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    Trenque Lauquen Teil 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Trenque Lauquen Teil 2

    … und noch weiter hinein ins Labyrinth

    Von Lucas Barwenczik

    Achtung: Dies ist eine Fortsetzung der Kritik zu „Trenque Lauquen I“. Wenn Sie den ersten Teil des Textes noch nicht gelesen haben, geht es hier zum Anfang der Kritik.

    Die Darsteller spielen derart dramatische Entwicklungen sehr zurückhaltend, eher enigmatisch als ausdrucksstark. Oft scheint es, sie wollten selbst vor allem eine Oberfläche präsentieren. Was über sie erzählt wird, ist manchmal näher an ihrem Wesen als ihre physische Präsenz. Sie selbst sind sie vor allem dann, wenn sie abwesend sind. Die Abgründe des Films offenbaren sich nie aus einem Moment oder aus einem Einzelbild, nie allein aus den anwesenden Figuren, sondern erst aus dem Zusammenspiel zwischen ihnen.

    Der Film ist auch eine Sammlung wiederkehrender Ideen und Objekte. Alles findet irgendwann seinen Reim, jedes Detail kehrt irgendwann zurück. Manchmal wirkt es, als wäre das Drehbuch eine dieser Pinnwände, auf denen Verschwörungen mit Fotos und roten Bindfäden nachgewiesen werden. Wenn man ein Gespräch, von dem man vor etwa zwei Stunden einige Satzfetzen gehört hat, plötzlich im ursprünglichen Kontext hört, ist das allerdings durchaus befriedigend. Es ist eine Poesie des Vernetzten für das Internetzeitalter, auch wenn sich die Figuren bei ihrer Recherche doch lieber auf klassische Mittel verlassen. Bücher bilden die Grundtextur des Films.

    Am Ende der Suche steht die Freiheit – und ein Pferd in einer leeren Landschaft.

    In „Trenque Lauquen“ finden Form und Ressourcen zusammen: Wer wie das hier tätige Filmkollektiv wenig Geld hat, der sucht sein Heil eben in einer ungewöhnlichen Struktur. Literatur kommt mit günstigeren Mitteln aus. Geschickt baut Laura Citarella ein eigenes Universum aus Worten, Landstraßen und einer Handvoll Innenräumen. Besonders aufregend sieht der Film dadurch allerdings nie aus, allen sanften Lichteinfällen und verträumten Naturaufnahmen zum Trotz. Tatsächlich schaut man auf manche Bilder wie auf eine Fototapete, der Blick gleitet ab. Eine lange Passage des Films ist fast eine Art Podcast. Worte, Worte, nichts als Worte – auf Dauer ermüdend.

    Zuletzt wird der Film stiller. Die Worte verschwinden, die komplexe Erzählform weicht einer großen Unmittelbarkeit. In der Ruhe nach dem Sturm will niemand mehr etwas von Laura. Nicht einmal geliebt werden. Sie kann einfach sein, läuft durch Landschaften, in denen höchstens noch ein paar Kühe grasen. Fast wird sie selbst ein Tier, schläft auf dem nackten Boden und ernährt sich von dem, was sie in der Wildnis findet. Es entsteht eine Freiheit, die erst schön und dann schnell irgendwie leer erscheint. Das Publikum hat vom Film gelernt, und sehnt sich nach einer neuen Geschichte.

    Fazit: „Trenque Lauquen“ ist eine Odyssey, die Kraft kostet, aber mit dem Gefühl belohnt, das am Ende von jeder langen Reise steht. Dieser Bücher-Film ist eine Lektüre wert.

    Wir haben „Trenque Lauquen“ beim Cologne Film Festival 2022 gesehen.

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