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    Ernst sein ist alles
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Ernst sein ist alles
    Von Carsten Baumgardt

    Oscar Wilde hat es Regisseur Oliver Parker offenbar angetan. Nach „Ein perfekter Ehemann“ wagt sich der Brite mit der amüsanten Lustspiel-Farce „Ernst sein ist alles“ an seine zweite Wilde-Adaption. Locker und leicht geht Parker zu Werke, ohne die Handlung zwanghaft zu modernisieren. Zwar fehlt der Tiefgang des Vorgängers, dafür ist der Film unterhaltsamer.

    Um die zwei befreundeten Gentleman-Schlawiner Jack Worthing (Colin Firth) und Algy Moncrieff (Rupert Everett) kreist die Geschichte der beiden, die viel zu sehr mit dem Charmieren und dem Erfinden von Ausreden beschäftigt sind, um allzeit ihrer Verantwortung gerecht zu werden. So soll sich Jack auf dem Lande eigentlich um seine junge romantische Nichte Cecily (Reese Witherspoon) kümmern. Er reist aber viel lieber unter dem falschen Namen Ernst nach London. Derweil nimmt Algy unablässig vor gesellschaftlichen Verpflichtungen oder Gläubigern Reißaus und gibt sich dabei auf dem Lande selbst schon mal als Ernst aus. Mit ihren Notlügen und Dampfplaudereien können die Herrschaften freilich vielleicht noch Algys rebellische Cousine Gwendolen Fairfax (Frances O'Connor) einwickeln, die sich nur zu gern von Jack (alias Ernst!) erobern lassen möchte. Doch niemand im Bunde kann Lady Bracknell (Judi Dench), der mächtigen Mutter von Gwendolen, etwas vormachen. Und als lauter echte Liebende mit manch falschem Namen auf dem Landsitz von Jack und Cecily zusammentreffen, gerät der amüsante Reigen um vertauschte Identitäten, gesellschaftliche Gesetze und geschliffene Worte zum komödiantischen Wirbelwind...

    Oliver Parker, dem ein überschaubares Budget von 15 Millionen Dollar zur Verfügung stand, setzt in seiner romantisch-historischen Boulevard-Komödie „Ernst sein ist alles“ auf klassische Unterhaltung. Die Staubschicht, die die Vorlage von Oscar Wilde umgibt, hat er weitgehend so belassen und keine großen Zugeständnisse an die moderne Gesellschaft gemacht - sieht man einmal davon ab, dass sich Frances O’Connor den Namen ihres Herzallerliebsten auf den Rücken tattoovieren lässt. Was Wilde und Parkers Umsetzung auszeichnen, sind die spitzfindigen Dialoge, die einen Großteil des Reizes ausmachen. Parker, der auch für das Drehbuch verantwortlich zeichnet, schrieb seinem erlesenen Ensemble luftig-amüsante Kost auf den Leib. In Vorzeige-Dandy und Schwulen-Ikone Rupert Everett („Die Hochzeit meines besten Freundes“), der schon in „Ein perfekter Ehemann“ mit von der Partie war, bietet er die ideale Besetzung für den schlitzohrigen Algy auf. Mit gewohnter Lässigkeit gibt es seinen Part, der in Colin Firth (Der Rentierpulli-Träger aus„Bridget Jones“) einen adäquaten Gegenpol findet.

    Judi Dench („Schiffsmeldungen“) darf ihre Standardnummer abspulen und als schrullige, leicht spleenige Lady Bracknell im Hintergrund die Fäden ziehen. Frances O’Connor („A.I.“) und Reese Witherspoon („Natürlich blond“) stehen dagegen deutlich im Schatten des Herrendoppels, fallen aber keineswegs negativ auf. Rein optisch wirkt das Stück trotz des bescheidenen Budgets recht opulent - edle Bilder in schönen Landschaften, so wie es sich für einen historischen Stoff gehört.

    Obwohl es an „Ernst sein ist alles“ im Prinzip nicht viel zu meckern gibt, kommt der Film im Gesamtniveau nicht über das Prädikat „nette Unterhaltung“ hinaus - jedenfalls in der deutschen Synchronisation. Im Original sind die Dialoge noch ein wenig schärfer und spitzer. Wer historische Stoffe mag, wird aber sicherlich sein Geld in die Kinokarte richtig investieren, denn für rund anderthalb Stunden Kurzweil ist „Ernst sein ist alles“ unbedingt gut - lediglich der große Tiefgang will sich nicht einstellen. Aber das war wohl auch nicht die Absicht von Oliver Parker...

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