Der legendäre Manga/Anime kommt endlich auf die große Leinwand!
Von Ulf LepelmeierZwischen 1990 und 1996 erschienenen insgesamt 31 Bände von Takehiko Inoues Sport-Manga „Slam Dunk“. Die Erzählung über das Basketballteam der Shohoku High School wurde zunächst im Weekly Shōnen Jump Magazin publiziert und von einer 105-teiligen Anime-Serie sowie vier ca. 40-minütigen Animationsfilmen begleitet. Der riesige Erfolg von Manga und Anime verlieh dem Basketballsport in den 1990er in Japan einen immensen Popularitätsschub. Nach Abschluss des Mangas sollte es dann allerdings noch fast drei Jahrenzente dauern, bis es der Stoff nun endlich auch auf die große Leinwand schafft – und das, obwohl Toei Animation den Manga-Schöpfer bereits direkt nach dem Ende der Serie zu einem Kinofilm überreden wollte.
Doch der Autor und Illustrator gab dem Animationsstudio immer wieder einen Korb, bis ihn ein neues Animations-Konzept letztlich doch noch überzeugen konnte: Die besondere Verbindung zwischen 2D- und 3D-Cel-Shading-Elementen, die Takehiko Inoue nun bei „The First Slam Dunk“ als Regisseur anwendet, lässt die Manga-Seiten – gerade was die zentralen Szenen auf dem Spielfeld betrifft – quasi als Animationsfilmentsprechung auf dynamische Weise lebendig werden. Dafür gab es bei den Japanese Academy Awards 2023 bereits den Preis als Bester Animationsfilm (noch vor solcher hochkarätigen Konkurrenz wie etwa „Suzume“). Dabei ist der Film nicht nur etwas für nostalgische „Slam Dunk“-Fans, sondern weiß auch Basketball-Freunde sowie Sportmanga-Neulinge mitzureißen.
Es musste erst ein neuartiger Animationsstil erfunden werden, damit Takehiko Inoue der Verfilmung seiner Mangas zustimmt.
Nach dem tragischen Verlust seines älteren Bruders, mit dem er die Leidenschaft für den Basketballsport teilte, kämpft der zurückhaltende 17-jährige Ryota Miyagi mit Trauer und Selbstwertproblemen. Mit seinen Freunden aus dem Team der Shohoku High School hat es Ryota als Point Guard mittlerweile bis zum erträumten Finale der Inter High School National Championship geschafft. Nun muss das eingeschworene Team der scheinbar unschlagbaren Mannschaft der Sannoh High School als klare Außenseiter gegenübertreten. Doch die fünf Teammitglieder treten entschlossen aufs Feld und speziell Ryota wird alles geben, um den Traum der Meisterschaft für ihn und seinen verunglückten Bruder wahrwerden zu lassen…
Im Bewusstsein, dass die Hochzeit der „Slam Dunk“-Popularität nun schon mehrere Jahrzehnte zurückliegt, entschied sich der hier auch als Drehbuchautor und Regisseur tätige Takehiko Inoue dazu, „The First Slam Dunk“ so zu gestalten, dass der Film auch für sich selbst stehen kann. So dreht sich der Film zwar vor allem um das finale Basketballspiel der Manga-Reihe, aber trotzdem verpasst Inoue diesem einen frischen Fokus, indem er nun Ryota Miyagi mit seiner Trauergeschichte ins Zentrum stellt, während Sakuragi Hanamichi, der aufbrausende Protagonisten der Manga-Reihe, nur als Nebenfigur auf dem Spielfeld auftaucht.
Das Publikum bekommt zu Beginn sowie in Erinnerungssequenzen während des Spiels insbesondere Ryotas traurig-dramatische Story als emotionalen Background für das spannungsgeladene High-School-Duell präsentiert: Gerade dessen ambivalente Beziehung zu seiner alleinerziehenden Mutter und seine Kindheit in Okinawa werden auf gelungen-emotionale Weise nachgezeichnet und verleihen dem Film so die benötigte Tiefe. Dass die anderen Teammitglieder und damit auch der frühere „Slam Dunk“-Star Sakuragi mit nur einzelnen Rückblenden etwas kurz kommen, ist dabei verständlich.
All der Inhalt der vielen Manga-Seiten und Anime-Episoden, in denen die fünf jungen Spieler auf ihrem Weg zu diesem entscheidenden Spiel damals begleitet und vorgestellt wurden, kann schließlich in 124 Minuten nicht komplett untergebracht werden. Das Finale der nationalen High School Meisterschaft bietet in „The First Slam Dunk“ dann aber dennoch all die erhofften emotionalen Hochs und Tiefs sowie die geballte Geschwindigkeit und Dramatik, die einen guten Sport-Anime ausmachen.
Selbst wenn in einem 124-minütigen Film nicht ganz so viel über jeden einzelnen Spieler erzählt werden kann wie in 105 Anime-Episoden, wächst einem die Mannschaft der Shohoku High School schnell ans Herz.
Im Vorspann des Films verwandeln sich die Skizzen von Takehiko Inoue zunächst in 2D-Zeichnungen der fünf Spieler des Teams der Shohoku High School, bevor sich diese dann zu 3D-Modellen weiterentwickeln. So wird die Überführung der handgezeichneten Anime-Figuren in die neue 3D-Cell-Shading-Optik noch einmal vor den Augen des (neu dazugestoßenen) Publikums nachvollzogen. Die Animationen der Figuren, insbesondere aber ihre Bewegungsabläufe auf dem Feld, sind extrem gelungen – und das, obwohl die Optik des Mangas weitestgehend beibehalten wird. Die damals noch zweidimensionalen Figuren werden nun mit all den heutigen Cel-Shading-Möglichkeiten (für eine neue Generation) zum dynamischen Leben erweckt.
Einzelaktionen der Spieler von Richtungswechseln, Dribbling-Sequenzen bis hin zu Slam Dunks sind flüssig und glaubwürdig animiert. Die Inszenierung mit einer Kombination aus schnellen Bewegungen und Zeitlupenaufnahmen, Zooms auf die Augen oder den Ball, lassen einen das Spiel mit all seiner Action und Dramatik miterleben. Hochdynamisch visualisiert wird das Game zur großen Freude für Basketballfans. Allerdings ist auch auffällig, dass die Zuschauer*innen zu einer gesichtslosen 3D-Masse verschwimmen, wenn sich die Handlung auf die Vorgänge auf dem Spielfilm konzentriert und die Hintergründe dabei merklich weniger Beachtung erhalten. Gerade in den letzten Sekunden des Spiels holt Inaou aus der Animations-Technik aber nochmal wirklich alles heraus und sorgt so spätestens beim plötzlichen Aussetzen der Musik für einen finalen Moment höchster Anspannung.
Fazit: „The First Slam Dunk“ punktet mit einem ganz eigenen Animationsstil, der dem Basketballmatch eine große Dynamik sowie gleichzeitig eine Optik nahe am Manga verleiht. Basketball-Interessierte sowie Kenner*innen der Manga-Reihe werden hier ganz sicher auf ihre Kosten kommen – und auch (Noch-)Nicht-Fans werden hier abgeholt, solange sie nicht generell allergisch auf Sportveranstaltungen reagieren.