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    Alles Fifty Fifty
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Alles Fifty Fifty

    Ein trotz neuem Comedy-Traumpaar eher mauer Sommerurlaub

    Von Oliver Kube

    Die FILMSTARTS-Kritik zur stellenweise wirklich saulustigen Junggesellinnenabschieds-Komödie „JGA: Jasmin. Gina. Anna.“ attestiert „Die Goldfische“-Regisseur Alireza Golafshan das Talent, dem Publikum trotz des Fremdscham-Bombardements das Herz aufgehen zu lassen. Aber genau das gelingt bei seinem Nachfolgeprojekt „Alles Fifty Fifty“ nur noch sporadisch: Trotz engagiert aufspielender Stars wie Moritz Bleibtreu („Soul Kitchen“), Laura Tonke („Wann wird es endlich wieder so, wie es nie war“) und David Kross („Simpel“) hält sich der Unterhaltungswert diesmal in Grenzen. Zu wenige Gags des zwischen Beziehungs-, Familien- und Urlaubs-Komödie sowie einer eher zahnlosen Gesellschafts-Satire changierenden Films zünden. Zu viel gefühltes Füllmaterial umrahmt die raren, wirklich witzigen Glanzpunkte.

    Andi (Moritz Bleibtreu) und seine Ex-Frau Marion (Laura Tonke) haben als Anwaltspaar bei ihrer Scheidung nicht nur das gleichberechtigte Sorgerecht, sondern auch einen gemeinsamen alljährlichen Sommerurlaub in Italien vereinbart. Diesmal ist auch Marions deutlich jüngerer Lover, der Fitnesstrainer Robin (David Kross), mit dabei. Im sonnigen Luxusressort nutzt Sohn Milan (Valentin Thatenhorst) gnadenlos jede Gelegenheit, um seine Eltern gegeneinander auszuspielen und so seinen Willen durchzusetzen. Aber das wollen Andi und Marion nicht mehr hinnehmen – und bilden deshalb eine gemeinsame Front, bei der es sogar kurz so aussieht, als würden sie sich auch romantisch wieder näherkommen. Milan hat auf die neue Strenge seiner Eltern allerdings gar keinen Bock und setzt sich kurzerhand auf den nahegelegenen Campingplatz ab, auf dem auch die pfiffige Mila (Aennie Lade) mit ihrer Familie Ferien macht. Voller Panik begeben sich Mutter und Vater auf die Suche nach ihrem verschwundenen Jungen – natürlich nicht ohne gegenseitige Schuldzuweisungen…

    Das sieht man auf den ersten Blick: Dieser Patchwork-Sommerurlaub hat jede Menge Konfliktpotenzial! LEONINE
    Das sieht man auf den ersten Blick: Dieser Patchwork-Sommerurlaub hat jede Menge Konfliktpotenzial!

    Vor allem in Sachen Slapstick und Körperhumor ist „Alles Fifty Fifty“ eine Enttäuschung – was vor allem deshalb ein Problem ist, weil es im Film eine Menge davon gibt. Dass es bei den Jungschauspieler*innen, denen ein Gros solcher Gags zufällt, noch ein wenig hapert, mag man auf mangelnde Erfahrung zurückführen. Aber selbst ein Axel Stein („Hammerharte Jungs“), der sich mit derlei Zoten auskennt, tut sich als schussliger Vater des Campingplatz-Mädchens schwer, spontan rüberzukommen. Ähnlich ergeht es auch Laura Tonke bei einer mit sexuellem Innuendo aufgeladenen Passage mit einem schockierten Zimmermädchen und dem ahnungslosen älteren Herrn aus der Suite nebenan. Das fühlt sich alles arg bemüht, zu Tode geprobt und deshalb steif an.

    Deutlich flotter und amüsanter sind hingegen die Dialogduelle geraten: Ein besonders gelungenes Beispiel ist direkt der Einstieg in den Film, wenn sich die eben noch auf dem Parkplatz zankenden Marion und Andi zusammenschließen, um die Direktorin (Michaela Steiger) und die Psychologin (Linda Blümchen) der Schule ihres Filius mit allerlei juristischen Spitzfindigkeiten in die Defensive zu drängen. Und das, obwohl der Sohnemann sich offenbar zum wiederholten Mal einen Aussetzer geleistet hat, für den er eigentlich in hohem Bogen von der Lehranstalt fliegen müsste. Hier spielen sich Bleibtreu und Tonke die verbalen Bälle so virtuos zu, dass es eine Freude ist.

    Die Geburt eines Comedy-Traumpaars

    Ebenfalls sehr gelungen – und sogar die Highlights des ganzen Projekts – sind die Szenen mit Moritz Bleibtreu und David Kross: Immer wieder versucht Andi, seinen nicht allzu hellen Gegenüber intellektuell vorzuführen, wird von dessen herzensguter Naivität aber jeweils schnell und wirkungsvoll entwaffnet. Da fliegen die komödiantischen Funken und die beiden Mimen können glänzen, indem sie einander perfekte Vorlagen für zielsicher verwandelte Pointen servieren.

    Schade, dass damit schon nach einer Stunde Schluss ist, weil Kross‘ Figur sich kurz und bündig aus der Handlung verabschiedet. Sobald Andi und Marion dann mit ihrem Sohn allein sind, hinterlässt die Familie einen ziemlich langweiligen bis geradezu nervigen Eindruck. Von Anfang an spielt der Bengel viel zu offensichtlich die Eltern gegeneinander aus. Dass diese dennoch ewig brauchen, um es zu bemerken, ist ermüdend. Immerhin sorgt die eine oder andere Interaktion von Milan mit Mila oder Marion mit Milas Oma (Ramona Kunze-Libnow) für etwas Spaß. Solche Momente federn zumindest ansatzweise die endlos erscheinenden sowie nicht gerade aufregend einfallsreich gefilmten Szenen ab, in denen Marion und Andi auf der Suche nach ihrem ausgebüxten Sprössling eine menschenleere Straße einen Berg hochstiefeln.

    Milan (Valentin Thatenhorst) hat keinen Bock auf seine plötzlich so strengen Eltern – und taucht deshalb bei Mila (Aennie Lade) vom Campingplatz nebenan unter. LEONINE
    Milan (Valentin Thatenhorst) hat keinen Bock auf seine plötzlich so strengen Eltern – und taucht deshalb bei Mila (Aennie Lade) vom Campingplatz nebenan unter.

    Apropos belanglos: Komplett überflüssig ist zudem die Figur des Hotelbademeisters und designierten Schwimmlehrers für Milan. Dieser wird von Jasin Challah („Andere Eltern“) gespielt und fungiert zugleich als Erzähler der hauchdünnen Story. Aber dessen per Voiceover vorgetragenen Kommentare sind nicht besonders geistreich und die abschweifenden, sich irgendwann wiederholenden Geschichten aus seiner Kindheit für den Rest der Charaktere irrelevant und ebenfalls nicht sonderlich witzig.

    Fazit: Was von „Alles Fifty Fifty“ vor allem in Erinnerung bleibt, ist die Erkenntnis, dass Moritz Bleibtreu und David Kross ein exzellentes Comedy-Duo abgeben! Ihre Momente sind allerdings von zu viel Leerlauf umgeben. So dauert es knapp zwei Stunden bis zum gefühlt ewig herausgezögerten und dann auch nur mäßig befriedigenden Finale.

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