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    Die Addams Family 2
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Die Addams Family 2

    Kurzweiliges Comic-Chaos (ohne den üblichen Hintersinn)

    Von Jörg Brandes

    Bereits in den 1930er Jahren von Charles Addams als Cartoon-Serie für das Magazin The New Yorker erdacht, spukte die sinistre Sippe Addams ab den 1960ern durch verschiedene TV-Serien – mal mit realen Schauspieler*innen, mal als Zeichentrickfiguren. In den 1990ern folgten dann die zwei megaerfolgreichen Kinofilme von Barry Sonnenfeld sowie ein TV-Ableger mit Tim Curry als Vater Gomez – und seit 2009 sind die Addams’ zudem auch noch Musical-Stars. Die Kult-Familie hatte medial also schon so einiges hinter sich, bevor sie 2019 mit „Die Addams Family“ auch noch ihren Einstand als computeranimierte Leinwand-(Anti-)Helden gab.

    In der erneut von Conrad Vernon und Greg Tiernan inszenierten Fortsetzung „Die Addams Family 2“, in der die Slapstick-Einlagen endgültig die Gänsehautmomente verdrängen, steht diesmal Goth-Göre Wednesday im Mittelpunkt einer Story, die den Gruselfamilien-Clan aus seiner gewohnten häuslichen Umgebung herausreißt und auf einen Roadtrip schickt, den als turbulent zu bezeichnen noch eine ziemliche Untertreibung wäre!

    Bonding ist angesagt: Für die Familie Addams und Anhang steht ein Familien-Roadtrip einmal quer durch die USA an!

    Wednesday (im Original: Chloë Grace Moretz) glänzt bei einem Wettbewerb auf einer Wissenschaftsmesse mit einem Experiment, bei dem sie Persönlichkeitsmerkmale ihrer Krake auf Onkel Fester (Nick Kroll) überträgt. Verständnis für ihr Unverständnis darüber, dass alle Teilnehmenden schon allein fürs Mitmachen zu Siegern erklärt werden, findet sie nur bei Messe-Sponsor Cyrus Strange (Bill Hader). Doch das tröstet sie wenig. Ihre Laune ist ohnehin noch schlechter als sonst. Schließlich steckt sie voll in der Pubertät.

    Um den verstärkten Entfremdungstendenzen seiner Tochter entgegenzuwirken, verordnet Papa Gomez (Oscar Isaac) den Seinen einen Familienurlaub. Der Trip soll die Sippe quer durch die USA führen. Mit an Bord des schaurig-urigen Wohnmobils im Steampunk-Look sind natürlich auch Mutter Morticia (Charlize Theron), Wednesdays Bruder Pugsley (Javon Walton), Onkel Fester, der extrem wortkarge Butler Lurch und das Eiskalte Händchen. Grandma (Bette Midler) wiederrum hütet solange das Haus. Dem Clan auf den Fersen ist dabei ein Verfolger mit einer brisanten Nachricht: Nicht weniger als die Zugehörigkeit von Wednesday zur Familie Addams steht auf dem Spiel…

    Viel Chaos, wenig Hintersinn

    Traditionell ergeben sich die meisten – gerne auch mal schön bösen und dabei die Weißer-Gartenzaun-Gesellschaft entlarvenden – Pointen ja aus der Interaktion der Addams Family mit ihren „normalen“ Mitmenschen. Denn was für erstere selbstverständlich ist, erscheint für letztere meist mehr als merkwürdig. Allerdings ist diese klassische Art des Addams-Family-Humors diesmal etwas heruntergedimmt, obwohl die Reise des Clans ja eigentlich reichlich Gelegenheit zur Konfrontation mit „Normalos“ bietet. Mehr Wert wird stattdessen auf das lustige Chaos gelegt, das die Reisegesellschaft überall hinterlässt – zum Beispiel an den Niagara-Fällen, bei einer Miss-Jalapeño-Wahl im texanischen Alamo oder im Grand Canyon.

    Natürlich hat das Filmteam auch wieder einige Popkultur-Referenzen aus der Horror-Historie eingewoben. So denkt man etwa nicht nur bei Diener Lurch an „Frankenstein“, sondern auch bei Wednesdays „Persönlichkeitsmerkmale extrahieren und implantieren“-Experiment. An anderer Stelle, nämlich in Alamo, sorgt Wednesday wiederum für einen launigen „Carrie“-Moment. Wenig komisch ist indes der finale Showdown, der auf einen allenfalls visuell inspirierten Kampf der Titanen hinausläuft, bei dem das reine Spektakel im Vordergrund steht.

    Die staubtrocken-sarkastische Wednesday stiehlt den anderen Familienmitgliedern noch mehr als sonst die Show...

    Zumindest in Ansätzen kommt hier und da auch der vertraute morbide Humor, den man seit jeher mit den Addams-Figuren verbindet, zur Geltung. Der unberechenbare Pugsley treibt zwar erneut jede Menge explosiven Schabernack, komisch sind aber vor allem seine ungelenken Versuche, eine Freundin zu finden. Ob Onkel Fester da wirklich der beste Ratgeber ist? Der wiederum hat zunehmend unter den Nachwirkungen des bereits erwähnten Experiments zu leiden, bei dem er als Versuchskaninchen diente. Kein Wunder, dass es ihn verstärkt ans Wasser zieht. Daneben haben auch das Eiskalte Händchen (am Steuer) und der ebenso haarige wie gnubbelige Cousin Itt, dessen Gebrabbel wir Außenstehenden nicht verstehen können, einige spaßige Auftritte.

    Die Eltern Morticia und Gomez versuchen unterdessen nach besten Kräften, den Familienzusammenhalt zu stärken. Denn auch um den geht es hier einmal mehr. Im Mittelpunkt der Geschichte steht aber zum Glück Sarkasmus-Queen Wednesday, deren nicht allein pubertär bedingtes Rückzugsbedürfnis („Ich betreibe social distancing von Geburt an“) sie jedoch nicht daran hindert, ihren Bruder bei jeder sich bietenden Gelegenheit zu malträtieren. Und davon gibt es reichlich. Allerdings schlittert sie auch in eine Identitätskrise, die dem Film einen ernsteren Unterton und dem ansonsten eher episodischen Geschehen einen roten Faden gibt. So wird der Familientrip für sie mehr und mehr zu einer Selbstfindungsreise.

    Dass das Goth-Girl eine überaus interessante Figur sein kann, haben inzwischen auch andere erkannt. Man darf gespannt sein auf die kommende Netflix-Live-Action-Serie „Wednesday“, bei der Tim Burton die Regie übernehmen soll. Und der ist ja ein ausgewiesener Fachmann für Bizarres.

    Fazit: Das Morbiditätspotenzial des Clans wird auch diesmal nicht annähernd ausgereizt. Stattdessen erweist sich auch das als Roadmovie konzipierte Animations-Sequel erneut als zwar schräg-kurzweiliger, aber eben auch ziemlich harmloser Familienspaß – wobei sich die diesmal im Zentrum stehende Wednesday allerdings als wirklich starke Figur entpuppt.

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