Dave Grohl killt seine Foo Fighters
Von Christoph PetersenImmer wieder werden Horrorfans von der Inspiration geküsst. Dann trommeln sie an den Wochenenden ihre Bekannten zusammen, um einen Film zu drehen, in den sie all das hineinpacken, was sie selbst an dem Genre so sehr lieben. Den Ergebnissen sieht man zwar das Herzblut an, das in sie hineingeflossen ist – und trotzdem werden in den allermeisten Fällen nur Familienmitglieder und Freund*innen wirklich begeistert sein. Wie bei einem Schulkonzert, bei dem die Eltern schon bei ein paar getroffenen Tönen in Ekstase geraten.
Der von BJ McDonnell inszenierte Splatter-Spaß „Studio 666“ ist ebenfalls aus einer Laune heraus als halbprofessionelles Projekt gestartet – um dann doch noch zur waschechten Studioproduktion auszuarten, weil es sich bei dem von der Muse geküssten Horrorfan diesmal um niemand Geringeren als Foo-Fighters-Frontmann Dave Grohl handelt. Aber zum Glück hat der ehemalige Nirvana-Schlagzeuger als Rock-Superstar ja Millionen von Fans – und zumindest die können mit seiner bisweilen unnötig zerdehnten, dabei unerwartet blutigen Retro-Horror-Komödie durchaus ihre Freude haben.
Dave Grohl stößt auf der Suche nach einem neuen Sound für die Foo Fighters auf eine dämonische Entität.
Dave Grohl (als er selbst) steckt beim Komponieren der Songs für das zehnte Album der Foo Fighters in einer tiefen Schaffenskrise. Sein Manager (Jeff Garlin) schickt ihn und seine Bandkollegen deshalb für die Aufnahmen in ein seit Jahren leerstehendes Anwesen, in dem sich einst ein grausames Verbrechen abgespielt hat. So soll die passende Atmosphäre für den neuen Sound der Foo Fighters sichergestellt werden.
Allerdings lauert in dem Haus tatsächlich eine dämonische Gefahr, die speziell Dave Grohl heimzusuchen scheint: Statt verschiedene Songs fürs Album zu komponieren, arbeitet der Frontmann nur an einem einzigen Stück, für das er sogar ganz neue Tonarten erfindet und das schon bald auf eine Länge jenseits der 45-Minuten-Marke anschwillt. Aber die Besessenheit zeigt sich nicht nur in der Musik – sondern auch in seinem plötzlichen Heißhunger auf rohes Fleisch…
Als Inspiration für „Studio 666“ diente die Location selbst, die im fertigen Film auch wirklich etwas hermacht. Dave Grohl hat dazu im Interview mit FILMSTARTS verraten: „Die Idee kam mir ziemlich schnell, als wir unser Album ‚Medicine At Midnight‘ in diesem alten Anwesen aufgenommen haben, das dann auch im Film zu sehen ist. Jemand hatte zuvor schon mal zu mir gesagt, dass wir einen Horrorfilm machen sollten, aber ich hielt das für eine furchtbare Idee. Doch dann waren wir plötzlich in diesem alten Haus und ich dachte mir, dass wir es einfach machen sollten. Die Idee war ja auch super einfach: Die Band fängt mit den Aufnahmen an, das Haus ist verflucht, ich werde besessen und bringe alle um…“
Leider hat sich die zunächst so simple Idee auf dem Weg zum fertigen Skript von Jeff Buhler („Friedhof der Kuscheltiere“) und Rebecca Hughes („Der Vulkan“) noch unnötig verkompliziert. So frisst der Plot jetzt mehr Zeit, als es dem mit Teufelsmusik angereicherten Mix aus „Amityville Horror“ und „Tanz der Teufel“ (das Necronomicon spielt auch hier eine zentrale Rolle) guttut. Nach den starken ersten Minuten (= eine Hammer-Rückblende plus Retro-Vorspann mit einer Original-Komposition von Slasher-Gott John Carpenter) dauert es im Anschluss viel zu lange, bis es mal so richtig losgeht – und dann zieht sich auch das große Finale noch mal gefühlt endlos hin. Zumal die Foo Fighters durch die Bank auch viel zu hüftsteif agieren, um solche Hänger im Plot zu überspielen.
Die Nachbarin hat zur Begrüßung Kuchen - und einige grausame Geheimnisse - mitgebracht.
Zumindest geben sich die sechs Rockstars, die erst mal ihre Frauen, Kinder und Großmütter um Erlaubnis fragen müssen, ob sie für die Albumaufnahmen zwei Wochen wegbleiben dürfen, angenehm uneitel. So schläft der ständig Chips mampfende Pat Smear ganz selbstverständlich auf dem Küchentresen, weil er kein eigenes Zimmer mehr abbekommen hat – und der von Will Forte gespielte Essenslieferant nennt die Foo Fighters seine zweitliebste Band, gleich nach Coldplay. Gerade Fans der Band werden an diesen selbstironischen Spitzen sicherlich ihren Spaß haben – selbst wenn auch diese Pointen natürlich noch besser zünden könnten, wenn sie nicht die ganze Zeit wie auswendig gelernt und aufgesagt klingen würden.
Mit BJ McDonnell wurde der Macher mehrerer Slayer-Musikvideos für „Studio 666“ angeheuert. Der hat vorher nur einen Spielfilm als Regisseur verantwortet – und zwar das Slasher-Sequel „Hatchet III“ um den axtschwingenden Sumpf-Mörder Victor Crowley. Und wie „Hatchet III“ punktet nun auch „Studio 666“ nicht unbedingt mit Spannung, aber dafür zumindest mit saftigen und vor allem handgemachten Splatter-Einlagen. Also bloß nicht vergessen, vor dem Sex unter dem Bett nachzusehen! Sonst liegt da womöglich noch ein diabolisch grinsender Dave Grohl und sägt euch mitten im Akt mit einer Motorsäge einmal komplett der Länge nach durch…
Fazit: Ein Retro-Horror-Spaß mit einigen überraschend deftigen Splatter-Szenen – wobei man schon Fan von den Foo Fighters und speziell Dave Grohl sein sollte, um bei dem vielen Leerlauf sowie den doch eher hüftsteif vorgetragenen Gags nicht zwischendrin die Lust zu verlieren.