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    Woodwalkers
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Woodwalkers

    Die (nächste) deutsche Antwort auf "Harry Potter"?

    Von Julius Vietzen

    Eine magische Parallelwelt, eine Schule für junge Menschen mit außergewöhnlichen Kräften und mittendrin einige Jugendliche, die allerlei Abenteuer erleben: „Harry Potter“ hat das Muster vorgegeben, nach dem in den letzten zwei Jahrzehnten zahlreiche weitere Young-Adult-Geschichten gestrickt wurden. Dazu gehört auch die „Woodwalkers“-Reihe von Bestseller-Autorin Katja Brandis, die allein in Deutschland mehr als 2,4 Millionen Mal verkauft wurde. Und wie bei so vielen dieser YA-Erfolgsgeschichten hat auch hier eine Verfilmung nicht lange auf sich warten lassen.

    Doch auch wenn auf dem Papier die nötigen Zutaten (also magische Parallelwelt, magische Schule und magische Jugendliche) vorhanden sind, um „Woodwalkers“ neben den „Die Schule der magischen Tiere“-Superhits zu einer weiteren deutschen Antwort auf „Harry Potter“ zu machen, geht die Mischung bei der Verfilmung von Regisseur Damian John Harper trotz guter Ansätze nicht auf. Zu oberflächlich bleibt der Blick in die fantastische Welt der Woodwalkers und zu holperig die Umsetzung der Geschichte.

    Jay (Emilie Chérif) musste sich lange verstellen, aber jetzt darf er endlich wieder dazu stehen, dass er ein Woodwalker ist. Studiocanal
    Jay (Emilie Chérif) musste sich lange verstellen, aber jetzt darf er endlich wieder dazu stehen, dass er ein Woodwalker ist.

    Seit er von Anna Ralston (Hannah Herzsprung) und ihrer Familie adoptiert wurde, hat Jay (Emilie Chérif) ständig das Gefühl, irgendwie nicht richtig dazuzugehören. Als er und seine Mutter die Einladung der Direktorin Lissa Clearwater (Martina Gedeck) annehmen, ihre Schule im US-Bundesstaat Wyoming zu besuchen, offenbart sich auch der Grund dafür: Jay, der in Wahrheit Carag heißt, ist ein Woodwalker, genauer gesagt ein Pumawandler – er kann also zwischen seiner Gestalt als Mensch und als Puma wechseln. Ins Haus seiner Adoptionsfamilie ist er einst freiwillig gezogen, um mehr über die Menschen zu erfahren.

    Erst an der Clearwater High kann er nun endlich er selbst sein. Hier bekommt er Verwandlungs- und Kampfunterricht – und lernt andere Woodwalker kennen, darunter Eichhörnchenwandlerin Holly (Lilli Falk), Bisonwandler Brandon (Johan von Ehrlich) und Lou (Sophia Lelenta), die sich in ein Wapiti verwandeln kann. Als er den Schulgründer und Unternehmer Andrew Milling (Oliver Masucci) trifft, entdeckt Jay, dass es auch Woodwalker gibt, die den Menschen feindselig gegenüberstehen – und ihnen am liebsten gewaltsam die Vorherrschaft über die Erde entreißen wollen...

    Trotz frischem Ansatz doch vor allem Altbekanntes

    „Woodwalkers“ erinnert zwar an „Harry Potter“, dreht die Geschichte des bebrillten Zauberlehrlings aber gewissermaßen auf den Kopf: Jay alias Carag entdeckt nicht auf einmal, dass er ein Woodwalker ist, sondern war schon immer Teil dieser Parallelwelt und musste sein Geheimnis vor seiner Adoptivfamilie hüten. Allerdings schöpfen Regisseur Damian John Harper und Drehbuchautor David Sandreuter das Potenzial dieser Prämisse nicht aus, sondern erzählen ab dem Zeitpunkt, wenn Carag an der Clearwater High angenommen wird, eine arg austauschbare Young-Adult-Story.

    Das zeigt allein ein Blick auf die Figurenkonstellation, die schon sehr an „Harry Potter“ und Co. erinnert: Nicht nur legt sich Carag direkt mit einer Gruppe Wolfswandler-Bullys an, die ihn als Katze natürlich überhaupt nicht ausstehen können. Er findet auch eine selbstbewusste beste Freundin (Holly), einen trampeligen besten Freund (Brandon) – und verliebt sich auf den ersten Blick in Lou, während zugleich immer wieder betont wird, dass Pumawandler wie Carag noch mal viel besonderer sind als die anderen Woodwalkers. Das typische Du-bist-der-Auserwählte-Narrativ zündet hier jedoch überhaupt nicht, weil „Woodwalkers“ nie wirklich vermittelt, was so wichtig an Carag ist und warum sich alle so sehr um ihn reißen.

