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    Hard Night Falling
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,0
    schlecht
    Hard Night Falling

    Hüftsteif in Rom

    Von Oliver Kube

    In den Achtzigern und Neunzigern konnte man leicht den Eindruck bekommen, dass Actionstar Dolph Lundgren („Masters of the Universe“, „Universal Soldier“) vor allem die Rollen abstaubt, die die bekannteren Kollegen Sylvester StalloneArnold Schwarzenegger und Bruce Willis zuvor dankend abgelehnt haben. Weil die im Rentenalter angekommenen Superstars inzwischen aber längst selbst immer häufiger in Streifen mit niedrigeren Budgets (und oft miesen Skripts) auftreten, ist offenbar auch der Schwede im selben Zug noch mal um mindestens eine Stufe abgerutscht. Wenn nicht gerade Angebote für kleine Parts in Blockbustern wie „Aquaman“ oder „Creed II – Rocky's Legacy“ reintrudeln, ist er anscheinend gezwungen, in billigem Heimkino-Trash mitzuspielen.

    Dazu passt der mit europäischem Geld (nicht allzu viel übrigens: kolportiert wird ein bescheiden anmutendes Gesamtbudget von nur zwei Millionen US-Dollar) in Rom realisierte „Hard Night Falling“. Die Regie bei dem Action-Thriller führte Billig-Horror-Filmer Giorgio Bruno („Almost Dead“), der zuvor bereits als Produzent am ebenfalls in Italien abgedrehten Lundgren-Vehikel „The Tracker“ beteiligt war. Qualitativ nehmen sich die beiden (Schrott-)Filme allerdings nicht viel - und geben uns noch weniger...

    Wie sooft: Das Cover wirkt hochkarätiger als der eigentliche Film.

    Der in der italienischen Hauptstadt stationierte Spezialagent Michael Anderson (Dolph Lundgren) führt eine Elite-Einheit von Interpol an. Seine Ehe mit Mary (Sinne Mutsaers) leidet stark unter dem stressigen, zeitraubenden Job. Seine erwachsene Tochter Diana (Chiara Arrigoni) hat er seit vier Jahren nicht mehr persönlich gesehen. Um den Fortbestand seiner Familie zu gewähren, hat Michael zugesagt, mit den beiden Frauen an einer privaten Gala teilzunehmen, die der Business-Magnat Giuliano Rossini (Mario Opinato) auf seinem feudalen Anwesen schmeißt.

    Doch kaum haben sie sich an einen Tisch gesetzt, kommt es zu einer groß angelegten Geiselnahme. Das brutale kriminelle Mastermind Goro (Hal Yamanouchi) will Rossini um eine Sammlung antiker Münzen erleichtern, die auf einen Wert von 150 Millionen Dollar geschätzt wird. Mit seinen Schergen stürmt Goro die Party und verlangt die Übergabe des Schatzes. Sonst will er reihum die Geiseln töten – angefangen mit Rossinis Tochter Sara (Gioia Vicari), einer Freundin von Mary. Goros Pech ist nur, dass Anderson die Attacke bereits früh hat kommen...

    Schon wieder ein “Stirb langsam“-Klon

    Einer der wenigen positiven Aspekte dieses an vielen Stellen augenscheinlich sehr kostengünstig gemachten Möchtegern-Reißers sind die Kulissen des Hauptschauplatzes vor den Toren der ewigen Stadt: Der elegante Empfang, das Kidnapping und der Großteil der restlichen Action findet auf dem Besitz - inklusive eines klassischen Palazzos und weitläufigen, parkähnlichen Grundstücks - des steinreichen Rossini statt. Das sehr alte, fast antike und an diversen Stellen schon recht heruntergekommene Hauptgebäude gibt dem Ganzen mit seinen diversen Winkeln, Gängen und großen wie kleinen Wohn- beziehungsweise Funktionsräumen einen morbiden Charme. Es macht meist mehr Spaß, sich als Zuschauer dort umzuschauen und sich die Geschichte des Baus auszumalen, als der recht simplen Handlung mit ihren zwei, drei allzu offensichtlich angekündigten Twists zu folgen.

    Wirklich wichtig für deren Verlauf sind eigentlich nur zwei Personen: der von Lundgren verkörperte Anderson und der Oberbösewicht Goro, gespielt vom seit den 70ern in Italien lebenden und arbeitenden Japaner Hal Yamanouchi („Wolverine: Weg des Kriegers“). Über den Protagonisten erfahren wir bis zum Ende lediglich, dass er ein Workaholic ist, der seine Lieben vernachlässigt und schnell die Waffe zur Hand hat, aber sich dafür seine Krawatte nicht selbst binden kann. Bezüglich seines Gegenspielers gibt das Drehbuch sogar noch weniger Informationen preis. Er ist scharf auf Geld und behauptet, ein Soldat gewesen zu sein. Für wen und in welchem Krieg Goro gekämpft hat, bleibt ein Geheimnis.

