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    Introduction
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Introduction

    Eine Fingerübung – und dann?

    Von Christoph Petersen

    Die reduzierten Filme des südkoreanischen Festivalkino-Lieblings Hong Sang-soo haben immer etwas ungemein Flüchtiges an sich. Die ersten Minuten seiner Werke, die zu einem beträchtlichen Teil aus Gesprächen bestehen, bei denen sich die Protagonist*innen unter dem zunehmenden Einfluss der koreanischen Nationalspirituose Soju um Kopf und Kragen reden, wirken deshalb auch oft wie lockere Fingerübungen – mit Schwenks und Zooms, von denen Filmschulabsolvent*innen schon in der ersten Stunde lernen, dass sie da eigentlich nicht hingehören. Aber dann macht es meist – ziemlich schnell – „Klick“!

    Dann fügen die sich gegenseitig spiegelnden und kommentierenden Miniatur-Ellipsen langsam zu einem ungemein klugen, tief berührenden und oft auch schelmisch-komischen Ganzen – so geschehen in Hongs zahlreichen Meisterwerken wie „On The Beach At Night Alone“ oder „The Woman Who Ran“. Ob es nun daran liegt, dass in „Introduction“ mit Ausnahme eines Besäufnisses in einem Strandhotel vornehmlich Kräutertee statt Soju getrunken wird, lässt sich so leicht natürlich nicht sagen. Aber zum ersten Mal in der weit mehr als 20 Langfilme umfassenden Filmographie von Hong wartet man diesmal vergebens darauf, dass es irgendwann „Klick“ macht.

    Youngho (Shin Seokho) will eigentlich zu seinem Vater - aber stattdessen gibt es dann doch erst mal eine Zigarette mit der Sprechstundenhilfe.

    Der nur 66 Minuten kurze „Introduction“ besteht aus – je nach Zählweise – drei bis fünf Miniaturen: In Korea wartet der Teenager Youngho (Shin Seokho) in einer Akupunkturpraxis, dass sein Arzt-Vater endlich Zeit für ihn hat. Stattdessen kommt er aber nur mit der Sprechstundenhilfe, die er schon seit Kindertagen kennt, ins Gespräch…

    Später steht seine Freundin Juwon (Mi-so Park), die in Deutschland Mode studieren will, vor einem Haus in Berlin, in dem ihr ihre Mutter eine Unterkunft bei einer Künstler-Freundin (Kim Min-Hee) vermittelt hat. Die macht Juwon mit ihrem Erfolg und ihrer Schönheit aber nur noch mehr Angst vor dem anstehenden Studium. Youngho reist seiner Freundin unterdessen spontan hinterher…

    Noch einmal später wird er von seiner Mutter zu einem Essen mit einem berühmten Theaterstar zitiert. Der soll ihm dabei helfen, seine Angst vor gespielten Küssen zu überwinden und doch noch professioneller Schauspieler zu werden…

    Trostlos wie der Potsdamer Platz

    Das Wiedersehen zwischen Youngho und Juwon hat Hong Sang-soo nicht nur am Potsdamer Platz, ohnehin einem der trostlosesten Orte der Hauptstadt, sondern dort auch noch vor einer besonders trostlosen Fassade gedreht. Dazu kommt eine digitale Low-Res-Fotografie, die man korrekterweise schon nicht mehr als schwarz-weiß, sondern wohl eher als schwarz-matschgrau bezeichnen müsste. Hong hat mit dem Saju offenbar auch gleich noch dem Sentimentalen abgeschworen, das sonst immer in seinen Filmen mitschwingt. „Introduction“ ist hingegen roher und kälter als alles, was er bisher gemacht hat.

    Das macht es sicherlich nicht leichter, sich auf den Film einzulassen. Aber so viel gibt es dann auch ehrlicherweise gar nicht zu entdecken. Sicherlich arbeitet Hong auch diesmal wieder viel mit Spiegelungen und Wiederholung, frühere Gesprächsthemen oder ganze Dialogfetzen werden plötzlich von ganz anderen Figuren an ganz anderen Orten in ganz anderen Kontexten fortgesponnen, sogar einzelne Gesten und Blicke werden später wieder aufgegriffen. Da muss man als Zuschauer*in trotz der kurzen Spieldauer immer auf der Hut bleiben – und dennoch bleibt die Erkenntnis aus.

    Juwon (Mi-so Park) hat Glück, dass sie über ihre Mutter gleich eine Wohnung in Berlin gefunden hat.

    Ob sich der Titel nun ganz banal auf die Bekanntmachung mit der Künstlerin in Berlin oder dem Theaterschauspieler in Korea bezieht – oder ob es nicht am Ende doch vielmehr darum geht, dass die Mütter von Youngho und Juwon ihre Kinder in ein (Erwachsenen-)Leben einführen wollen, das die beiden sich aber eigentlich ganz anders vorstellen, ist leider egal. Tiefer als ein Sinnspruch stößt Hong – trotz einiger, für seine Verhältnisse aber vergleichsweise weniger zauberhafter Momente – nicht vor. Zumal man diesmal wirklich das Gefühl bekommen kann, dass es sich bei den einzelnen Episoden um eine Aneinanderreihung von Outtakes aus anderen, besseren Hong-Filmen handelt.

    Fazit: Ein Film nur für Fans des Regisseurs, die seine Filmographie möglichst komplett gesehen haben wollen. Als Introduction in das herausragende Werk von Hong Sang-soo bieten sich hingegen zahlreiche andere Film sehr viel besser an.

    Wir haben „Introduction“ im Rahmen der Berlinale 2021 gesehen, wo er in den offiziellen Wettbewerb eingeladen wurde.

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