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    Mother/Android
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,0
    lau
    Mother/Android

    Eine langweilige Geschichte im spannenden Szenario

    Von Oliver Kube

    Im Dezember 1989 kam es im von Nicolae Ceaușescu diktatorisch geführten Rumänien zur Revolution. Aufständische aus den Reihen der im Laufe der Zeit verelendeten Bevölkerung kämpften in vielen Orten des Landes gegen die Sicherheitskräfte. Mehr als 1.000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Nachdem sich das Militär schließlich von der Regierung lossagte, wurde Ceaușescu in einem Schnellverfahren abgesetzt und kurz darauf hingerichtet. In diesem lebensgefährlichen Chaos war die Mutter von Drehbuchautor Mattson Tomlin mit ihm schwanger. Selbst noch Teenager beschlossen sie und ihr Partner, ihr Baby aufgrund der noch immer sehr instabilen Lage in Rumänien zur Adoption in die USA freizugeben.

    Nach einer tatsächlich recht normal verlaufenen Jugend in Amerika schrieb der Sci-Fi-Fan Tomlin 2018 sein erstes Drehbuch – und um das entbrannte dann auch prompt ein Bieterwettstreit zwischen den großen Hollywood-Studios, aus dem schließlich Netflix als Sieger hervorging. 2020 erschien bei dem Streaming-Service der Fantasy-Actionfilm „Project Power“ mit Jamie Foxx und Joseph Gordon-Levitt. Nach einem weiteren Skript zur Virus-Romanze „Little Fish“ sowie Zuarbeiten zum Drehbuch von „The Batman“ beschloss Tomlin dann aber, sein nächstes Skript auch selbst zu inszenieren.

    Bei diesem Regiedebüt handelt es sich nun um das dystopische Science-Fiction-Survival-Drama „Mother/Android“, das in den USA für den Streaming-Service Hulu entstanden ist, in Deutschland aber ebenfalls wieder bei Netflix erscheint. Dabei nimmt der Autor die Geschichte seiner biologischen Eltern sowie seiner eigenen Adoption und transferiert sie in ein von Vorbildern wie „Terminator“, „Children Of Men“ und „Planet der Affen“ inspiriertes Genre-Szenario. Dass der Film dann aber doch längst nicht so packend geraten ist, wie man es sich bei einem Androiden-Aufstand vielleicht erwarten würde, liegt dabei weder an der visuellen Umsetzung noch an der Prämisse selbst, sondern vor allem daran, dass Tomlinson in der von ihm kreierten Welt eine völlig austauschbare Klischee-Survival-Story erzählt.

    Georgia und Sam bekommen es nicht nur mit mörderischen Androiden, sondern auch mit misstrauischen Menschen zu tun.

    In einer nicht allzu weit entfernten Zukunft sind Androiden normaler Teil des täglichen Lebens – etwa als Bedienstete in nahezu jedem Privathaushalt. Aber ein kataklystisches Ereignis in Form eines globalen Kurzschlusses der Androiden-Gehirne sorgt dafür, dass die Roboter gegen ihre Schöpfer aufzubegehren beginnen. Schnell kommt es zu einem gnadenlosen Krieg mit den künstlichen Wesen, bei dem die überrumpelte Menschheit nahezu umgehend auf die Verliererseite gerät.

    Ein gutes halbes Jahr später versuchen die College-Studenten Georgia (Chloë Grace Moretz) und Sam (Algee Smith), sich in dieser postapokalyptischen Welt irgendwie in Sicherheit zu bringen. Ihre letzte Hoffnung ist es, sich in Richtung Boston durchzuschlagen, um dort ein Schiff nach Asien zu besteigen, wo die Situation längst nicht so fatal ist wie in Nordamerika. Enorm erschwert wird ihr ohnehin schon höchst riskantes Vorhaben allerdings dadurch, dass Georgia mittlerweile im neunten Monat schwanger ist und wirklich jede Minute ein Kind zur Welt bringen könnte…

