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    Resurrection
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Resurrection

    Kinderfresser gibt es nicht nur in Märchen

    Von Teresa Vena

    Das Skript zu „Ressurection“ stand einige Jahre lang auf der berüchtigten Black List der „vielversprechendsten, aber nicht verwirklichten Drehbücher“, bevor es mit der Umsetzung auch dank namhafter Stars wie Rebecca Hall und Tim Roth schließlich doch noch klappte. In einem Interview anlässlich der Premiere beim Filmfestival in Sundance verriet Autor und Regisseur Andrew Semans („Nancy, Please“) nun, dass ihn vor allem zwei Dinge zu seinem wahrhaft abgründigen Psycho-Thriller inspiriert hätten:

    Zum einen sollte es um den Beschützerinstinkt von Eltern gegenüber ihren Kindern gehen – ein Thema, das ihn schon immer stark beschäftigt hätte. Zum anderen erlebte er allerdings auch aus nächster Nähe mit, wie eine Freundin von ihm in einer toxischen Beziehung mit einem Mann feststeckte, der sie auf raffinierte Weise manipulierte und demütigte. Diese beiden Zutaten hat Semans nun mit „Resurrection“ in eine ebenso originelle wie abgefuckte Form gebracht.

    In Margaret (Rebecca Hall) brechen mit dem Auftauchen von David (Tim Roth) all die alten Traumata wieder auf…

    Margaret (Rebecca Hall) ist alleinerziehende Mutter und erfolgreiche Karrierefrau. Es läuft alles, wie es soll. Ihre Tochter Abbie (Grace Kaufman) wird bald zur Uni gehen und ausziehen. Margaret ist dabei eine übervorsichtige Mutter, die ihre Tochter zu regelmäßigen ärztlichen Vorsorgeuntersuchungen schickt und zum Beispiel auch nicht will, dass Abbie Fahrrad fährt, weil sie sich dabei verletzen könnte. Das vermeintliche familiäre Idyll wird allerdings abrupt gestört, als ein Mann aus Margarets Vergangenheit auftaucht.

    Mit 19 hatte sie sich damals vom Charme des mehr als 20 Jahre älteren David (Tim Roth) schmeicheln lassen. Nach einer kurzen, aber intensiven Phase fühlte sich Margaret allerdings von ihm eingeengt und von seinen wahnartigen Vorstellungen manipuliert. Was sie noch bei ihm hielt, war nur der gemeinsame Sohn Ben. Doch als dieser unter mysteriösen Umständen verschwand, ergriff sie die Flucht. 22 Jahre später sucht sie David nun also wieder auf und behauptet, auch Ben dabei zu haben, der sich nichts mehr wünsche, als seine Mutter endlich wiederzusehen…

    Atmosphäre vor Plot

    Sadisten könnten nicht verstehen, wieso andere ihren Sadismus nicht genauso genießen würden wie sie selbst, erklärt Margaret im Gespräch einer jungen Kollegin mit Beziehungsproblemen. Sie solle sich wehren, ihr Freund wolle sie offensichtlich klein halten, das dürfe sie sich nicht gefallen lassen… Dass Margaret sehr genau weiß, wovon sie spricht, erfährt man früh genug. Rebecca Hall spielt die hilfsbereite und selbstbewusste, aber auch etwas enigmatisch wirkende Margarete mit einer überzeugenden Entschlossenheit und körperlichen Präsenz. Der „The Town“-Star ist immer dann am stärksten, wenn sie nicht die pseudo-feministischen Parolen aus dem Drehbuch aufsagen muss, sondern stattdessen wortlos die wachsende Anspannung ihrer Figur ausdrücken kann. Den Dialogen haften nämlich leider eine gewisse Plattheit und ein fehlgeleitetes emanzipatorisches Bemühen an.

