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    Die einfachen Dinge
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Die einfachen Dinge

    Eine Entschleunigungs-Dramödie, der selbst eine Entschlackung guttun würde

    Von Sidney Schering

    Éric Besnard begann seine Karriere zwar als Drehbuchautor von Filmen wie dem Highspeed-Thriller „Cash Truck“ oder dem Sci-Fi-Actioner „Babylon A.D.“. Inzwischen jedoch steht sein Name für einen anderen Schlag Film: Als Regisseur und Autor verantwortete Besnard zuletzt Projekte, die seicht-optimistischen Humor, eine sanfte Prise Dramatik und hübsche Bilder der französischen Provinz zu einem Wohlfühl-Gesamtpaket vereinen. 2021 erreichte Besnards behaglich-entschleunigtes Kino seinen bisherigen qualitativen Höhepunkt – mit der kulinarischen Tragikomödie „À la Carte! – Freiheit geht durch den Magen“ über die Entstehung der französischen Restaurantkultur.

    Offenbar hat der Film nicht nur uns, sondern auch Besnard besonders gemundet. Denn in „Die einfachen Dinge“ zeigt er nun erneut seinen „À la Carte!“-Hauptdarsteller Grégory Gadebois als charmanten Knurrhahn, der in rustikaler Bleibe Köstlichkeiten zubereitet. Leider ist dieser Nachschlag nur noch halb so köstlich und erquicklich. Denn anstelle eines weiteren, rundum abgestimmten Wohlfühl-Kinomahls tischt uns Besnard mit „Die einfachen Dinge“ nur ein lauwarmes Allerlei der Betulichkeit auf.

    Der wortkarge Pierre (Grégory Gadebois) öffnet sich langsam seinem Gast aus der Stadt – bringt damit aber auch seinen ganzen Lebensstil in Gefahr.

    Der milliardenschwere Unternehmer Vincent (Lambert Wilson) erleidet in den saftig-grünen Bergen Frankreichs eine Autopanne. Glücklicherweise fährt der wortkarge Pierre (Grégory Gadebois) mit seinem Motorrad vorbei und willigt ein, Vincent aus der Misere zu befreien. In Pierres Berghütte erlebt der hibbelige Geschäftsmann einen therapeutischen Kulturschock: Sein Retter in der Not setzt ihm selbstgekochte, deftig-einfache Küche vor. Zudem macht er Mittagsschlaf und vollendet nach eigenem Zeitplan sein Tagwerk.

    Als Vincent in seinen superstressigen Alltag zurückkehrt, sehnt er sich prompt zurück in Pierres bescheidenes Refugium. Also kreuzt er kurze Zeit später wieder dort auf – unangemeldet! Pierre lässt Vincent augenrollend walten – nicht wissend, dass dieser noch etwas anderes im Schilde führt und das einfache Leben seines Gastgebers damit vollkommen durcheinander zu wirbeln droht...

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    Éric Besnard hat ein verlässliches Händchen dafür, Entspannung einzufangen: Nach dem Vorspann, der aus einer Montage technologischen Fortschritts und geschäftigen Großstadtalltags besteht, sind die statischen Gebirgspanoramen, die den eigentlichen Film eröffnen, eine regelrechte Wohltat. Und obwohl die Kennlerndialoge zwischen Pierre und Vincent arg grobschlächtig die Differenzen zwischen dem hibbelig-gesprächigen Geschäftsmann und seinem in sich ruhenden Gastgeber skizzieren: Die non-verbale Charakterzeichnung wird durch pointierte, selbsterklärende Momentaufnahmen vorangetrieben, die tatsächlich Lust auf eine Auszeit machen.

