Kellnerin „Slim“ (Jennifer Lopez) ist unzufrieden. Mit sich selbst, ihrem Job, vor allem aber mit der Männerwelt. Doch plötzlich betritt dieser schnuckelige Typ (Noah Wyle), der vor ein paar Tagen schon da war, das Restaurant, lächelt charmant und schon stupst Slims Kollegin Ginny (Juliette Lewis) sie an. Gesagt, getan: Es wird geflirtet.
Doch plötzlich dreht sich der Gast hinter dem vermeintlichen Charmeur um und entlarvt diesen als Mistkerl, der Slim nur für eine Wette ins Bett zerren wollte. Mitch (Bill Campbell) heißt der edle Ritter und kurze Zeit nach diesem Ereignis sind Slim und er ein glückliches Ehepaar. Bis Slim eines Tages herausfindet, dass Mitch sie nicht nur betrügt, sondern auch höchst unschöne Seiten an sich hat. Er schlägt sie, benutzt die gemeinsame Tochter Gracie (Tessa Allen) als Druckmittel und schreckt scheinbar vor nichts zurück. Slim bleibt nur noch die Flucht ...
Michael Apted bewies 1994 mit „Nell“, dass er feinfühlige Dramen inszenieren kann und schob fünf Jahre später mit Die Welt ist nicht genug’ einen ähnlichen Beweis im Action-Genre hinterher. Offenbar kam der Mann, der ein kleines bisschen aussieht wie Sylvester Stallone, jetzt auf die Idee, beides miteinander zu vermischen und erzählt mit Genug’ die eher unprätentiöse Geschichte einer vom Schicksal gebeutelten Frau. Und dabei geht es von Anfang an schwer klischeebeladen zu. Scheidungswunder Jennifer Lopez profiliert sich als Prototyp einer Single-Kellnerin, die auf Noah Wyle („Emergency Room“) fliegt, der zwar aussieht wie Schwiegermutters Liebling, aber selbstredend ein Machoschwein ist. Zufällig ist der etwas reifere, aber immer noch knackige Gentleman Bill Campbell in der Nähe, der sein Erbgut durch das Gehabe des makellosen Ehemannes schmackhaft macht. Zu dumm, dass Frau nach mehreren Jahren Ehe feststellen muss, dass die Männer doch alle gleich sind und aus dem scheinbar fehlerlosen Traummann ein wirklicher Kotzbrocken geworden ist, der seine Frau ausnutzt und seine physische Überlegenheit gnadenlos ausspielt.
Das alles klingt unausstehlich platt und im weiteren Verlauf vorhersehbar? Ist es auch! Trotzdem ist „Genug“ ein gelungener Film. Das liegt zum einen an Apteds Gespür für das Erzählen von Geschichten und zum anderen an den Schauspielern. Allen voran Jennifer Lopez beweist hier nach „The Cell“ erneut, dass sie vielleicht besser schauspielern kann als singen und nicht nur für Schlagzeilen in der Boulevardpresse taugt. Sie spielt die einsame, verzweifelte Frau so ernst und glaubhaft, wie es im Rahmen dieser scharf umrissenen Klischeewelt eben möglich ist. Bill Campbell seinerseits chargiert in seiner Rolle als personifizierte Antipathie, fühlt sich dabei sichtlich wohl und passt ins Konzept. Ein Konzept, das, einmal ins Rollen gebracht, von ganz alleine zu einem Ende kommt, denn erzählerische Kniffe gibt es keine. Wer den Trailer kennt, wird nach den ersten zehn Minuten in der Lage sein, den Rest der Handlung nahezu fehlerfrei vorherzusagen; alle anderen nach spätestens einer halben Stunde. Die Geschichte selbst macht auch gar nicht den Reiz dieses wenig subtilen Rachefeldzugs aus, sondern der Erzählstil. Apted fokussiert stets das Wesentliche, bleibt immer dicht an seiner Hauptfigur, erzählt die Geschichte schnörkellos von Anfang bis Ende und wenn er Actionszenen einsetzt, dann sitzen sie.
Nun muss jedoch jeder Film – sei er auch noch so schön erzählt – zu einem Ende kommen und der Weg zu den Credits führt über die Geschichte. Wie bereits erwähnt, weist „Genug“ in diesem Bereich starke Defizite auf und die spürt man am Ende deutlich. Wenn es zum unvermeidlichen Showdown zwischen Slim und Mitch kommt, wirft Drehbuchautor Nicholas Kazan alle moralischen Bedenken über Bord und stilisiert den ohnehin schon unsympathischen Mitch zum vielleicht größten Widerling seit J. R. Ewing. In den letzten Minuten überschlagen sich die Ereignisse und Plattitüden dermaßen, dass es dem Zuschauer nahezu unmöglich gemacht wird, das Ganze noch ernst zu nehmen; besonders, da es sich eigentlich um ein äußerst ernst zu nehmendes Sujet handelt. Hier hatte Apted schon mehr Fingerspitzengefühl ...
Ich würde niemandem widersprechen wollen, der „Genug“ in Teilen als geschmacklos bezeichnet. Apted und Kazan behandeln das Thema Gewalt im Allgemeinen und Gewalt gegen Frauen im Speziellen so plump, als handle es sich um ein Wahlkampfthema und schlagen dabei gerade in den letzten Minuten gehörig über die Stränge. Wer sich daran nicht stört und von der Geschichte keine Überraschungen erwartet, wird jedoch mit einem spannenden und gut gespielten Thriller ohne große Längen unterhalten.