    Die Stärke des Films liegt stattdessen im Erzeugen einer stimmungsvoll-rätselhaften Atmosphäre. Geschickt lässt er einen als Zuschauer*in ziemlich lange daran zweifeln, ob es sich bei Margarets Angst um eine ganz persönliche Paranoia handelt oder ob der Mann aus ihrer Vergangenheit tatsächlich eine reale Bedrohung für sie darstellt. Reagiert sie vielleicht über oder dreht sie sogar durch? Im ersten Moment steht man deshalb auch Margarets Tochter Abbie näher, die von den Panikattacken und dem Kontrollwahn ihrer Mutter überfordert ist. Die Rolle des Soziopathen, bei dem man nicht genau weiß, ob er einfach nur Freude daran hat, Margaret zu quälen, oder ob er tatsächlich an den Unsinn glaubt, den er da verzapft, ist Tim Roth („Pulp Fiction“) auf den Leib geschnitten. Er verkörpert David mit einem verschmitzten Lächeln, einem starren Blick, dem man nicht ausweichen kann, sowie einer klaren, entschlossenen Stimme – ein wenig versteht man da schon, wieso sich Margaret schon vor 22 Jahren seinem Einfluss nicht entziehen konnte.

    Das Trauma des Mutterseins

    Auf einmal verliert diese Frau also die Kontrolle, die ihr im Leben doch das Allerwichtigste zu sein scheint. Ist es Zufall, dass David gerade dann auftaucht, wenn Abbie kurz vor ihrem Eintreten ins Erwachsenenalter steht und schon bald die Mutter für ein eigenes Leben verlassen wird? Die Geschichte verbildlicht die existentiellen Ängste, die Eltern überwältigen können, wenn es um ihre Kinder geht. Aus dieser Perspektive wirkt David wie ein böswilliger Agent von Margarets Unterbewusstsein. Um dieses Trauma darzustellen, hat Andrew Semans tief in seinen morbidesten Fantasiegedanken geforscht und bedient sich zusätzlich beim Bildinventar satanischer Kulte. Bis auf die doch ziemlich abgedrehte Schlussszene des Films und einen einzigen, wenn auch recht effektiven Backoffen-Schockmoment spielt sich der Horror allerdings vor allem im Off ab.

    Der Höhepunkt ist dabei ein etwa sieben Minuten langer Monolog, in dem Margaret trocken von ihrer unglaublichen Vergangenheit mit David erzählt. Das klingt so unglaublich, dass sie selbst Mühe hat, an den Wahrheitsgehalt zu glauben. Doch David beharrt darauf: Er hat ihr gemeinsames Kind damals aufgegessen! Es befindet sich nun in seinem Bauch – noch immer lebend und sich nichts anderes wünschend, als dass die Mutter wieder zur Familie stößt. Wie Margaret ist auch der Zuschauer hin- und hergerissen. Das kann doch nicht stimmen – aber was, wenn doch? Dann darf sie das Kind nicht noch einmal im Stich lassen…

    Motivisches Durcheinander

    Doch was will „Resurrection“ eigentlich genau sein? Ist es ein persönliches Drama mit Reflexion über die Mutterrolle, eine weibliche Emanzipationsgeschichte, ein psychologischer Thriller oder vielleicht gar ein Body-Horrorfilm? Es könnte sein, dass dies selbst dem Regisseur nicht so ganz klar ist. Auf jeden Fall fügt er viele unterschiedliche Elemente zusammen, die den Stoff entschieden aus der Form ziehen. Mehr Disziplin hätte dem Film da vielleicht nicht geschadet.

    Fazit: Feministisches Drama über toxische Beziehungen oder völlig durchgeknallter Body-Horror um gefressene Kinder, die in den Bäuchen ihrer Peiniger weiterleben? „Resurrection“ bietet auf jeden Fall etwas vollkommen Unerwartetes und Neues, selbst wenn er dabei eine Menge Dinge zusammenschmeißt, die nichts zwangsläufig auch alle zusammenpassen.

    Wir haben „Resurrection“ im Rahmen des Sundance Filmfestival gesehen, wo er im Januar 2022 seine Weltpremiere feierte.

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