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    Wish
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Wish

    Ein schönes Geburtstagsgeschenk – vor allem für Disney-Superfans

    Von Christoph Petersen

    Das ist mal ´ne Aufgabe: Noch während er am späteren Superhit „Die Eiskönigin 2“ arbeitete, begann Chris Buck damit, sich Gedanken über einen Film zur Feier des 100-jährigen Jubiläums von Disney zu machen. Aber wo zum Kuckuck fängt man bei einer solch langen und ikonischen Studiogeschichte überhaupt an? Zur Inspiration wurden erst einmal Filmausschnitte aus allen bisherigen Disney-Animationsfilmen an ein Whiteboard gepinnt. Dabei fiel auf, dass von Geppetto über Tiana bis hin zu Vaiana immer wieder Disney-Charaktere wünschend zu den Sternen hinaufschauen – und damit war die Idee zum absolut adventszeittauglichen Musical „Wish“ geboren!

    Gemeinsam mit seiner Co-Regisseurin Fawn Veerasunthorn liefert der Oscarpreisträger nun ein auf den ersten Blick durch und durch klassisches Disney-Märchen – mit gefühlvollen Songs, lustigen Sidekicks und all den anderen liebgewonnenen Markenzeichen des Mäusestudios. Aber zwei zentrale Neuerungen gibt es eben doch: Zum einen den auffälligen Wasserfarben-Look, der zwar an Klassiker wie „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ angelehnt ist, aber trotzdem eine vollkommen einzigartige und dazu auch noch wunderschöne Ästhetik erzeugt. Zum anderen Anspielungen und Easter Eggs in dreistelliger Zahl, die aus „Wish“ mitunter mehr eine Ostereiersuche als ein Weihnachtsmärchen machen.

    König Magnifico verwahrt die Wünsche seines Volkes in magischen Kugeln – aber seine wahren Absichten sind längst nicht so selbstlos, wie er immer tut.

    Die im magischen Königreich Rosas lebende Asha (Stimme im Original: Ariana DeBose) ist extrem aufgeregt. Die 17-jährige hat nämlich ein Vorstellungsgespräch für die Position der neuen Assistentin von König Magnifico (Chris Pine) ergattert. Der Zauberer hat Rosas einst selbst gegründet und die Bewohner*innen seines Reichs mit einem ganz besonderen Versprechen angelockt: Wer hier leben will, muss ihm seinen größten Wunsch anvertrauen, der dann sicher verwahrt wird – und jeden Monat wird einer der Wünsche von Magnifico im Rahmen einer großen Zeremonie erfüllt. So muss sich auch niemand ständig Sorgen machen, schließlich seien die Wünsche der meisten Menschen aus eigener Kraft ja ohnehin nicht zu erreichen.

    Aber die zunächst so begeisterte Asha ist nach dem Treffen total desillusioniert. Magnifico wählt die zu erfüllenden Wünsche nämlich keineswegs zufällig aus – stattdessen werden von Vorneherein alle Begehren ignoriert, die Magnifico auch nur im Entferntesten als „gefährlich“ für seine Macht einstuft. Zudem gehen all jene, die ihren Wunsch abgegeben haben, wie sediert durchs Leben. Aber dann begegnet Asha einem vom Himmel gefallenen Stern – und der hat die Kraft, den Menschen ihre Wünsche zurückzugeben…

    Ein grandioser Look

    „Wish“ sieht aus, als würde man in eines jener Märchenbücher aus den letzten Tagen des 19. Jahrhunderts hineinkrabbeln, deren Wasserfarben-Look Walt Disney vor fast 90 Jahren auch schon zu seinem legendären Langfilm-Debüt „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ inspiriert hat. Mit kühl kalkulierenden Computern ist das übrigens gar nicht so leicht: Im modernen Animations-Geschäft mag zwar alles dafür hergerichtet sein, eine Szene per Knopfdruck möglichst realitätsnah auszuleuchten. Aber für den Umgang mit animierten Wasserfarben, wo es um Atmosphäre statt um Perfektion geht, mussten die üblichen Abläufe noch einmal komplett neu gedacht werden.

    Aber der massive Aufwand hat sich gelohnt: „Wish“ ist einer der bestaussehenden Animations-Blockbuster seit Langem – und bringt die Essenz von 100 Jahren Disney schon rein visuell auf den Punkt. Erfreulich auch, dass sich die Macher*innen für das noch über klassisches Cinemascope hinausgehende 2.55:1-Format entschieden haben – ein klares Bekenntnis für die ganz große Leinwand und ein guter Grund, in diesem Fall nicht auf die Veröffentlichung im Abo von Disney+ zu warten. Daran kann man sich wirklich kaum sattsehen – und das hilft vor allem zu Beginn, denn „Wish“ legt eher betulich los. Die Einführung der Figuren, des Königreichs und der Wunsch-Mechanik dauert ihre Zeit – und die ersten Songs reißen einen auch nicht direkt von den Sitzen.