    So wackelt Vincent beim Omelett-Lunch unter freiem Himmel unruhig mit den Beinen, wohingegen Pierre genüsslich seine blanken Füßen in den Rasen gräbt. Darüber hinaus gibt Komponist Christophe Julien beiden Hauptfiguren und ihren eigenen Heimatwelten eine eigene Klangfarbe, womit der Graben zwischen ihnen subtil vergrößert wird. Ist die Kennlernphase zwischen den Protagonisten erst einmal überwunden, gewinnen auch die Dialoge zwischen ihnen an Witz: Vincents übereifrige Bemühungen und Pierres bemüht-freundliches Granteln werden von Lambert Wilson („Benedetta“) und Grégory Gadebois („Coup De Chance“) sympathisch, glaubhaft und kurzweilig vermittelt.

    Der Superunternehmer Vincent (Lambert Wilson) ist ganz begeistert von der schlicht-guten Küche.

    Statt sich jedoch auf diese zwar simple, aber kohärente Oberflächlicher-Manager-trifft-auf-knurrenden-Einsiedler-Prämisse zu beschränken, legt Besnard immer weiter nach: Vincent enthüllt, dass sein Besuch noch tiefere Beweggründe hat – und Pierre erwidert, das eh alles von Beginn an durchschaut zu haben. So wirkt der Simplizität und Entschleunigung predigende „Die einfachen Dinge“ ironischerweise schnell selbst überfrachtet: Die schlichte Dynamik zwischen den zwei ungleichen Dickschädeln wird verkompliziert und zunehmend unglaubwürdiger. Das hemmt auch das komödiantische Potential des Films.

    Ohne ihre klaren, gegensätzlichen Profile kommen den Figuren ihre Neckereien nur noch halb so überzeugend von den Lippen. Zudem drängt sich die Frage auf, weshalb Pierre seinen durchschauten Gast überhaupt bei sich duldet. Die schleichend entstehende Freundschaft wirkt daher völlig aus dem Hut gezogen – und dann macht Besnard immer noch mehr Nebenhandlungsstränge auf! So entsteht etwa ein Liebesviereck zwischen Vincent, Pierre und der regelmäßig von ihm bekochten Camille (Marie Gillain), die zwar einen Freund hat, sich aber von Vincents Selbstbewusstsein bezirzen lässt, was Pierre wiederum eifersüchtig macht.

    Zu viele Nebenhandlungsstränge verderben den Brei

    Speziell dieser Subplot bekommt viel zu wenig Zeit eingeräumt, als dass sich tatsächlich so etwas wie Romantik entwickeln könnte. Und der Humor, den Besnard aus dem Eifersuchtsszenario zieht, wirkt ebenfalls arg bemüht – mal ganz abgesehen davon, dass Marie Gillain („Goliath“) in ihrer rein auf das Objekt der Begierde reduzierten Rolle sichtlich unterfordert ist. Ein weiterer nur sporadisch hochkochender Handlungsstrang rund um den Fakt, dass der arrogante Vincent eigentlich Schauspieler werden wollte, dafür aber nicht genug Selbstbewusstsein (?!) hatte, wirkt in dieser reduzierten Form sogar glatt wie ein Überbleibsel aus einer früheren Drehbuchfassung.

    All diese beiläufigen Einfälle belegen paradoxerweise, dass weniger halt oft doch mehr ist – denn erst auf der Zielgeraden, wenn „Die einfachen Dinge“ doch noch zu seiner Ur-Idee zurückkehrt, sprühen wieder die komödiantischen Funken zwischen den Hauptdarstellern. Eine denkwürdige Lektion darüber, wie viel Entspannung denn nun für ein gutes Leben nötig sei und wann man es mit der Zurückhaltung lieber bleiben lassen sollte, bleibt Besnard uns jedoch bis zum Schluss schuldig. Über Kalenderspruchniveau kommt „Die einfachen Dinge“ auch in seinen besten Momenten nicht hinaus – die haben stattdessen vor allem satte Schmunzler sowie hübsche Feld-, Wald-, Wiesen- und Bergpanoramen zu bieten.

    Fazit: „Die einfachen Dinge“ ist eine Buddy-wider-Willen-Dramödie mit zwei überzeugenden Hauptdarstellern und einem fahrigen Drehbuch, das leider seine eigene „Weniger ist mehr“-Botschaft immer wieder ignoriert.

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