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    Lift
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Lift

    Netflix‘ Goldraub in 12.000 Metern Höhe!

    Von Lutz Granert

    Im Genre der Heist-Movies, in denen die möglichst exakte Planung und Durchführung möglichst raffinierter Diebstähle mit einigen überraschenden Wendungen im Mittelpunkt stehen, ist es spätestens seit Steven Soderberghs „Ocean’s“-Trilogie schwer, in Sachen Eleganz und Star-Power noch einen draufzusetzen. Das wusste wahrscheinlich auch Zack Snyder, als er dem Genre stattdessen mit einer postapokalyptischen Horror-Kulisse neue Impulse gab: In „Army Of The Dead“ schickte er 2001 für Netflix eine Gruppe von Söldner*innen in ein von Zombies überranntes Las Vegas, um dort 200 Millionen Dollar aus dem Safe eines Casinos zu klauen.

    Mit „Lift“ legt derselbe Streamingdienst nun unter der Regie von „Fast & Furious 8“-Regisseur F. Gary Gray eine weitere Eigenproduktion vor, die mit einem betont waghalsigem Coup versucht, sich von anderen Heist-Thrillern abzuheben. Aber im Gegensatz zu „Army Of The Dead“ gelingt das diesmal nur phasenweise – und das liegt neben einem weitgehend austauschbaren Ensemble um Kevin Hart, der seit 2021 mit seiner eigenen Produktionsfirma exklusiv für Netflix arbeitet, vor allem am überbordenden Einsatz qualitativ stark durchwachsener CGI-Effekte.

    Die Meisterdiebe müssen für ihren luftigen Coup immer wieder tief in die Trickkiste greifen. Netflix
    Die Meisterdiebe müssen für ihren luftigen Coup immer wieder tief in die Trickkiste greifen.

    Bei einer Kunst-Auktion in Venedig gelingt dem Team des raffinierten Meisterdiebs Cyrus (Kevin Hart) ein brillanter Coup: Nachdem er meistbietend das NFT-Kunstwerk „Self Important“ ersteigert hat, entführt er den für das Werk verantwortlichen Digitalkünstlers N8 (Jacob Batalon) kurzerhand, um so den Marktwert sprunghaft ansteigen zu lassen.

    Doch die Interpol-Ermittlerin Abby Gladwell (Gugu Mbatha-Raw) kommt den Gaunern schnell auf die Schliche. Sie verspricht Cyrus aber Amnestie, wenn er ihr erfolgreich dabei hilft, einen geplanten Deal zwischen dem skrupellosen Bänker Lars Jorgensen (Jean Reno) und der terroristischen Hackergruppe Leviathan zu sabotieren. Keine einfache Aufgabe, denn es geht um Goldbarren im Wert von 500 Millionen Dollar, die unentdeckt aus einer Passagiermaschine während des Flugs von London nach Zürich gestohlen werden müssen...

    Die Effekte machen selbst coole Ideen kaputt

    Die ersten zehn Minuten von „Lift“ legen ordentlich Tempo vor: Der Raub des mit 482 Kameras ausgestatteten Kunstwerks, das die 30 Sekunden rund um seinen Kauf in einem Live-Feed festhält, sowie die anschließende Verfolgungsjagd durch die Kanäle von Venedig sind – auch durch den Einsatz einer AR-Brille – raffiniert eingefädelt und waghalsig geschnitten. Erst ein schnell hochgefahrener CGI-Hochwasserschutz in der Bucht bereitet der Hatz ein jähes Ende. F. Gary Grey setzt hier und auch im letzten Filmdrittel, wenn nach einer halben Filmstunde kniffliger Vorbereitung der nächste große Coup in luftiger Höhe steigt, häufig auf moderne Technik-Gimmicks – die dann jedoch mit Hilfe halbgarer Effekte mehr schlecht als recht präsentiert werden.

    Der mit riesigem Bildschirm ausgestattete Unterboden eines Flugzeugs ist zwar eigentlich eine originelle Idee, aber ebenso wie die frostige Alpenflugplatz-Kulisse wird das alles so mies getrickst, dass es statt cool einfach nur unfreiwillig komisch wirkt. Netflix hat den ursprünglich für August 2023 vorgesehenen „Lift“-Start wahrscheinlich vor allem wegen des Gewerkschaftsstreiks in den USA verschoben – aber man hätte die vier extra Monate trotzdem gern noch für ein wenig CGI-Feinschliff nutzen dürfen. Aber auch abseits der CGI-Probleme bleibt die allenfalls solide Prügel- und Baller-Action an Bord des Flugzeugs, das mit waghalsigen Manövern für zusätzlichen Wirbel sorgt, kaum nachhaltig im Gedächtnis.

    Auch wenn Cyrus (Kevin Hart) die besten Leute um sich geschart hat, geht nicht immer alles glatt. Netflix
    Auch wenn Cyrus (Kevin Hart) die besten Leute um sich geschart hat, geht nicht immer alles glatt.

    Ähnliches gilt für die Gauner-Charaktere, die gerade im Vergleich zur „Ocean’s“-Reihe, „The Italian Job“ oder eben „Army Of The Dead“ doch arg unterentwickelt bleiben. Kevin Hart grimassiert als George-Clooney-Ersatz sich besonders bei schmierigen Flirts mit Abby wenig charmant durch den Film, während Sam Worthington („Avatar: The Way Of Water“) als ihr stets angepisst dreinschauender Arschloch-Agentenkollege gleich komplett profillos bleibt. Charakterkopf Vincent D’Onofrio („Echo“) kommen in seinem kleinen Part als vor allem mit seiner Bart-Maskerade hadernder Verkleidungskünstler ohnehin nur wenige Minuten Screentime zu.

    David Proud gehören noch die stärksten Momente, wenn sich der an den Rollstuhl gefesselte Brite mit großer Spielfreude und süffisanter Dreistigkeit in einem Café einen Gratis-Cappuccino ergaunert oder später einer zweifelnden Mitarbeiterin der Flugsicherheit Diskriminierung unterstellt. Drehbuchautor Daniel Kunka („Zwölf Runden“) ist bei seinem wendungsreichen, mit einigen kunstbeflissenen Dialogen und einer Handvoll gelungener Pointen angereicherten Skript also noch der geringste Vorwurf zu machen.

    Fazit: Der leidlich unterhaltsame Heist-Thriller „Lift“ kokettiert mit einem spektakulären Coup – entpuppt sich aber aufgrund reißbrettartiger Charaktere und mieser CGI-Effekte als ziemliche Luftnummer.

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