Das phantastische Zeichentrick-Abenteuer „Bernard & Bianca“ gehört mit zu den beliebtesten Werken aus dem Hause Disney. Ein letztes Mal arbeiteten die alten Künstler des traditionellen Disney-Zeichentrickstudios zusammen und bescherten dem Publikum erstklassige Unterhaltung für Jung und Alt.
Auf einer Flaschenpost hin wird die internationale Mäuserettungsgesellschaft alarmiert. Ein kleines, elternloses Mädchen namens Penny bittet um Hilfe. Sie wurde von der skrupellosen Madame Medusa aus dem Waisenhaus entführt. Die galante Mäusedame Bianca und der scheue Mäusehausmeister Bernard machen sich auf die Suche nach ihr. Eine Spur führt sie in die dunklen Sümpfe der Teufelsbucht…
Die große Beliebtheit von „Bernard & Bianca“ hat gute Gründe. Als abschließende Zusammenarbeit der großen und bekannten Zeichner des Disneystudios versprüht der Film quasi als letzter seiner Art noch einmal in bester Manier den klassischen Charme altbekannter Meisterwerke, wie Dumbo oder Das Dschungelbuch. Dem gegenüber steht eine spannende, humorvolle Abenteuergeschichte, die zwar den wiederkehrenden Richtlinien Disneys treu bleibt, auf zu viel Süßlichkeit oder den moralischen Rundumschlag aber verzichtet.
Die beiden Animationsveteranen Frank Thomas und Ollie Johnston sehen in „Bernard & Bianca“ ihr bestes Werk ohne Walt Disneys direkte Beteiligung. Der Film hält einige nette Details bereit. Die internationale Mäuserettungsgesellschaft befindet sich beispielsweise im UN-Gebäude und dort hängt eine Mickey Maus Uhr an der Wand. Die Animationen und Hintergrundzeichnungen sind einfach, aber ansprechend gestaltet. Die südstaatliche Sumpflandschaft eignet sich hervorragend für die Kulisse eines spannenden Abenteuerfilms und dank der richtigen Erzählweise, können sogar Erwachsene wirklich fesselnd unterhalten werden.
Die Story ist einfach gehalten und wird schnörkellos erzählt, sodass auch Kleinkinder keine Verständnisprobleme bekommen. Ein Totenkopf, ausweglose Situationen und die böse Madame Medusa sowie ihre beiden Krokodile lassen das Geschehen für die ganz Kleinen fast unerträglich spannend werden. Der Rezensent erlaubt sich, an dieser Stelle ein eigenes Kindheitserlebnis in Erinnerung zu rufen: Bei Ansicht der Szene, in der die kleine Penny in ein Loch hinab muss, um den Diamanten zu holen, schloss der damals noch achtjährige Autor angsterfüllt seine Augen, bedeckte sie noch einmal sicherheitshalber mit den Händen und wurde von dem Bedürfnis erfüllt, sich hinter dem Sofa zu verstecken: ein so einschneidendes Erlebnis, dass es auch noch nach nunmehr vielen Jahren im Gedächtnis geblieben ist.
Ursprünglich sollte Cruella DeVil von „101 Dalmatiner“ als Bösewicht zurückkehren, es wurde dann aber doch die Madame Medusa der Literaturvorlage von Margery Sharp genommen, die somit nicht ohne Grund stark an die gemeine Frau DeVil erinnert. „Bernard & Bianca“ war bis zum Kinorelease von „Das Dschungelbuch 2“ auch der einzige Disney-Zeichentrickfilm, der ob seines Erfolges, mit „Bernard & Bianca im Känguruland“ eine ziemlich gute Fortsetzung bekam, welche es in die Kinos schaffte und nicht direkt auf Video veröffentlicht wurde.
Schöne Musik, ein netter Zeichenstil, eine spannende Geschichte und sympathische Helden machen aus „Bernard & Bianca“ einen der besten Zeichentrickfilme Disneys. Bei all der Spannung und Abenteuerlichkeit fehlen auch die heiteren Einlagen nicht, welche nie zu albern, dafür aber umso angenehmer wirken. Ein humoristischer Höhepunkt ist der Albatros Orville, der in der deutschen Synchronisation von Harald Juhnke gesprochen wird. Im Deutschen werden die Lieder von Wencke Myhre gesungen und stehen den Originalgesängen zum Glück in nichts nach. „Someone’s waiting for you“ bekam eine Oscarnonierung als bester Song und reiht sich damit nahtlos in die Serie von oscarnominierten und auch bedachten Liedern aus den Disneyfilmen ein.
„Bernard & Bianca“ ist ein Spaß für die ganze Familie und immer wieder empfehlens- und sehenswert.