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    Codename: Nina
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Codename: Nina
    Von René Malgo

    Es gibt ein ungeschriebenes Gesetz, wonach Remakes immer schlechter als der Vorgänger sein sollen. „Codename: Nina“ ist ein Remake. Schon drei Jahre nach Luc Bessons Actionreißer „La Femme Nikita“, mit dem er Berühmtheit erlangte, wurde die Geschichte in Hollywood neu verfilmt. Ob „Codename: Nina“ nun wirklich schlechter ist, wie es mancherorts denn auch postwendend nach Auftauchen des Films erzählt wird, dürfte für die meisten wohl außer Frage stehen. Aber „Codename: Nina“ der Film, unabhängig vom Original, ist auch so kein wirklich guter Action-Thriller. Einige gelungene Szenen können „Codename: Nina“ jedoch noch knapp in den Durchschnitt retten.

    Maggie (Bridget Fonda), eine junge Fixerin, landet nach Mord an einem Polizisten im Gefängnis. Sie soll hingerichtet werden. Doch der Agent Bob (Gabriel Byrne) bietet ihr eine neue Identität und ein neues Leben an. Dafür muss sie eine spezielle Ausbildung absolvieren und gelegentlich ein paar Leuten, von Bob lapidar „Regierung“ genannt, einen Gefallen tun. Widerwillig nimmt sie an und wird zur perfekten Killerin, einer jungen, hübschen Dame ohne Identität ausgebildet. Als sie „raus gelassen“ wird, verliebt sie sich in ihren Vermieter J.P. (Dermont Mulroney). Sie möchte aussteigen, doch sie kann nicht.

    Bridget Fonda gibt sich Mühe, die verschiedenen Facetten der Maggie glaubhaft darzustellen: ihre ungezähmte Natur, ihre sensible Seite, ihre Wandlung zur perfekten Killerin und ihre durch die harte Ausbildung erfahrene Läuterung. Mit der Läuterung geht einher, dass sie irgendwann ihre Aufträge moralisch hinterfragt, sich verliebt und ein normales, ja „biederes“ Leben führen möchte. Fondas Bemühen, all das darzustellen, geht gelegentlich in die Hose. Am Anfang zeigt sie noch vor Charlize Theron in Monster diesen so genannten und mittlerweile viel bemühten Mut zur Hässlichkeit, ohne es aber im Gegensatz zum modernen Trend zu übertreiben. Aber ihrer Wandlung mangelt es an Glaubwürdigkeit. Sie schafft es nicht, die verschiedenen Seiten ihres Charakters in Einklang zu bringen. Mit daran schuld ist auch das Drehbuch.

    Autor Robert Getchell hat es nicht geschafft, in Luc Bessons umgeschriebenes Skript zu „La Femme Nikita“ Tiefe für seine Version „Codename: Nina“ hineinzubringen. Das Remake scheitert unter anderem an Stereotypisierung und genrebedingter Einfallslosigkeit. Als Maggie J.P. kennen lernt, mag beim Betrachter kein Mitgefühl oder Mitsorge um die zwei aufkommen. J.P. ist zu flach charakterisiert und wird von Dermont Mulroney auch zu wenig markant dargestellt, um so etwas wie Sympathie im Zuschauer zu wecken. Er ist ein Abziehbild. Besser ausgearbeitet ist da die Figur des Bob. Er hat Gefühle für Maggie, ist aber auch ein eiskalter Zyniker. Sein Beruf hat die Gefühle abgestumpft, gänzlich unterdrücken kann er sie nicht immer. Der Film profitiert da aber auch von der sehr guten Leistung Gabriel Byrnes als Bob. Anne Bancroft bietet als Amanda - eine weitere Ausbilderin Maggies - gute Leistungen, ist aber mangels tieferer Charakterisierung auch nicht weiter der Rede wert.

    Die Story muss der Zuschauer so akzeptieren, wie sie ist und nicht groß hinterfragen. Sie kann entweder als großer Unsinn oder aber gar als Sozial- bzw. Regierungskritik gesehen werden. Wie die CIA schlussendlich ihre Agenten rekrutiert, da gibt es ja zahlreiche Versionen in Hollywood. In „Codename: Nina“ ist nicht ausdrücklich die Rede von der CIA. Eher scheint es sich um eine fiktive Organisation zu handeln. Ja, das Publikum muss nicht einmal sicher sein, ob es überhaupt die Regierung ist. Doch Ideen oder Möglichkeiten in der Richtung vertieft „Codename: Nina“ nicht. Der Film möchte manchmal schon Drama sein, im Endeffekt ist er aber doch nur ein Action-Thriller.

    Die Spannung – zwar nicht zu hoch - bleibt immerhin bis zum Schluss aufrechterhalten, die Actionszenen sind nicht übermäßig mitreißend oder grandios, aber dafür gut und solide inszeniert. John Badhams Regie geht in Ordnung, setzt zwar keinerlei nennenswerte Akzente, leistet sich aber auch keine groben Schnitzer. Die Leute hinter der Kamera verrichten ihren Job wie es sollte, sodass alle oberflächlichen Kriterien für die Funktionalität eines ordentlichen Thrillers erfüllt werden. Wer das Genre aber kennt und sich unter Actionfilmen und Thrillern zuhause fühlt, wird nichts Neues zu sehen bekommen. Die musikalische Umrahmung von Hans Zimmer erweist sich als überdurchschnittlich, die hinzugefügten Songs, auch von Nina Simone (Maggies bevorzugte Sängerin aus persönlichen Gründen) passen gut.

    Stark sind vor allem die Szenen mit Gabriel Byrne, wenn er seine Zuneigung für Maggie zaghaft Ausdruck verleiht, sie aber zugleich (notgedrungen) eiskalt mit seinem bzw. ihrem Job verbindet. In solchen Momenten lässt „Codename: Nikita“ durchblicken, dass aus dem Thriller durchaus ein gehaltvolles Actiondrama hätte werden können. Doch dann verliert sich der Film oft wieder in Belanglosigkeiten. Maggie versucht im normalen Leben wieder Fuß zu fassen. Da gibt es im Supermarkt zwar eine bemerkenswerte und ganz witzige Szene, ansonsten geht die ganze Geschichte, insbesondere mit ihrem neu gewonnenen Liebhaber und Freund J.P. spurlos am Zuschauer vorbei. Es kommt sogar schlimmer: Eine Kussszene zwischen Maggie alias Claudia und J.P. mit der maßgeblichen Beteiligung von Ravioli hat das Potenzial zur schlechtesten Kussszene in der Filmgeschichte. Peinlich ist sie allemal.

    Der Schluss fällt nicht so abwegig aus, wie es im Verlaufe des Films hätte erahnt und befürchtet werden können. Die dramaturgische Sackgasse, in die sich „Codename: Nina“ zu manövrieren droht, wird gut umgangen und der Action-Thriller lässt genug Fragen offen, um nicht mit an den Haaren herbei gezogenen Antworten und Lösungen am Ende zu unglaubwürdig dazustehen.

    Eine Erwähnung verdient noch der nicht allzu lange, aber einprägsame Auftritt von Harvey Keitel als stoischer Cleaner Victor. Er hinterließ soviel Eindruck auf einem gewissen Herrn namens Quentin Tarantino, dass Keitel als Cleaner sich noch einmal in Pulp Fiction die Ehre geben durfte.

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