Mein Konto
    Cop Land
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    Cop Land
    Von René Malgo

    1997 kreiert Regisseur und Drehbuchautor James Mangold (Walk The Line, Identitaet) mit seinem zweiten Spielfilm eine kleine Genreperle, in der aus einem exzellenten Cast überraschender Weise Hau-Drauf-Action-Star Sylvester Stallone (Rambo, Rocky) durch nuanciertes Spiel positiv herausragt.

    In den 70er Jahren wurde das kleine Städtchen Garrison im US-Bundesstaat New Jersey aus dem Boden gestampft, einzig um den in New York dienenden Cops einen sicheren Ort zum Leben außerhalb des brutalen Molochs zu bieten. Doch nicht alle Cops kommen in Garrison unter und etwas scheint faul zu sein. Nach einem Doppelmord an zwei Schwarzen verschwindet der Polizist „Superboy“ Babitch (Michael Rapaport) spurlos. Es heißt Selbstmord, doch die internen Ermittlungsbehörden des NYPD glauben dies nicht. Babitch ist der Neffe von Ray Donlan (Harvey Keitel), einer der einflussreichsten Cops und selbsternannter Chef in Garrison. Lt. Moe Tilden (Robert De Niro) beginnt zu ermitteln. Ausgerechnet der etwas naive Dorfssheriff Freddy Heflin (Sylvester Stallone) kann helfen und kommt an Beweise heran. Nun muss er sich entscheiden zwischen der Loyalität zu seinem Vorbild Freddy oder der Treue zum Gesetz…

    Es beginnt dramaturgisch und inszenatorisch ein wenig holprig, als wolle der Film dem Betrachter anfangs unter die Nase reiben: Seht her, trotz der großartigen Besetzung, ich bin nur ein kleiner Film. Trotzdem, am Ende braucht sich „Cop Land“ vor den ganz großen Genrevertretern nicht zu verstecken. Realistisch und glaubwürdig mag nicht alles sein, aber das muss es bei einer moralischen Parabel über Macht, Korruption, Loyalität und Integrität auch nicht. Es sollte allen klar sein, dass in der Realität Recht und Moral selten bis nie siegen; ein Film aber, darf diesen Wunsch durchaus äußern. „Cop Land“ tut dies. Was manche unlogische Tat angeht, der Mensch ist dafür prädestiniert unlogisch und gelegentlich nur allzu kopflos zu handeln. In dieser Hinsicht trägt „Cop Land“ dem Rechnung.

    Garrison ist eine fiktive Stadt, genauso wie die gesamte Geschichte um Korruption und Mafiaverbindungen frei erfunden ist. Trotzdem fällt es nicht schwer zu glauben, dass solche Verhältnisse auch möglich sind oder gar existieren. Zum guten Gelingen der Geschichte tragen vor allem die ausgewählten Darsteller bei. Sylvester Stallone konnte zwar schon in Rocky überzeugen, trotzdem überrascht er in „Cop Land“ als untersetzter, naiver und langsamer Dorfssheriff, der fast zu spät etwas gegen Outlaws unter den Gesetzeshütern unternimmt. Als sympathischer, deplazierter Außenseiter erfreut er, profitiert aber auch von einer dankbaren Rolle. Kein Wunder, dass Sly bereitwillig den Part zum Mindesttarif ausfüllt, eine solche Rolle bekommt ein auf bestimme Rollenbilder festgelegter Actionstar vergangener Tage nicht oft. Perfekt passt sein Dackelblick zum Charakter des Freddy, den er selbst durch nuanciertes Spiel vertieft und so viel Glaubwürdigkeit verleiht. Einem Harvey Keitel, Ray Liotta oder Robert De Niro zum Trotz, der schauspielerisch vermeintlich limitierte Stallone ist als Hauptdarsteller in einer charakterstarken Rolle Mittelpunkt und die Sensation des Films. Sensationell ist aber auch der Rest des Ensembles. Ein jeder überzeugt, hervorzuheben seien nur mal Ray Liotta, dessen Figur eine glaubhafte Wandlung durchmacht und Harvey Keitel als Polizei-„Pate“.

    Die Charakterisierungen bewegen sich nahe an Klischees, ohne selbige bis ins I-Tüpfelchen zu erfüllen. Mangold findet die richtige Balance und entwirft lebensnahe, glaubhafte Figuren mit ihren Schwächen und Stärken. Darsteller und Drehbuch profitieren dabei gegenseitig voneinander. Die Geschichte, zwar vorhersehbar, entwickelt Tiefe und überzeugt mehr als Drama, denn Thriller. Die eher rar gestreuten Actionszenen fügen sich nahtlos in die Handlung ein, welche deutlich im Vordergrund steht. Einige hervorragende Einzelszenen vermögen es, sich im Gedächtnis des Betrachters einzubrennen. Sei es Sylvester Stallone, der im Büro des Internal-Affairs-Mannes Robert De Niro auf wortwörtlich taube Ohren stößt oder der eindrücklich inszenierte Showdown. Die Figur des Stallone, auf einem Ohr gehörlos, verliert da (zumindest zwischenzeitlich) sein Gehöhr auch auf dem anderen Ohr (weshalb sei noch nicht verraten), was der Film akustisch ausgesprochen gut an den Zuschauer bringt. Der anschließende „uncoole“ aber brutale Shootout hat nicht mehr viel mit üblichen Stallone-Krachern gemein. Vielmehr erinnert „Cop Land“ dann ganz frappierend an den Western-Klassiker 12 Uhr Mittags. Überhaupt weist das Thriller-Drama einige Parallelen zu Fred Zinnemanns Meisterwerk auf.

    Neben den schauspielerischen Glanzlichtern bietet „Cop Land“ viel Atmosphäre und mitreißende Emotionen. Als Regisseur beweist Mangold sein Gespür für die richtigen Szenen und Bilder. Dazu passen sich die epische, aber keineswegs deplazierte Musik von Howard Shore und die eingestreuten, melancholischen Songs von Bruce Springsteen stimmig ins Gesamtbild ein. Kleinere Schwächen und Holprigkeiten verhindern zwar die Tauglichkeit zum Meisterwerk, nicht aber zur empfehlenswerten Genreperle. Der Film kann unterhalten und überzeugt gerade aufgrund seiner einfachen, eindeutigen Moral. Diese fasst De Niro in einem Off-Kommentar am Ende des Filmes zusammen: Niemand steht über dem Gesetz.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top