KRITIK: A BEAUTIFUL MIND
Die Filmbiographie „A Beautiful Mind-zwischen Genie und Wahnsinn“ räumte bei der Oscarverleihung 2002 mehrere Trophäen ab, und zwar in den Kategorien Bester Film, beste Regie, beste Nebendarstellerin, sowie bestes adaptiertes Drehbuch. Zudem gab es noch vier weitere Nominierungen, unter anderem auch für Russel Crowe als bester Hauptdarsteller. Doch Filmbiographien nach wahren Begebenheiten werden ja oft von der Oscar Academy bevorzugt. Und so kommt natürlich die Frage auf, ob dieser Film wirklich so gut ist. Ist A Beautiful Mind tatsächlich ein Meisterwerk, welches sich anzusehen lohnt ?
Die Antwort auf diese Frage lautet nicht direkt „Ja.“ Denn diesen Film sollte man gesehen haben, allerdings ist der Begriff Meisterwerk wohl doch etwas zu hochgegriffen.
Dennoch hat Regisseur Ron Howard hier etwas Beeindruckendes auf die Beine gestellt. Doch worum geht es in diesem Film ? Bis zu einem bestimmten Zeitpunkt kann man die Handlung sehr gut beschrieben, doch dann kommt eine Erkenntnis, die alles über den Haufen wirft. Ebenso wirft sie den Film über den Haufen, weswegen sie natürlich nicht verraten wird.
John Nash, gespielt von Russel Crowe, studiert Mathematik an der Universität von Princeton, und zwar im Jahre 1948. Er ist ein ziemlich schwieriger Charakter, der in der Mathematik anders als alle Anderen denkt, höher nämlich. Dennoch schließt er Freundschaften mit anderen Studenten, die da einmal Hansen, gespielt von Josh Lucas, Sol, gespielt von Adam Goldberg, Bender, gespielt von Anthony Rapp, Ainsley, gespielt von Jason Gray-Standfort, sowie sein aufbrausender Zimmergenosse Charles, gespielt von Paul Bettany, wären. Durch sein einzigartiges Denken schafft Nash locker seinen Abschluss und bekommt sofort eine Arbeit im Wheeler Labor, wo er Aufträge zum Code auflösen bekommt und Schüler unterrichtet. Dann wird der geheimnisvolle Parker, gespielt von Ed Harris, auf ihn aufmerksam, nachdem er einen riesigen Code im Pentagon geknackt hat. Dieser beauftragt ihn, Codes russischer Agenten zu knacken. Nebenbei lernt er Alicia, gespielt von Jennifer Connelly, kennen, in die er sich verliebt. Das beruht auf Gegenseitigkeit und führt dazu, dass sie beide heiraten. Doch dann passiert etwas Unvorhergesehenes…
Dieses Unvorhergesehene ist ein Twist sondergleichen. Es ist ein Twist in einem wunderbaren Film, der die ganze Handlung herumreißt. Es treten ganz neue Probleme auf, besonders für John, der da auch den größten Anteil daran hat. Die Zuschauer bekommen etwas zu sehen, was auch mit unserer Gesellschaft zusammenhängt und jedem von uns passieren kann. Das in eine Biographie zu packen, die noch viel mehr gut macht, brachte Ron Howard wohl verdient den Oscar als bester Regisseur ein.
Eine weitere Stärke des Films sind die Schauspieler. Jennifer Connely hat sich den Oscar wohlverdient. Sie schafft es exzellent, ihre Gefühle für John vor und nach dem Twist zu zeigen. Der Zuschauer weiß jedes Mal ganz genau, wie sich als Alicia gerade fühlt. Nach dem Twist muss sie einiges durchmachen und hier schafft die Schauspielerin, es so darzustellen, dass wohl jede Ehefrau mit ihr fühlt. Der Film will jeder Ehefrau (es könnte genauso gut ein Ehemann sein) zeigen, dass sie zu ihrem Mann stehen soll, auch wenn es schwer ist.
Trotz alledem ist Russel Crowe die größte Stärke des Films. Er sorgt dafür, dass es nie langweilig ist, obwohl gerade vielleicht nur eine banale Unterhaltung gezeigt wird. Wir sehen auch bei ihm die Unterschiede vor und nach dem Twist. Doch der Neuseeländer hatte hier einen ziemlich schwierigen Charakter zu spielen: ein Mathematikgenie, dass irgendetwas hat, von dem niemand etwas weiß. Doch der Zuschauer ist immer auf seiner Seite, da er den Film sonst evtl. falsch deuten könnte, bzw. ihn in seiner Stärke nicht erkennen könnte. Besonders zum Ende des Films wird es ziemlich herzerwärmend, was ohne Crowes fantastisches Schauspiel gar nicht funktionieren könnte. Dennoch kam Denzel Washingtons Leistung in Training Day bei der Academy wohl noch besser an.