    Kleiner Stern, große Wirkung: Mit der Ankunft von Stern legt „Wish“ noch mal merklich an Tempo und Unterhaltungswert zu.

    Aber das ändert sich schlagartig mit der Ankunft des Sterns: Zunächst hatten die Verantwortlichen noch mit der Idee gespielt, dem Stern die Kraft zu verleihen, sich in alle möglichen Gegenstände und Figuren zu verwandeln (quasi wie Genie aus „Aladdin“, nur in Gelb statt in Blau). Aber dieser Morph-Gedanke wurde zum Glück schnell wieder fallengelassen. Stattdessen ist es nun ein ganz simpler Stern mit einem einfach gezeichneten Gesicht, dessen Form an Mickey Mouse erinnert – dazu kommt lediglich ein rotes Wollknäuel, das Stern mal als Pyjama und mal als Schnurrbart zweckentfremdet. Das ist so simpel wie wirkungsvoll: Die ausdrucksstarke Pantomimik ist nicht nur eine Ode an die ganz frühen Disney-Stummfilme, sondern auch 100 Jahre später immer noch verdammt süß und ungeheuer lustig.

    Mit der Ankunft von Stern dreht „Wish“ dann richtig auf – auch weil die Tiere und Pflanzen des Waldes dank des magischen Gastes plötzlich sprechen können. Und wenn die Disney-Kreativen etwas im Schlaf beherrschen, dann ja wohl das. Vor allem eine Szene, in der Stern ein gewaltiges Hühner-Orchester dirigiert, ist so überraschend wie saukomisch! Auch die Musical-Stücke gehen plötzlich viel mehr ins Ohr: Der Titelsong „Wish“ sowie ein Rebellions-Lied, bei dem man sich kaum dagegen wehren kann, im Kinosaal laut mit auf dem Boden aufzustampfen, haben bei der Deutschlandpremiere gar für ehrlichen Szenenapplaus gesorgt. Das macht mächtig Laune – und nebenher hält man die ganze Zeit noch Ausschau nach den mehr als 100 Anspielungen auf frühere Disney-Klassiker, die in „Wish“ versteckt sind. Wobei nach unserer Kino-Vorstellung vor allem von den halb fertiggezeichneten Mickey-Mouse-Ohren geschwärmt wurde…

    Easter Eggs, wohin man blickt

    „Wish“ ist ein Fest für alle Disney-Nostalgiker*innen, denen das Herz aufgeht, wenn sich Bambi beim Bären bedankt, dass er ihn nicht aufgefressen hat, und Peter Pan kurz im Hintergrund durchs Bild marschiert. Zudem ist Ashas Großvater ganz offensichtlich die menschliche Inkarnation von Disney: Auch er wird 100 Jahre alt und sein Wunsch ist, etwas zu erschaffen, mit dem er die nächste Generation inspirieren kann (dazu kommt noch eine Post-Credit-Szene, in der die melancholische Nostalgie endgültig auf die Spitze getrieben wird). Trotz all dieser Jubiläums-Extras ist „Wish“ aber nur 96 Minuten lang …

    … und so kommt die Geschichte selbst fast zwangsläufig ein bisschen kurz: Magnifico hat das Königreich einst sicherlich mit guten Absichten gegründet – und so kommt sein Abstieg in den manischen Wahnsinn in „Wish“ dann doch ganz schön plötzlich. Und nachdem Disney 100 Jahre lang immer wieder gezeigt hat, wie kraftvoll die Idee eines Wunsches sein kann, bleibt dies gerade in „Wish“ eher eine Behauptung – auch weil einige der Wunschblasen, in denen Magnifico die Wünsche seiner Untertan*innen verwahrt, ebenfalls für weitere Easter Eggs herhalten müssen. Walt Disney hat einst gesagt: „Für jeden Lacher sollte es auch eine Träne geben.“ „Wish“ hat eine Menge Lacher – aber der Tränenfluss dürfte sich diesmal in Grenzen halten.

    Fazit: Gerade nach der Ankunft des Sterns ist „Wish“ ein extrem amüsantes Weihnachtsmärchen, bei dem der finale emotionale Funke zwar nicht unbedingt überspringt, das Disney-Fans zugleich aber auch auf eine nostalgische Schnitzeljagd durch 100 Jahre Animationsfilmgeschichte mitnimmt.

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