Mit der phantastischen James-Ellroy-Verfilmung „L.A. Confidential“ schuf Curtis Hanson einen mittlerweile zeitlosen Klassiker des Gangsterfilms und stieg in die Riege der Top-Regisseure auf. Sein Nachfolgefilm „Wonder Boys“ konnte zwar an der Kinokasse nicht überzeugen, steht aber in punkto Qualität dem Meisterwerk nicht nach. „Wonder Boys“ ist einer der wunderbarsten Filme des Jahres 2000 - eine scharfsinnigen Satire auf den Universitäts-Betrieb, gespickt mit grandiosen Dialogen und einer Coolness, die schon „L.A. Confidential“ auszeichnete.
Mit der Veröffentlichung seines Debütromans erlangte Literaturprofessor Grady Tripp (Michael Douglas) Starruhm. Doch das liegt schon sieben Jahre zurück und der neue Roman ist immer noch nicht fertig, umfasst aber in der Rohfassung bereits über 2.600 Seiten. Sein Lektor Crabtree (Robert Downey Jr.), der ebenfalls dringend einen Erfolg braucht, um seinen Job nicht zu verlieren, hat seinen Besuch angesagt. Tripps Frau Emily hat ihn verlassen und seine Geliebte Sara (Frances McDormand) ist schwanger. Eher durch Zufall nimmt sich der leidenschaftliche Kiffer Tripp seines talentierten, aber sonderbaren Studenten James Leer (Tobey Maguire) an. Das hat Folgen: ein toter Hund, eine geklaute Jacke, die einst Marilyn Monroe gehörte - und zwei Verdächtige - nämlich Tripp und Leer. Ein wahnwitziger Trip beginnt...
Regisseur Curtis Hanson schuf mit „Wonder Boys“ eine Art Light-Version von Sam Mendes‘ bitter-grandioser Vorstadt-Satire American Beauty. Obwohl politisch höchst unkorrekt, kommt „Wonder Boys“ weniger zynisch, sondern sogar warmherzig daher. Aus dem exzellenten Ensemble ragen Michael Douglas - ungewohnt als sympathischer Verlierer - und der begnadete Jungstar Tobey Maguire (Gottes Werk und Teufels Beitrag, Der Eissturm) heraus. Die Geschichte strotzt voller bizarrer Ideen und skurriler Figuren. Erzählrhythmus und Timing stimmen. Das Paradoxe an „Wonder Boys“: Von der internationalen Kritik hoch gelobt und für Oscarnominierungen gehandelt, floppte er bedauerlicherweise an der US-Kinokasse, spielte lediglich 19,5 Millionen Dollar ein. In Deutschland fanden sich knapp 265.000 Zuschauer in den Kinos ein. Doch das tut der Qualität des Films natürlich keinen Abbruch.
Steve Kloves schrieb den Charakteren die wohl wunderbarsten Dialoge des Jahres 2000 auf den Leib. Saubermann Michael Douglas hatte den Mut, sich der schrägen Rolle des chaotischen Dauerkiffer-Professors zu stellen und überzeugt in allen Belangen. Durch sein sympathisches Spiel zieht er das Publikum problemlos auf seine Seite. Gleiches gilt für Tobey Maguire. Obwohl er als begnadeter Jungschreiber James Leer fast pausenlos skurille Lügengeschichten serviert, wird auch er zum Sympathieträger. Vor allem die aberwitzigen Episoden machen den Reiz von „Wonder Boys“ aus. Dazu eine grandios besetzte Riege von Nebendarstellern, von der Robert Downey Jr. als durchgeknallter Lektor besonders hervorragt. Aber auch Frances McDormand und Katie Holmes machen einfach Freude.
Die Story windet sich pausenlos in neue Richtung, hat immer aufs Neue Überraschungen zu bieten. Ein stimmiger Soundtrack mit Songs von Bob Dylan (Oscar für „Things have changed“) und Leonard Cohen sorgen für die perfekte Untermalung. Natürlich ist die Kiffer-Story teils zynisch, aber nie übertreibt es Hanson damit. Der warmherzige Unterton bleibt über die mehr als kurzweiligen 112 Minuten stets erhalten.
So ist Curtis Hanson mit „Wonder Boys“ der eindrucksvolle Beweis gelungen, dass sein großes Meisterwerk „L.A. Confidential“ keine Eintagsfliege war. Wer den Film im Kino verpasst hat, sollte dem DVD ihre berechtigte Chance geben. Es lohnt sich garantiert. Wundervolle Dialoge, superbe Schauspieler, ein exzellenter Film...