Mein Konto
    Champions
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Champions

    Sympathisch, aber allzu harmlos

    Von Michael S. Bendix

    Im Fantasy-Genre greift die Retromanie schon seit Längerem um sich: Egal ob „Super 8“, der Netflix-Erfolg „Stranger Things“ oder „Summer of '84“ – Filme und Serien, die Erinnerungen an die eigene Sozialisation in den Achtzigern und Neunzigern hervorrufen und Jüngeren eine Ahnung davon vermitteln, wie es sich „damals“ angefühlt haben könnte, sind nicht totzukriegen. Auffällig ausgenommen von diesem Trend ist allerdings bisher die Hollywood-Komödie: Abgesehen von „Vacation – Wir sind die Griswolds“ und „Dumm und dümmehr“ gab es in den letzten Jahren wenig Bemühungen, auch im Humor-Bereich an die Nostalgie zu appellieren – vielleicht, weil das, was früher als lustig galt (siehe auch „Manta Manta 2“), schwerer in den aktuellen Zeitgeist zu übersetzen ist als Science-Fiction und Monstergeschichten. Bezeichnenderweise hat zuletzt auch „Ghostbusters: Legacy“ die Comedy-Wurzeln der Originalfilme ausgeklammert, um ein Kinder-Abenteuer à la „Stranger Things“ zu erzählen.

    Doch das scheint sich nun zu ändern: Ein „Die nackte Kanone“-Reboot mit Liam Neeson ist angekündigt, Rob Reiner arbeitet an einem „Spinal Tap“-Sequel, Eddie Murphys Comeback als „Beverly Hills Cop“ steht in den Startlöchern – und auch, wenn es sich bei „Champions“ nicht um eine verspätete Fortsetzung handelt, verströmt schon die Verpackung des Films jede Menge Throwback-Vibes: Auf einem Plakat der Sportkomödie blicken uns Cartoon-Versionen von Woody Harrelson und Cheech Marin (vom Kiffer-Comedy-Duo Cheech & Chong) mit überdimensionierten Köpfen entgegen. Und die Regie hat Bobby Farrelly („Dumm und Dümmer“, „Verrückt nach Mary“) übernommen, der gemeinsam mit seinem Bruder Peter die US-Komödie der 90er-Jahre geprägt hat wie kaum ein anderer Filmemacher. Aber kann es tatsächlich noch einmal so lustig werden wie damals?

    Nachdem Marcus Marokovich (Woody Harrelson) den Job als Coach zunächst nur widerwillig annimmt, fühlt er sich seinem Team doch schnell tief verbunden.

    Im Remake des spanischen Films „Wir sind die Champions“ von 2018 spielt Woody Harrelson den Basketballtrainer Marcus Marokovich. Zwar träumt der Assistenz-Coach von einem Job in der NBA, doch seine Unbeherrschtheit schiebt den Karriereambitionen jäh einen Riegel vor: Nachdem er bei einem Spiel gegenüber dem Cheftrainer handgreiflich wird und sich anschließend betrunken hinters Steuer setzt, hat er die Wahl zwischen einer Gefängnisstrafe – oder 90 Tagen gemeinnütziger Arbeit.

    Marcus soll ein Team von Spieler*innen mit geistiger Behinderung coachen und auf ein kommendes Spiel vorbereiten. Um dem Knast zu entgehen, nimmt er die Aufgabe – zunächst noch widerwillig – an. Doch schon bald schließt er seine neuen Schützlinge ins Herz. Und dass er in der Schwester von Spieler Johnny (Kevin Iannucci) seine ehemalige Tinder-Bekanntschaft Alex (Kaitlin Olson) wiedererkennt, macht ihm den Aufenthalt in der Kleinstadt in Iowa ebenfalls angenehmer…

    Bringen‘s weiße Jungs inzwischen doch?

