Mein Konto
    The Creator
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,5
    hervorragend
    The Creator

    Das Sci-Fi-Ereignis des Jahres!

    Von Christoph Petersen

    The Creator“ ist ein monumentales Science-Fiction-Epos des Regisseurs von „Godzilla“ und „Rogue One: A Star Wars Story“, gedreht an Schauplätzen in sechs Ländern, gespickt mit mehr als 1.000 Effekt-Einstellungen. Wenn man nun aber bedenkt, dass selbst gigantische Studio-Produktionen jenseits der 250-Millionen-Dollar-Marke zuletzt immer häufiger daran scheitern, mehr als halbgaren CGI-Matsch zu generieren, muss man sich doch schon fast zwangsläufig fragen: Was soll bei einem solch ambitionierten, aber mit einem läppischen Budget von 80 Millionen Dollar ja offenbar hoffnungslos unterfinanzierten Projekt schon herauskommen? Das kann ja nur total billig aussehen, oder?

    Im selben Moment hat Regisseur und Co-Autor Gareth Edwards zu Beginn seiner Karriere mit einer bahnbrechenden Indie-Produktion auf sich aufmerksam gemacht: Der in einer Welt voller gewaltiger Alien-Kreaturen spielende „Monsters“ wurde mit einem nur siebenköpfigen Filmteam (inklusive der beiden Hauptdarsteller*innen, einem Übersetzer und einem Fahrer) im Guerilla-Style an Originalschauplätzen in Mexiko gedreht. Die mehr als 250 visuellen Effekte kreierte Edwards anschließend selbst zu Hause mit seinem Laptop. Aber was wird er da erst aus 80 Millionen Dollar herauskitzeln, wenn er schon aus läppischen 500.000 Dollar einen modernen Genre-Klassiker geformt hat. Das kann ja nur absolut atemberaubend werden, oder?

    Die Trillionen von Dollar teure NOMAD-Station wurde vom Westen erschaffen, um die K.I. ein für alle Mal auszurotten.

    Seitdem Los Angeles von einem nuklearen Sprengkörper zerstört wurde, herrscht ein erbitterter Krieg zwischen der westlichen Welt und den Künstlichen Intelligenzen, die der Menschheit zwar lange Zeit wichtige Dienste geleistet haben, sich dann aber mit eben jenem Atomschlag gegen ihre eigenen Schöpfer gewendet haben sollen. Inzwischen haben sich die K.I.-Geschöpfe deshalb in den asiatischen Raum zurückgezogen, wo Regierung und Bevölkerung hinter ihnen stehen. Aber das hält die USA nicht davon ab, weiter auf sie Jagd zu machen – und zwar mit der Trillionen-Dollar-teuren Raumstation NOMAD, die quasi überall auf dem Planeten verheerende Raketenangriffe ausführen kann.

    Der mysteriöse K.I.-Architekt NIRMATA soll deshalb eine kaum weniger mysteriöse Waffe namens Alpha-O entwickelt haben, um NOMAD zu zerstören. General Andrews (Ralph Ineson) und seine rechte Hand Colonel Howell (Allison Janney) heuern den Ex-Agenten Joshua (John David Washington) an, um Alpha-O ausfindig zu machen. Joshua ist zwar völlig desillusioniert, seit er vor fünf Jahren seine Ehefrau Maya (Gemma Chan) bei einem Undercover-Einsatz verloren hat – aber er kennt sich im K.I.-Gebiet besser aus als jeder andere. Vor Ort erwartet ihn allerdings eine Überraschung: die zerstörerische K.I.-Waffe sieht aus wie ein kleines Mädchen, das von Joshua auf den Namen Alphie (Madeleine Yuna Voyles) getauft wird…

    Viel mehr als nur ein Pausenfüller für „Dune 2“

    Natürlich war „Dune: Part Two“ lange Zeit DER meisterwartete Sci-Fi-Film 2023 – bis er wegen des anhaltenden Streiks der Schauspielgewerkschaft in den März 2024 verschoben wurde. Damit kam die Frage auf, ob der bis dahin im Schatten des Denis-Villeneuve-Sequels stehende „The Creator“ wohl das Zeug dazu habe, Genre-Fans zumindest die Wartezeit bis zu „Dune 2“ zu verkürzen? Aber Pustekuchen! Gareth Edwards liefert uns schließlich eine durch und durch originäre Sci-Fi-Vision, die sich ganz allein ihren Platz im Pantheon des Genres sichern wird – und zwar, indem der Regisseur und Co-Autor nach seinen zwei Mega-Blockbustern „Godzilla“ und „Rogue One“ gleich in doppelter Hinsicht konsequent zu seinen Wurzeln zurückkehrt.

