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    Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt

    Trotz Adam Sandler ein ziemlich öder Flug ins All

    Von Björn Becher

    Am Ende von „Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“ erklingt der Abspannsong: „Don't Go Away“ ist eine von Fans der Beteiligten heiß erwartete Zusammenarbeit der Band Sparks mit dem Filmkomponisten Max Richter („Ad Astra“). Es hätte der krönende Abschluss werden können. Aber je öfter Sparks-Sänger Russell Mael die Titelzeile des Liedes wiederholt, desto stärker wird einem noch mal die größte Schwäche des Films vor Augen geführt. Denn das meditative Science-Fiction-Drama über einen Raumfahrer, der sich im All seiner Einsamkeit stellen muss, leidet auch schon zuvor unter seinen zunehmend monotonen Wiederholungen.

    Der Streaming-Service Netflix, der Theaterautor Colby Day und der schwedische Regisseur Johan Renck haben sich mit Adam Sandler („Der schwarze Diamant“) als Hauptdarsteller der schweren Aufgabe angenommen, Jaroslav Kalfařs komplexen Roman „Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“ zu adaptieren … und sind leider gescheitert. Zwar finden sie faszinierende Bilder, einen tollen Sound sowie gelungene Einzelmomente, um die Einsamkeit des erst alleine und dann nur in Begleitung eines mysteriösen Spinnen-Aliens durch das All treibenden Raumfahrers zu illustrieren. Aber damit haben sie sehr schnell eigentlich alles gesagt – und so wird „Spaceman“ mit fortlaufender Spielzeit einfach nur noch immer dröger.

    Adam Sandler ist in „Spaceman“ alleine im All … bis er auf ein seelsorgendes Spinnen-Alien trifft. Netflix
    Adam Sandler ist in „Spaceman“ alleine im All … bis er auf ein seelsorgendes Spinnen-Alien trifft.

    189 Tage ist Jakub Procházka (Adam Sandler) schon alleine im All. Der erste Raumfahrer der tschechischen Geschichte soll in einer mit reichlich Sponsorenunterstützung realisierten Mission seinem Land Ruhm und Ehre bringen – und vor allen anderen Nationen (speziell die Koreaner sind ihm dicht auf den Fersen) jenen mysteriösen lila Nebel untersuchen, der seit vier Jahren von der Erde aus zu sehen ist. Die Tage im All sind voller Routine und voller Einsamkeit – auch weil sich Jakubs schwanger auf der Erde zurückgelassene Frau Lenka (Carey Mulligan) plötzlich nicht mehr meldet.

    Was der Astronaut vielleicht ahnt, aber noch nicht weiß: Lenka hat mit ihm Schluss gemacht und ein Abschiedsvideo geschickt. Doch die für die Mission verantwortliche Commissioner Tuma (Isabella Rossellini) hat entschieden, es zurückzuhalten. Stattdessen muss Jakub feststellen, dass er nicht alleine an Bord ist. Ein spinnenartiges Alien, welches er auf den Namen Hanus (Stimme: Paul Dano) tauft, fängt an, zu ihm zu sprechen. Zuerst hat Jakub Angst vor dem Eindringling, will ihn beseitigen. Doch dann bringt das geduldige Alien den Raumfahrer dazu, sich mit sich selbst, seiner Ehe und seiner schon lange vor dem Aufenthalt im All begonnenen Einsamkeit auseinanderzusetzen…

    Wann sind wir hier?

    Chernobyl“-Regisseur Joha Renck hat die Vorlage auf ihren Kern reduziert. Im Roman gibt es noch ausführliche Rückblenden in die Jugend der Hauptfigur, die nach dem Fall des Eisernen Vorhangs bei den Großeltern aufwächst. Als Außenseiter kassiert er ständig Prügel, denn sein Vater war für das inzwischen von allen verhasste Sowjet-System als Folterknecht tätig. Diese Hintergrundgeschichte wird im Film nur angedeutet. Es bleibt sogar die komplette zeitliche Verortung unklar, was zunächst auch durchaus faszinierend ist.