    An zwei andere Filme denkt man bei „Champions“ fast unweigerlich: Zum einen „Weiße Jungs bringen's nicht“ (1992), Ron Sheltons Meisterwerk des Hangout-Movies, in dem Woody Harrelson vor rund 30 Jahre schon einmal mit Basketball-Skills glänzen konnte. Und natürlich „Kingpin“ (1996), die andere Farrelly-Sportkomödie mit Woody Harrelson und ihre bis dato letzte Zusammenarbeit. Gerade im direkten Kontrast offenbaren sich jedoch mehr Unterschiede als Gemeinsamkeiten. Natürlich war früher nicht alles besser: „Kingpin“ wäre mit Sicherheit nicht weniger lustig geworden, wenn er seine weibliche Hauptfigur weniger sexualisiert hätte. Aber er ist angetrieben von einer Lust am Absurden, die sich schon andeutet, wenn man den Film in einer Ein-Satz-Synopsis zusammenfasst: Ein Bowling-Profi (Harrelson) verliert bei einer betrügerischen Wette nicht nur Geld, sondern auch seine Hand - und trifft 17 Jahre später auf einen weltfremden Amish (Randy Quaid), dessen Gemeinde vor dem finanziellen Ruin steht und der sich als Bowlingtalent entpuppt.

    Woody Harrelson arbeitet 25 Jahre nach „Kingpin“ erneut mit Regisseur Peter Farrelly zusammen.

    Anstatt sich auf dem Naheliegenden auszuruhen, schlägt „Kingpin“ in durchgehend hohem Tempo eine Volte nach der anderen, und wartet dabei mit einem Protagonisten auf, der nicht unbedingt sympathisch oder integer sein muss, damit wir mit ihm fiebern. In „Champions“ dagegen ist das Feld in den ersten zehn Minuten so klar abgesteckt, dass kaum noch Raum für potenzielle Überraschungen bleibt: Wir ahnen, dass sich hinter der raubeinigen Fassade von Marcus im Grunde ein guter Kerl versteckt – selbst dann, wenn er sich vor Gericht ein diskriminierendes Wort für Menschen mit Behinderung erst verkneifen muss. Wir wissen, was er im Folgenden zu lernen hat und welcher Weg ihm bevorsteht, damit er zu einem besseren Menschen wird und erkennt, dass es wichtigere Dinge gibt als äußerlichen Erfolg.

    Und so kommen sie dann auch, die Zweifel am alten Lebensmodell, die Erkenntnis, dass in allen Menschen besondere Talente und Fähigkeiten schlummern, die Motivationsrede und die Rückschläge kurz vor Schluss, die die neuen Einsichten kurzzeitig doch noch mal auf den Prüfstand stellen. Das alles kommt wie bestellt. Natürlich haben diese Tropen grundsätzlich ihre Berechtigung, und viele von ihnen sind auch auf die spanische Vorlage zurückzuführen. „Champions“ ist ein gefälliger, liebenswürdiger, bemerkenswert unzynischer Film, der in seiner inklusiven Absicht wenig Angriffsfläche bietet und die Annäherung zwischen dem mürrischen Coach und seiner neuen Mannschaft bisweilen wirkungsvoll rührselig illustriert.

    Wie an die Leine gelegt

    Dennoch wünschte man sich im Verlauf der immerhin zwei Stunden, Farrelly würde sich innerhalb des eng abgesteckten narrativen Rahmens etwas freier bewegen. Nahezu jede Sequenz ist in ihrer Funktion der Reise des Protagonisten untergeordnet, während der Film die Comedy-Potenziale des Stoffes weitgehend ungenutzt lässt. Wenn etwa Spielerin Cosentino (Madison Tevlin) die übrigen Teammitglieder dazu anstiftet, in voller Ski-Montur die Flure eines Hotels unsicher zu machen, stehen die Zeichen kurz auf Eskalation – doch anstatt loszulassen, schneidet Farrelly auf Harrelsons irritiertes Gesicht, um wenige Sekunden später ganz wegzublenden.

    „Champions“ führt seine Gags selten aus, sondern begnügt sich damit, ihre Idee in den Raum zu stellen. Das lässt ihn seltsam gehemmt wirken, und es stellt sich zwangsläufig die Frage, wie so ein Film wohl vor 30 Jahren ausgesehen hätte. Vielleicht bekommen wir ja eine Ahnung davon, wenn die Farrelly-Brüder bei ihrem nächsten Projekt „Dear Santa“ nach fast einem Jahrzehnt endlich mal wieder gemeinsame Sache machen.

    Fazit: Mehr als 25 Jahre nach „Kingpin“ haben sich Bobby Farrelly und Woody Harrelson wieder für eine Sportkomödie zusammengetan, doch die ungestüme Energie und der abwegige Humor vergangener Tage bleiben in diesem Remake eines spanischen Kinoerfolgs außen vor. „Champions“ schert zu selten aus seinen vorhersehbaren Bahnen aus, um nicht nur sympathisch, sondern auch interessant zu sein.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top