Die nächste große Stärke des Films ist die Musik, für die James Horner ebenfalls bei den Oscars nominiert war. Es ist eigentlich immer eine, im Vergleich zu anderen Filmen, leise Musik, oder auch einfach eine typische James Horner Musik. Sie ist entweder traurig oder schön, alles so, wie man es von diesem großen Komponisten kennt. Die Stärke hierbei ist, dass sie immer passend eingesetzt wird, da es eben auch mehrere traurige und schöne Momente gibt. Wirklich wahr nimmt man die Melodien im Film gar nicht, doch sie verbessern die Szene trotzdem, da sie so unglaublich gut hineinpasst. Der Zuschauer identifiziert die Szene sofort mit der dazu gespielten Musik, sodass sie für ihn einfach dazugehört, was schon phänomenal ist. Es dürfte aber dennoch verständlich sein, dass Howard Shore sich für den ersten Herr der Ringe Film bei den Oscars gegen James Horner durchsetzen konnte.
Für viele mag die Mathematik nicht allzu interessant sein. Aber jeder, der den Film noch nicht gesehen hat, kann unbesorgt sein. Es geht nicht allzu viel um irgendwelche mathematischen Gleichungen der besonders schwierigen Art. Sogar ganz besondere Sachen werden nur kurz erläutert, was es wie schon gesagt zu keinem Zeitpunkt langweilig macht. Denn der Zuschauer bekommt viel mehr die Faszination von John Nash für sein Fachgebiet zu sehen. Bei seiner Studierzeit in Princeton ist das sehr gut zu beobachten, später dagegen fast gar nicht mehr. Oft sieht man das Genie, wie es nachdenkt, das ist die ganze Zeit so. Doch in Princeton bringt Russel Crowe es überzeugend auf die Bühne, dass wir die Faszination in ihm erkennen. Das Leben ist seiner Ansicht nach die Mathematik, das bleibt sehr lange so. Doch zum Ende des Films geht es noch um etwas ganz Anderes, was jetzt natürlich nicht verraten wird.
Insgesamt ist A Beautiful Mind auch ein Film, der etwas schwer zu erklären ist. Bei jedem Zuschauer werden wohl unterschiedliche Gefühle ausgelöst, jeder sieht anderes Gutes, anderes Schlechtes. Verraten sollte man daher wie schon gesagt nichts.
Doch ein Meisterwerk ist dieser Film ja auch nicht. Was sind also seine Schwächen ?
Auch das kann im Film wohl besser nachvollziehen, als hier in der Kritik. Eine Schwäche ist nämlich nach dem Twist vorhanden. Denn da geht es eigentlich nur um John und Alicia in ihrem Wohnhaus, und wie Alicia mehr und mehr Probleme bekommt. Diese Phase zieht sich extrem lange und manchmal fragt sich der Zuschauer sich, warum das denn jetzt gezeigt wird. Es werden Sachen gesagt, die man durch das gelobte Schauspiel auch so oft genug hätte sehen können. Zudem kommt die Frage auf, wieso man nicht mehr von der Außenwelt zu sehen bekommt. Es gibt Filme, wie z.B. Parasite, der sich auch hauptsächlich in einem einzigen Haus abspielt, die trotz eines einzigen Schauplatzes, in A Beautiful Mind ist es in dieser Phase eben das Grundstück der Nashs, unfassbar spannend gestaltet sind. Das hat dieser Film nur in Teilen geschafft. Es gibt in dieser Phase auch gute Szenen, aber längst nicht nur. Obwohl das die größte Schwäche war, gab es noch mehr auszusetzen.
Der Film beginnt mit Johns Studierzeit in Princeton. Da das hier ja eine Filmbiographie ist, kann man sich durchaus fragen, warum die Zuschauer nichts von seiner Kind- und Jugendzeit erfahren. Wo ist er aufgewachsen? Gab es besondere Erlebnisse? Wie waren seine Eltern?
Interessiert einen das nicht, hätte man aber dennoch die Frage, wie er seine Liebe zur Mathematik gefunden hat, beantworten müssen. Denn das ist ja schließlich das zentrale Thema des Films. Trotzdem wird es nicht einmal angesprochen.
Neben ein paar kleineren Details, die nicht weiter schlimm sind, wäre auch noch ein weiteres Mäkel auszusetzen: John und Alicias Sohn. Die Zuschauer bekommen mit, dass er geboren wurde. Zudem sehen die Zuschauer ihn in einzelnen Szenen, dabei bekommen sie auch mit, wie er stets älter wird. Doch außer der Tatsache, dass sie ihn sehen, erfahren die Zuschauer absolut nichts über ihn, wobei das doch durchaus sehr interessant gewesen wäre, da so ja zudem die Frage, ob er auch sein Mathefreak ist, unbeantwortet bleibt. Dazu wäre das Vater-Sohn-Verhältnis doch auch spannend gewesen, was am Twist liegt.
Abschließend ist zu sagen, dass A Beautiful Mind definitiv ein Hingucker ist. Die Oscars sind nicht unverdient. Fragwürdig ist hier aber schon die Statue für „Bester Film.“ Der schon angesprochene erste HdR Teil wäre beispielsweise besser gewesen. Allerdings hätte man Russel Crowe oder James Horner prämieren können. Stärken gibt es auch viel mehr als Schwächen, besonders der Twist ist natürlich auch extrem stark. Zudem sind die Szenen in Princeton immer etwas ganz Besonderes. Nur die angesprochenen Schwächen sind natürlich auch nicht zu verachten. Besonders die eine Phase ist wirklich nicht das Allerbeste.
All das führt dazu, dass man A Beautiful Mind letztlich ein Rating von 8 geben kann. Zur 8,5 fehlt aber kaum etwas.