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    American Siege - Es gibt kein Entkommen
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    American Siege - Es gibt kein Entkommen

    Eine Geiselnahme ohne Verve – aber mit Bruce Willis

    Von Lutz Granert

    Wenn es in den letzten beiden Jahren von Bruce Willis' dahinsiechender Schauspielkarriere so etwas wie einen treuen Begleiter gibt, dann ist es Edward Drake. Als Regisseur und Drehbuchautor realisierte er als bekennender Fan zahlreiche Billig-Produktionen mit dem Hollywood-Star – wobei er sich vor allem durch eine gnadenlose Effizienz auszeichnet. Den lauen Thriller „Gasoline Alley“ hatte er nach elf Tagen im Kasten, den Sci-Fi-Actionheuler „Apex“ kurbelte er sogar in gerade einmal acht Tagen herunter. Genauso lange dauerte auch der Dreh des spannungsfreien Action-Thrillers „American Siege – Es gibt kein Entkommen“, obwohl dieser im September 2020 unter besonders harten Covid-19-Beschränkungen entstand.

    Das Skript wurde dabei extra so verfasst, dass die physische Interaktion der Darsteller*innen auf ein Minimum reduziert werden konnte – was man den unbeholfenen Action-Szenen des Streifens auch deutlich ansieht. Dem hier besonders stoisch und steif agierenden Bruce Willis wird's gefreut haben: Er erzählte in den Drehpausen – so schilderte es zumindest Drake in einem Interview – zahlreiche Schwanks von den Dreharbeiten zu „Pulp Fiction“ und „Stirb langsam“, um nach gerade mal einem Tag am Set und mit einem dicken Scheck in der Tasche wieder abzureisen. Und da Spannung und Tempo Mangelware sind, bleibt „American Siege“ wie die meisten Willis-Vehikel der jüngeren Vergangenheit öde Ramschware.

    Bruce Willis war für seine vergleichsweise hohe Screentime trotzdem nur für einen einzigen Tag vor Ort am Set dabei.

    Zehn Jahren sind seit dem Verschwinden der damals 19-jährigen Brigit Baker (Sarah May Sommers) vergangen – eine lange Zeit, die ihr Freund Roy (Rob Gough) im Knast abgesessen hat. Frisch aus der Haft entlassen, stürmt er zusammen mit Brigits raubeiniger Schwester Grace (Anna Hindman) and ihrem Cousin Toby (Johann Urb) das Haus vom Apotheker Dr. John Geats (Cullen G. Chambers), zu dem die letzte ihnen bekannte Spur von Brigit führt. Sie nehmen ihn als Geisel und setzen alles daran, eine gepanzerte Tür zu öffnen, hinter der sie ein gut gehütetes Geheimnis zu Brigits Verschwinden vermuten. Das wiederum ruft den abgehalfterten Cop Ben Watts (Bruce Willis) und seinen Kollegen Kyle Rutledge (Trevor Gretzky) auf den Plan, welche die Geiselnahme auf Drängen von Kyles wohlhabendem Vater Charles (Timothy V. Murphy) möglichst schnell beenden sollen...

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    Eine Packung Erdnüsse und eine halbe Stange Kaugummi habe „American Siege“ gekostet, sagte Andrew Drake in einem Interview. Und das sieht man vor allem den unbeholfen inszenierten Actionszenen an. Denn es gibt gerade mal eine Handvoll von ihnen und wenn nicht gerade eine plumpe Prügelei mit Wackelkamera gefilmt wird, um choreografisches Unvermögen zu kaschieren, dann ballern im bleihaltigen Showdown die hüftlahmen Guten und die herumstehenden Bösen alle quer durcheinander ohne erkennbares Ziel ins Off. Übersichtlicher machen das auch ein paar Zeitlupen, die die aus dem Lauf eines Sturmgewehrs herausspringenden Patronenhülsen oder zerberstende Fensterscheiben zeigen, nicht.

    Das Drehbuch wurde extra so geschrieben, dass die Schauspieler*innen wegen der Corona-Einschränkungen möglichst wenig miteinander agieren mussten – und das sieht man vor allem den Action-Szenen negativ an.

    Apropos herumstehen: Das tun Ben und Kyle bei ermüdendem Taktieren ziemlich lange, bis dann erst in der zweiten Filmhälfte endlich mal etwas Bewegung in die bis dahin ereignislose Geiselnahme kommt. So plätschert die Story, deren Grundgerüst Drake in nur drei Tagen hastig herunterschrieb, spannungsfrei und einschläfernd vor sich hin – bis der Plot (nach erfolgreichem Aufbrechen der Panzertür) dann mit einer überraschenden Wendung um die Ecke kommt. Der Keller eines von zwei Seen umgebenden Hauses erweist sich dabei als riesiges, logikbefreites Raumwunder. Gerade wegen solcher Plotholes und vieler unnötiger Dialoge hat das Publikum hier bereits jegliches Interesse an der bald folgenden, durchaus originellen Auflösung von Brigits Verschwinden mit letzten Drittel verloren. Bewegend enthüllt Drake hier über sechs Minuten die verstörenden Hintergründe – in einer soghaften Montage, die durch ihre Intensität allerdings wie ein Fremdkörper im trantütigen Rest des Films wirkt.

    Während Cullen G. Chambers, der früher unter anderem für Morgan Freeman und Samuel L. Jackson als Licht- und Body-Double arbeitete, in diesen Szenen mit einem emotionalen Ausbruch durchaus zeigt, was schauspielerisch in ihm steckt, bleibt der Rest des Ensembles blass. Der andauernd verdrießlich dreinschauende Willis wird nach knapp einer Stunde verbal aus dem Film geprügelt (kommt aber nochmal wieder) und wirkt trotz vergleichsweise hoher Screentime einmal mehr lustlos. Sein Babyface-Kompagnon Trevor Gretzky, der schon in den Willis-Drake-Streifen „Apex“ und „Cosmic Sin“ mitwirkte, kann ebenso wie die drei stereotypen Geiselnehmer keine schauspielerischen Akzente setzen. Etwas weniger enttäuschend gerät die Performance von „Sons Of Anarchy“-Haudegen Timothy V. Murphy, der zumindest hin und wieder ein verschmitztes Grinsen aufsetzen darf.

    Fazit: Unter dem Motto „Quantität vor Qualität“ reiht sich der preisgünstig produzierte und zuweilen einschläfernde Action-Thriller „American Siege – Es gibt kein Entkommen“ in jene Fließband-Produktionen ein, durch die sich Bruce Willis in den letzten Jahren seiner inzwischen offiziell beendeten Karriere gequält hat.

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