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    Ride On - Die zweite Chance
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Ride On - Die zweite Chance

    Ein störrisches Pferd lässt Jackie Chan ziemlich alt aussehen

    Von Lutz Granert

    Das Hongkong-Actionkino der 80er und frühen 90er Jahre erarbeitete sich mit seiner entfesselten Wildheit auch international eine riesige Fangemeinde: So artistisch wie aufwändig choreografierte Martial-Arts-Einlagen gingen Hand in Hand mit überbordend-blutigen Schießereien, wie man sie bis dahin noch nie gesehen hatte. Reihen wie „Police Story“ oder „Drunken Master“ avancierten dabei vor allem auch durch die akrobatischen, meist selbst ausgeführten Stunts des Hauptdarstellers zu weltweiten Kassenerfolgen – und genau die ebneten für Jackie Chan schließlich auch den Weg nach Hollywood, wo er unter anderem mit „Rush Hour“ endgültig zum globalen Superstar aufstieg.

    Seit einigen Jahren steht Jackie Chan, inzwischen im offiziellen Rentenalter angekommen, wieder vornehmlich für chinesische Produktionen vor der Kamera. Der hoch budgetierte Sci-Fi-Actioner „Bleeding Steel“ und auch der deutlich auf die „Fast & Furious“-Reihe schielende Cop-Thriller „Vanguard – Special Elite Force“ waren dabei zwar sichtlich auch auf eine internationale Vermarktung ausgelegt, blieben aber qualitativ wie kommerziell hinter den Erwartungen zurück. In „Ride On – Die zweite Chance“ von Larry Yang setzt sich Jackie Chan nun ein Stückweit mit der eigenen Legende auseinander und lässt in der Rolle als gealterter Stuntman selbstreflexiv seine Karriere Revue passieren. Die Mischung aus Meta-Actionfilm und Familien-Drama ist jedoch arg rührselig geworden – und so wird Jackie Chan von seinem tierischen Co-Star immer wieder die Show gestohlen.

    Zwei wie Pech und Schwefel: Roter Hase und Meister Luo (Jackie Chan)!

    Vor acht Jahren fiel der Stuntman Luo Zhilong alias Meister Luo (Jackie Chan) bei Dreharbeiten von einem Riesenrad und anschließend für lange Zeit ins Koma. Seine Karriere hat sich auch nach erfolgreicher Rehabilitation nicht mehr erholt: Wegen ausgebliebener Aufträge ist er pleite und lebt inzwischen gemeinsam mit seinem treuen Stuntpferd Roter Hase auf einem Gestüt. Aber dann soll das Pferd plötzlich Teil der Konkursmasse eines Unternehmens sein – und Luo kann die Schuldeneintreiber nur mit Mühe davon abhalten, seinen vierbeinigen Kumpel direkt mitzunehmen.

    Zusammen mit seiner entfremdeten Tochter Xiaobao (Haocun Liu), die seit ihrem Jura-Studium mit einem Nachwuchs-Anwalt liiert ist, gelingt es Luo in letzter Sekunde, den anstehenden Prozess aufzuschieben und seine Filmkarriere wieder in Schwung zu bringen. Aber die Gefahren, denen Luo sich selbst und auch Roter Hase an den Filmsets aussetzt, werden zunehmend größer...

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    Schon nach wenigen Minuten stiehlt sein vierbeiniger Co-Star dem sichtbar alt gewordenen Action-Oldie Jackie Chan gehörig die Show: Wenn Roter Hase seinem schlafenden Halter schelmisch die Decke wegzieht und ihn wiehernd weckt oder wenig später bei einer Verfolgungsjagd in einer schmalen Gasse feststeckt und kräftig furzt, hat der ebenso eigensinnige wie liebenswürdige Gaul die Lacher definitiv auf seiner Seite: Die zahlreichen, natürlich meist missglückenden Trainingsszenen zwischen Roter Hase und Luo sind das sympathische Herzstück des Films – wobei das auch daran liegt, dass drumherum eine arg platte und sentimentale Familiengeschichte um einen auf seine Karriere bedachten Vater und einer – besonders nach dem Tod der Mutter – wütenden Tochter gesponnen wird.

    Da beobachtet die versöhnungswillige Xiaobao voller Mitleid ihren Vater, der verkleidet als Indianer in einem Filmpark verzweifelt und erfolglos versucht, den Besuchern einen Ritt auf Roter Hase anzubieten und damit zumindest noch etwas Geld zu verdienen. Es ist eine von vielen rührseligen, regelrecht kitschigen Szenen, bei denen – plump unterlegt mit gefühlsduseligen Streichern – nur so die Tränen kullern sollen (es aber meist nicht tun). Das ist dem für Regie und Drehbuch verantwortlich zeichnenden Larry Yang in seinem vielfach ausgezeichneten, in den 1980er Jahren in der chinesischen Provinz angesiedelten Sozialdrama „Mountain Cry“ von 2015 noch ungleich subtiler, einfühlsamer und souveräner gelungen.

    Gerade die Szenen mit Luos Tochter Xiaobao (Haocun Liu) sind doch arg rührselig geraten.

    Fans von akrobatischer Hongkong-Action kommen bei „Ride On – Eine zweite Chance“ nur sporadisch auf ihre Kosten – und zwar immer dann, wenn für das Stuntman-Stuntpferd-Gespann mal wieder ein waghalsiger, meist allerdings in CGI-Effekten ertränkter Sprung an einem Filmset ansteht. Immerhin sind die Martial-Arts-Einlagen unter Beteiligung des für den Dreh mit Kortison fit gespritzten Jackie Chan (eine geplante Knie-OP hätte die Dreharbeiten im Sommer 2021 sonst auf unbestimmte Zeit verzögert) weitestgehend handgemacht. Im Gedächtnis bleibt etwa eine längere Szene, in der sich ein wiegender Schaukelstuhl bei einer Prügelei über zwei Etagen des Gestüts als nützliches Gimmick erweist.

    Das Jackie Chan im Verlauf des Films immer wieder Kostüme aus früheren seiner Werke aufträgt, ist längst nicht die einzige Anspielung auf seine ikonische Filmkarriere: So triezt Luo seinen angehenden Schwiegersohn etwa mit einem Teetassen-Training über einer Weihrauchkerze - genauso wie einst in „Sie nannten ihn Knochenbrecher“ (1978). Und einmal schaut sich Luo einen Zusammenschnitt seiner spektakulärsten Stunts im Fernsehen an – und das sind dann alles Stunts aus der Karriere des realen Jackie Chan. Trotz aller Rührseligkeit versteht sich „Ride On – Die zweite Chance“ als Ode ans klassische und gefährliche Filmhandwerk der Stuntmen – auch wenn das Action-Drama, ganz im zunehmend nationalistischen Geiste des chinesischen Kinos, nur den chinesischen unter ihnen gewidmet ist.

    Fazit: Ein ebenso tritt- wie schlagfertiges Pferd sorgt für Lacher, während Jackie Chan abseits einiger Martial-Arts-Sequenzen vor allem rührselige Szenen bestreiten muss. „Ride On – Die zweite Chance“ punktet mit nostalgischem Charme, kommt aber in den portionierten Actionszenen nie an die spielerische Virtuosität von Chans früheren (Hongkong-)Werken heran.

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