Gut drei Jahre nach „Denn zum Küssen sind sie da“ („Kiss The Girls“) ermittelt Polizeipsychologe Alex Cross ein zweites Mal in einem verzwickten Enführungsfall. „Im Netz der Spinne“ zieht diesmal der Neuseeländer Lee Tamahori die Fäden, was dem Film gut tut, denn das Prequel nach dem Roman von James Patterson ist deutlich besser als die 98er Variante von Gary Fleder.
Ein spektakulärer Kidnappingfall bringt zwei gebrochene Charaktere zusammen. Die junge Secret-Service-Agentin Jezzie Flannigan (Monica Potter) hat einen Einsatz gehörig vermasselt. Zwei Jahre lang leitete sie Überwachung und Schutz einer Prominentenschule. Dann wurde die kleine Senatorentochter Megan (Mika Boorem) entführt - vor Jezzies Augen. Der psychopathische Soneji (gut: Michael Wincott), der sich als Lehrer eingeschlichen hatte, schickt Polizeiermittler Alex Cross (Morgan Freeman) Hinweise zu dem Fall. Der anerkannte Experte leidet aber immer noch daran, dass bei einem Lockvogeleinsatz unter seiner Leitung eine Kollegin zu Tode kam. Cross und Flannigan werden trotzdem auf den Entführer angesetzt...
„Im Netz der Spinne“ beginnt als grundsolide Genre-Kost. Alles läuft in mehr oder weniger vorhersehbaren Bahnen ab. Trotzdem kann der ehemalige Independent-Regisseur Tamahori („Die letzte Kriegerin“, „Nach eigenen Regeln“) Spannung aufbauen. Das Tempo ist flott, die kriminalistische Puzzlearbeit interessant zu verfolgen. Doch nach und nach mausert sich Tamahoris dritte US-Produktion zu einem Thriller mit doppeltem Boden. Verzwickte, überraschende Wendungen, ein weiteres Drehen an der Temposchraube halten Film und Zuschauer auf Trab. Zur Belohnung gibt’s noch eine starke Schlusspointe, die nur bei sehr genauem Mitdenken zu erahnen wäre. Natürlich bietet „Im Netz der Spinne“ nichts wirklich Neues (die Telefonhatz-Aktion aus „Die Hard With A Vengance“ wurde eins zu eins übernommen) , sondern variiert nur die Strickmuster des Genres. Aber allein die souveräne Galavorstellung des charismatischen Morgan Freeman als scharfsinniger Profiler ist das Eintrittsgeld wert. Monica Potter („Con Air“, „Patch Adams“) hat es somit naturgemäß schwer, an Freemans Seite zu bestehen, was auch nicht immer ganz gelingt. Dankenswerterweise hat Tamahori darauf verzichtet, die nicht allzu glaubhafte Affäre, die Cross und Flannigan in Pattersons Romanvorlage beginnen, zu übernehmen.
Alles in allem ist „Im Netz der Spinne“ ein überdurchschnittlicher Thriller, der qualitativ sogar besser als der Vorgänger „Denn zum Küssen sind sie da“ (mit Ashley Judd) ist. Und das Ende der Figur Alex Cross ist noch nicht abzusehen. Schließlich warten noch vier weitere Krimis von James Patterson auf ihre Verfilmung...