momente sofort wiedererkennen, dass man sich in der Welt des Films direkt wie zu Hause fühlt. Aber als Beziehungs- beziehungsweise Buddy-Komödie hat „Schlussklappe“ ebenfalls genug zu bieten, um auch Branchenfremden eineinhalb sympathisch-kurzweilige Kinostunden zu bescheren.

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