    Wie damals bei „Monsters“ in Mexiko hat Evans wieder an Originalschauplätzen gedreht – dieses Mal in Nepal, Thailand, Vietnam, Kambodscha, Indonesien und Japan. Und auch, wenn diesmal im Hintergrund ein größeres Team – inklusive der Effekt-Künstler*innen von Industrial Light And Magic - stand, kam der selbst die Kamera bedienende Regisseur beim Dreh erneut nur mit einem Assistenten, einem Sound-Spezialisten und einem Licht-Techniker aus. Die computergenerierten Effekte fügen sich dabei erstaunlich nahtlos in diese vor Ort gedrehten Aufnahmen ein – und liefern so überzeugend authentische, oft schrecklich-schöne Bilder, wenn etwa die einschlagenden NOMAD-Raketen ein nächtliches Reisfeld erhellen.

    Eine Offenbarung: Newcomerin Madeleine Yuna Voyles schafft es quasi im Alleingang, das Publikum auch emotional voll in den Film hineinzuziehen.

    Wie bei „Monsters“ sind die Effekte dabei nie selbst der Star: Wir besuchen in „The Creator“ gleich mehrere (Groß-)Städte, deren futurisiertes Design sofort stimmig und glaubhaft wirkt, um die Evans mit seiner Inszenierung aber gar kein weiteres Aufheben macht. So eine (auch effekttechnisch) völlig ausgeformte Welt, die selbst außerhalb der Ränder des Filmmaterials weiter zu existieren scheint, bekommt man aber eben nur, wenn wirklich alles einer singulären Vision entspringt. Nach „The Creator“ haben die Verantwortlichen der hunderte Millionen Dollar schweren Effekt-Pipelines von Marvel, DC und selbst „Star Wars“ jetzt eigentlich keine Ausrede mehr, wenig überzeugende CGI-Animationen abzuliefern. Offensichtlich liegt es eben doch nicht nur am Geld.

    Was die Story angeht, verlässt sich „The Creator“ auf den erprobten Plot von der Jagd nach einem auserwählten Kind, das alle Parteien für ihre Zwecke missbrauchen wollen: Das ist sicherlich nicht die ausgefallenste Handlung, und auch die Twists sieht man größtenteils kommen. Aber zum einen ist Newcomerin Madeleine Yuna Voyles in der Rolle von Alphie tatsächlich eine Offenbarung, und zum anderen machen das Edwards und sein Co-Autor Chris Weitz („About A Boy“) mit etlichen kleinen originellen Einfällen locker wieder wett: Am eindrücklichsten ist dabei sicherlich ein vom US-Militär eingesetzter Kamikaze-Roboter, der mit seiner Tonnenform irgendwie skurril, fast schon niedlich anmutet – aber ja trotzdem nur mit einer einzigen grausamen Absicht erschaffen wurde…

    Apocalypse Then

    Edwards selbst hat „The Creator“ als „‚Apocalypse Now‘ trifft ‚Blade Runner‘“ beschrieben – und es ist tatsächlich nicht schwer, in dem Sci-Fi-Epos auch eine erbitterte Abrechnung mit der Kriegspolitik des Westens und ganz speziell der USA (vor allem in Vietnam) zu erkennen: Wenn Tausende K.I.-Roboter von einer gewaltigen Schrottpresse zermalmt werden, dabei aber einige offensichtlich noch „lebendig“ sind und herauszuklettern versuchen, kommt man kaum umher, an historische Massengrab-Aufnahmen zu denken. Sowieso kennen die amerikanischen Militärs offenbar absolut kein Erbarmen – drohen selbst mit der Exekution eines Hundewelpen, um ein Labor-Versteck aus einem kleinen Mädchen herauszupressen.

    Die wie fast immer großartige Allison Janney („The West Wing“) darf als Bösewichtin zwar erzählen, wie ihre Söhne von einer sadistischen K.I. (schön langsam) ermordet wurden, aber davon abgesehen lässt Edwards nicht den geringsten Zweifel, welche Seite die richtige ist: Die Amis sprechen immer nur von Zerstörung und Ausrottung, die K.I. von Frieden und Freiheit – und gen Ende tragen die K.I.-Wesen plötzlich auch noch buddhistische Mönchskutten. Als Anklage der westlichen Kriegstreiberei ist das sicherlich hochgradig effektiv, zumal Edwards bei den Gewalttaten gegen die K.I. keine halben Sachen macht. Aber ohne jeden Anflug von Grautönen wirkt die Kritik auch platter als sie müsste.

    Fazit: Ein vor allem visuell visionäres Sci-Fi-Epos, dem nur ein paar erzählerische Grautöne zum Meisterwerk-Status fehlen. Doppelt beeindruckend, wenn man bedenkt, dass Gareth Edwards den Film – im Vergleich zu anderen ähnlich opulenten Effekt-Produktionen – quasi für 'n Appel und 'n Ei gedreht hat.

     

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top