    In den Prügeleien sowieso - aber auch bei den Shoot-Outs wirkt Dolph Lundgren mittlerweile ganz schön hüftsteif...

    Zudem liefern beide Mimen nicht gerade Sternstunden ihres Könnens ab. Lundgren wirkt bei seinen Faustkämpfen sowie bei einer Verfolgungsjagd zu Fuß arg hüftsteif. Kein Wunder, der Mann, der in „Rocky IV“ einst Balboas vielleicht fiesesten Gegner gab, hat mittlerweile auch schon locker über 60 Lenze auf dem Buckel, in denen er oft mächtig einstecken musste. Am besten ist noch die Klopperei mit seinem Bodybuilding-Kumpel und Darsteller-Novizen Chris Skogberg, der dem Altmeister geschickter zuarbeitet als die meisten anderen Szenenpartner. Yamanouchi hingegen hat das Pech, diverse schon auf dem Papier eher müde klingende Oneliner ablassen zu müssen. Dank seines starken Akzents und eines nicht gerade perfekten Timings klingen diese in der englischen Originalfassung eher aufgesetzt, albern und peinlich als cool oder gar angsteinflößend.

    Die Nebenrollen sind im Prinzip durch die Bank eindimensionale Stichwortgeber und Staffage. Das gilt auch für Andersens flugs herbeigerufenen, deutlich jüngeren und ihm einige Hauereien abnehmenden Interpol-Untergebenen. Die hübsche Diana (Chiara Arrigoni ist eigentlich Balletttänzerin) macht zu Beginn den Eindruck, als könne sie eine wichtige Figur sein. Dann verschwindet sie allerdings abrupt und ist erst am Ende nochmal kurz zu sehen. Andersons von den Bösewichten festgehaltene Gattin Mary, eine Ärztin, ist derweil mit dem Versuch beschäftigt, das Leben einer von den Gangstern niedergeschossenen Geisel zu retten. Da die verletzte, nun bewusstlose Frau zuvor aber kein einziges Wort gesprochen hat, dürfte es den meisten Zuschauern herzlich egal sein, was aus ihr wird. Die Zeit, die wir mit diesem Szenario verbringen, ist komplett verschenkt und wirkt wie bloßes Stopfmaterial, um der ebenfalls ihr Spielfilmdebüt feiernden Aktrice (Sinne Mutsaers war immerhin mal Produktionsassistentin bei „When In Rome“) zumindest irgendwas zu tun zu geben.

    Ballern ohne Sinn und Verstand

    Regisseur Bruno scheint noch an weiteren Stellen Probleme zu haben, die kurze Laufzeit von nur gut 80 Minuten sinnvoll zu füllen. Letztlich fühlt sich sein Werk mehrfach wie eine aufgeblähte Pilot-Episode für eine TV-Serie an. Indizien dafür sind die nervig lange Suche der Kidnapper nach den Schlüsseln für die unterirdische Schatzkammer sowie sinnlos ausgedehnte Shoot-Outs mit beiden Seiten in sicheren Positionen. Einer der Charaktere steht zum Beispiel hinter einer festen Mauer, der andere versteckt sich hinter einem riesigen Pflanzenkübel beziehungsweise einem dicken Baum. Da kommt keine Kugel durch, auch wenn die Kontrahenten jeweils vier bis fünf Magazine leerballern. Zudem sind die Schusswechsel, wie zuvor die Schlägereien, von den Kameramännern Rocco Marra („Blood Of Redemption - Vendetta“) und Angelo Stramaglia („The Tracker“) wenig inspiriert eingefangen. Die meiste Zeit wird einfach nur geradeaus draufgehalten.

    Fazit: Platt geschriebener, plump gefilmter Möchtegern-Action-Reißer mit einem hüftsteif agierenden Dolph Lundgren. Immerhin sind die Kulissen ansehnlich...

    Achtung: Wer bis zum Beginn des Abspanns durchgehalten hat, sollte auch dann nicht sofort abschalten. Denn der zuvor mit einem blassen Cliffhanger beendete Film wird mit einer Mid-Credit-Sequenz dann doch zu Ende gebracht. Das zwar nicht gerade originell oder gar clever, aber wenigstens mit einem definitiven Finale.

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