    Selbst unter den Woodwalkern sind Pumwandler noch mal etwas ganz Besonderes. Studiocanal
    Selbst unter den Woodwalkern sind Pumwandler noch mal etwas ganz Besonderes.

    Und auch sonst bleibt der Blick in die magische Parallelwelt der Gestaltwandler zu oberflächlich. Während Hogwarts schon in „Der Stein der Weisen“ von 2001 zu faszinierendem Leben erwachte, bleibt die Clearwater High eine völlig austauschbare Designer-Hotel-Kulisse, die nur aus einer Außenansicht, einem Klassenzimmer, einem Cafeteria-Pausenhof sowie dem gemeinsamen Zimmer von Carag und Brandon zu bestehen scheint. Der Großteil der Handlung trägt sich hingegen in Wäldern und auf Wiesen zu – wobei die Kamera von Peter Joachim Krause in Österreich, Deutschland und Südtirol (die als Ersatz für Wyoming dienen) durchaus einige spektakuläre Panoramabilder einfängt.

    Telepathische Tierwandler

    Deutlich weniger spektakulär sind hingegen die zahlreichen Szenen mit Tieren geraten, die Regisseur Damian John Harper mal mit an eine Natur-Doku erinnernden Aufnahmen, mal mit trainierten Tieren und mal mit sparsam eingesetzten computeranimierten Verwandlungen umsetzt. Das ist zwar jeweils grundsätzlich gut gelungen, ergibt aber nur selten eine organische Mischung, sodass die verschiedenen Einstellungen in einer Szene manchmal wie aus völlig verschiedenen Filmen wirken.

    Und sobald die Tiere mal nicht wie im Unterricht einfach nur herumstehen müssen, sondern Action gefragt ist, wird die Luft recht schnell sehr dünn. Ein nächtlicher Kampf zwischen Carag und den Wolfswandler-Bullys entpuppt sich etwa als Fehlschlag, weil Harpers Inszenierung komplett statisch bleibt und er nur über den Schnitt und die Voiceover-Dialoge der jungen Darsteller*innen Dynamik zu erzeugen versucht. Die Woodwalkers sprechen als Tiere nämlich nicht miteinander, sondern kommunizieren telepathisch.

    Die CGI-Szenen sind in „Woodwalkers“ durchaus gelungen, Vergleiche mit viel, viel teureren Hollywood-Blockbustern wären ja auch echt unfair. Studiocanal
    Die CGI-Szenen sind in „Woodwalkers“ durchaus gelungen, Vergleiche mit viel, viel teureren Hollywood-Blockbustern wären ja auch echt unfair.

    Gerade die Tierform-Telepathie wirkt in „Woodwalkers“ jedoch häufig unfreiwillig komisch, wozu auch die hier und da etwas unbeholfenen Dialoge und die nicht immer ganz souveränen Schauspielleistungen ihren Teil beitragen. So springt der emotionale Funke leider nicht über. Fast könnte man sich an das computeranimierte „Der König der Löwen“-Remake erinnert fühlen, bei dem häufig die im Vergleich zum Zeichentrick-Original emotionsarmen Tiergesichter kritisiert wurden. Allerdings stand Jon Favreau für sein Disney-Remake natürlich ein ungleich höheres Budget zur Verfügung.

    Mit einem gelungenen Finale reißt Damian John Harper dann aber zumindest auf der Zielgeraden noch mal einiges raus. Hier steht nicht nur zum ersten Mal überhaupt wirklich etwas auf dem Spiel, es findet auch der bereits in der ersten Szene des Films angedeutete Öko-Terrorismus-Plot seinen (vorläufigen) Abschluss – während Harper zugleich die Tür für die bereits angekündigten Fortsetzungen „Woodwalkers 2“ (deutscher Kinostart: 23. Oktober 2025) und „Woodwalkers 3“ (1. Oktober 2026) sperrangelweit offen lässt.

    Fazit: Regisseur Damian John Harper gelingt es nicht, in „Woodwalkers“ eine ähnliche faszinierende und packende Einschulungs-Geschichte wie im großen Vorbild „Harry Potter“ zu erzählen. So ist der erste Abstecher in die Gestaltwandler-Parallelwelt eher eine Enttäuschung – mal schauen, ob es die bereits angekündigten Sequels (dann mit „Die Schule der magischen Tiere 2 + 3“-Regisseur Seven Unterwaldt) besser hinkriegen.

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