    Das Mobiliar in Lenkas Prager Wohnung, die Computer im tschechischen Kontrollzentrum und viele Instrumente an Bord von Jakubs Raumschiff wirken aus heutiger Sicht hoffnungslos veraltet, scheinen aus einer gänzlich anderen Zeit zu stammen. Dazwischen mischt sich dann aber doch Sci-Fi-Technik, die etwa das Telefonieren vom All in eine Privatwohnung ermöglicht. Der zeitlich nicht wirklich zu verortende Look von „Spaceman“ ist allerdings nur eine von vielen Ideen, die nur kurz das Interesse hochhalten, dann aber zunehmend versanden.

    Ein spinnenartiges Wesen mit sehr vielen Augen: Hanus (Stimme: Paul Dano) will dem Netflix
    Ein spinnenartiges Wesen mit sehr vielen Augen: Hanus (Stimme: Paul Dano) will dem "dünnen Mensch" Jakub helfen.

    So unterbrechen zu Beginn noch ein paar humorvolle Einschübe das eher triste Geschehen. Da muss Jakub zum Beispiel vor einer Dekontamination noch schnell den Werbeslogan des die Reinigungsmittel stellenden Sponsors aufsagen. Aber derselbe Witz rund um die völlige Durchkommerzialisierung der angeblich so menschheitsbedeutenden, aber immer mehr in den Hintergrund rückenden Mission ins All kann halt nur sehr begrenzt variiert und wiederholt werden. Dass von „The Batman“-Bösewicht Paul Dano mit sanfter Stimme gesprochene Alien-Wesen Hanus ist das größte Faszinosum von „Spaceman“ – und es hat durchaus etwas, einfach nur dabei zuzuschauen, wie der unglaublich stark die Gefühlswelt seiner Figur im Gesicht tragende Adam Sandler mit diesem Wesen interagiert.

    Wie Hanus sich mit seinen bisweilen auch etwas tentakelartigen Spinnenbeinchen und -ärmchen durch das Raumschiff bewegt und eine Vorliebe für das tschechische Nutella-Gegenstück (natürlich auch gesponsert) entwickelt, entfaltet durchaus seinen Reiz – zumindest auf der großen Kinoleinwand und mit dem tollen Sound des Films. Doch jenseits seiner Weltpremiere auf der Berlinale wird „Spaceman“ auf Netflix laufen – und da kann schon gezweifelt werden, wie viel von dieser Stärke des Films übrigbleibt. Denn die vom Film durchweg behauptete Tiefe der Gespräche zwischen Jakub und dem mysteriösen Wesen will sich nicht wirklich offenbaren – im Gegenteil: Sie wirken schnell einschläfernd.

    Von der Erkenntnis einsam zu sein

    „Nein, ich bin nicht der einsamste Mensch der Welt“, entgegnet Jakub zu Beginn des Films auf die Frage einer Schülerin (Adams Tochter Sunny Sandler) im Rahmen einer Live-Übertragung auf die Erde. Zu schnell dämmert uns hier, dass sich der Raumfahrer damit auch selbst belügt. Allerdings braucht er selbst bis zu dieser Erkenntnis lange … sehr, sehr lange. Und das ist dann am Ende das größte Problem von „Spaceman“. Denn wenn man all die meist nur für kurze Momente interessanten Ideen beiseite wischt, geht es einfach nur darum, einem unglaublichen einsamen Menschen dabei zuzusehen, wie er erkennt, dass er unglaublich einsam ist.

    Fazit: In dem ungewöhnlichen Science-Fiction-Drama „Spaceman“ geht es bei einer Mission ins All nicht um die Rettung der Menschheit. Und ein plötzlich auftretendes Alien sieht zwar aus wie ein Monster, soll aber gar keinen Horror erzeugen. Meditativ werden sowohl das Szenario als auch der fremdartige Begleiter eingesetzt, um dem titelgebenden Mann im All seine unendliche Einsamkeit vorzuführen. Das ist im Ergebnis aber leider so dröge, dass beim Netflix-Streaming sicherlich nicht wenige schnell auf der Couch einschlafen werden.

    Wir haben „Spaceman: Eine kurze Geschichte der böhmischen Raumfahrt“ im Rahmen der Berlinale 2024 gesehen, wo er als Berlinale Special Gala gezeigt wurde.

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