    Eine Schwangerschaft ist kein Zuckerschlecken

    Bei der Auswahl ihrer Parts hatte Chloë Grace Moretz zuletzt nicht immer ein glückliches Händchen – siehe nur „Tom & Jerry“ oder „Die 5. Welle“. Aber die mit ihren furiosen Auftritten in „Kick Ass“ und „Let Me In“ bereits im Alter von zwölf Jahren zum Star avancierte Schauspielerin ist trotzdem bekannt dafür, sich stets gewissenhaft auf ihre Rollen vorzubereiten. Vor dem Drehbeginn von „Mother/Android“ tauschte sich Moretz etwa tagelang mit mehreren Hochschwangeren aus und nahm darüber hinaus auch noch an Kursen für werdende Mütter teil. Beim Dreh wiederum bestand sie darauf, dass ihr künstlicher Babybauch fast zehn Kilo wiegen solle und möglichst unbequem zu tragen sei.

    Die Anstrengung hat sich gelohnt. Moretz‘ Schwangerschafts-Performance ist selbst in den Action-Szenen durchgehend glaubhaft und eines der Highlights von „Mother/Android“. Leider lässt sich dasselbe vom Drehbuch nicht behaupten. Zumindest der Einstieg gelingt im Stile einer besseren „Black Mirror“-Episode noch ganz ordentlich, wenn das Austicken der Androiden nicht nur plötzlich, sondern auch einigermaßen schockierend vonstattengeht. Im weiteren Verlauf wird das Potenzial der Prämisse aber kaum ausgeschöpft. Viele der spannenden Dinge geschehen – vielleicht auch aufgrund von Budgetbeschränkungen – im Off, bevor sie dann umständlich über Dialoge (nach-)erzählt werden. Auf dem Bildschirm selbst bekommt man hingegen eine Überlebende-stapfen-durch-den-Wald-Dystopie nach dem Malen-nach-Zahlen-Prinzip geboten.

    Mit dieser "witzig" aussehenden Rüstung soll es möglich sein, den Detektoren der Androiden zu entgehen.

    Zwar gibt es eine von Kameramann Patrick Scola („Pig“) beeindruckend spektakulär ins Bild gesetzte Action-Sequenz mit Motorrad, superschnell rennenden Androiden sowie aggressiven Flugdrohnen im Wald. Aber insgesamt wirkt das alles eben doch eher wie eine austauschbare und eher schwächere Folge von „The Walking Dead“. Eine oft arg konstruiert daherkommende Herausforderung reiht sich brav an die nächste, während das Protagonisten-Pärchen – mal im Duett, mal solo – diese tapfer absolviert. Auch weil die Motive der ohnehin quasi wie (etwas schnellere) Zombies agierenden Androiden nur schwammig umrissen werden, bleibt die Bedrohung merkwürdig fern und abstrakt. So ist die anfängliche Spannung auch aufgrund des mitunter sehr schleppenden Tempos schon bald wieder verflogen.

    Vielleicht hätte Tomlin sich „A Quiet Place“ anschauen sollen, um zu sehen, wie man solche Still-sonst-entdecken-sie-uns-Sequenzen berührender und vor allem packender umsetzen kann. Mit dem Finale versucht „Mother/Android“ dann noch einmal eine Überraschung in Form einer arg gefühlig (sprich: megakitschigen) Wendung zu bieten. Aber selbst diese zieht sich viel zu lang hin. In einem mit Wiederholungen gespickten und von weichgezeichneten Rückblenden unterlegten Voiceover-Monolog wird hier wieder mehr erklärt als gezeigt – so wird auch dem völlig unnötig ausgewalzten Schluss wieder jegliche emotionale Kraft genommen, obwohl es sich ja gerade um eine extrem persönliche und dem Regisseur merklich am Herz liegende Schlusspointe handelt.

    Fazit: Nach einem vielversprechenden Androiden-Apokalypse-Einstieg ist bei „Mother/Android“ leider schnell die Luft raus. Dazu kommt, dass die eigentlich gute Schlusspointe so lange ausgewalzt wird, bis auch hier der emotionale Effekt verpufft.

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