Denzel Washington liefert sein Regiedebüt und setzt dabei eine viel versprechende Geschichte in den Sand, in dem er seinen Protagonist unnötig stark heroisiert und eine pathetische Inszenierung über die eigentliche Kraft der Geschichte stellt.
Nachdem der Navy-Soldat Antwone Fisher (Derek Luke) zum wiederholten Male durch Aggressionen gegenüber seinen Kameraden aufgefallen ist, wird er nicht nur degradiert und mit Landausgangsverbot belegt, sondern auch zum Marine-Psychiater Jerome Davenport (Denzel Washington) geschickt. Dort schweigt Fisher sich zunächst aus. Erst nach und nach schafft Davenport es mit geschickten Tricks, den jungen Mann aufzutauen und zum Reden zu bringen. Er hört eine erschütternde Geschichte über einen Jungen, der im Gefängnis geboren wurde und während seiner ganzen Jugend von seiner Adoptivmutter geschlagen und von der Stiefschwester vergewaltigt wurde. Ein Leben, das die Hölle war, bis Fisher irgendwann in die Navy eintrat.
Davenport gewinnt nach und nach Fishers Zutrauen, das soweit geht, dass Fisher ihn schließlich als Ersatzvater betrachtet. Der Psychologe erreicht sogar, dass sein Patient sich zum ersten Mal wieder in eine Frau verliebt und mit Cheryl (Joy Bryant) glückliche Stunden verbringt. Doch als Fisher mit der Truppe für längere Zeit in Mexiko ist und dort von einigen Kameraden aufgezogen wird, weil er nichts mit den mexikanischen Nutten anfangen will, schlägt seine Gewaltbereitschaft wieder durch...
Die Geschichte, die hinter dem Film steht, ist mittlerweile weithin bekannt: Der echte Antwone Fisher arbeitete als Wachmann bei den Sony Studios. Eines Tages kam die Geschichte seines Lebens einem der Produzenten des Studios zu Ohren. Der überredete Fisher sie aufzuschreiben. Das Drehbuch zum Film entstand. Denzel Washington bekam die Hauptrolle angeboten, doch er empfand das Thema als zu wichtig, als dass er nur vor der Kamera agieren wollte. Er übernahm zum ersten Mal in seinem Leben die Regie, spielte statt der Hauptrolle nur einen Nebenpart und lieferte einen Film ab, „der allen zeigen soll, dass es einen Ausweg gibt“.
Dass die Geschichte von Antwone Fisher wirklich so authentisch ist, wie man dem Zuschauer weismachen will (worum sich auch die ganze Bonus-Sektion der DVD dreht) ist allerdings nach dem Ende des Films mehr als fraglich. Es scheint mehr so, als hätte sich hier ein Mann zu Lebzeiten selbst ein Denkmal gesetzt. Die viel versprechend beginnende Story entwickelt sich viel zu schnell zu einer unglaubwürdigen Wunderheilung. Da steht ein Mensch im Mittelpunkt, der in seinem Leben alles durchgemacht hat, was man sich an Schrecklichem nur vorstellen kann, und daraus wird nach ein paar Sitzungen mit einem Psychotherapeuten jemand, der nicht nur urplötzlich alle seine Probleme im Griff hat, sondern Dank seiner Intelligenz eine Fremdsprache nach der nächsten lernt (u.a. Japanisch, das sicherlich nicht allzu einfach ist), eine Frau fürs Leben findet, seine alte Familie wieder aufsucht, in ihren Kreis aufgenommen wird und mit ihnen ein großes Aussöhnungsfest feiert. Ganz nebenbei heilt er auch noch seinen Psychiater, der bei seinem Einsatz für die Patienten seine eigenen Familienprobleme verdrängt hat. Irgendwann werden all diese Wunder einfach zu viel. Die durchgehende Heroisierung des Protagonisten und das Ausblenden fast jeglicher kritischer Töne gegenüber der Hauptfigur sind phasenweise nur schwer erträglich.
Mit Derek Luke, einem ehemaligen Kameraden des echten Antwone Fisher, hat man zwar eine hervorragende Besetzung für die Hauptrolle gefunden, aber das rettet den Film nicht. Luke, der bis dato nur ein paar Statistenrollen in alten TV-Serien hatte, zeigt eine unglaubliche Dominanz auf dem Bildschirm und agiert wie Washington in seinen besten Rollen. Zu Recht wurde seine Performance mit einigen Preisen ausgezeichnet. Regisseur Denzel Washington spielt sehr angenehm zurückhaltend und überlässt dem Jungstar das Feld, doch auch dies macht den Film leider nicht zu einem guten Film.
Washingtons völlig überfrachtetes Werk wird von unerträglichem Pathos förmlich überschwemmt. Da dient gegen Ende jede Kameraeinstellung, jeder Ton des Scores scheinbar einzig und allein dazu dem Zuschauer zu zeigen, was für ein Held Antwone Fisher ist. Solche Szenen werden zum Schluss mehr und mehr aneinandergereiht, fast so als wollte man, dass es auch der Letzte kapiert. Denzel Washington scheut sich dabei auch nicht mit aller Gewalt auf die Tränendrüse zu drücken.
“Antwone Fisher” hätte ein starkes Portrait eines Mannes werden können, der trotz gesellschaftlicher und privater Widrigkeiten sein Leben in den Griff bekommt, doch scheinbar war diese Aufgabe für den Regiedebütanten Denzel Washington zu schwierig. Statt sich auf das Leiden seiner Hauptfigur zu konzentrieren, inszeniert er diese wie einen Übermenschen, der plötzlich nicht nur sein Leben meistert, sondern gleich auch allen Leuten um ihn herum hilft. Zudem ruiniert zu viel Pathos jede Geschichte, egal wie authentisch sie ist, und was Washington in seiner - vor allem im Mittelteil und am Ende zu lang gewordenen - Erzählung an Pathos auffährt, ist unglaublich.