100 Mal besser als der erste Teil
Von Christoph PetersenIn vielen Hotels fehlt das 13. Stockwerk, weil die Zahl angeblich Unglück bringt. Es gibt sogar einen wissenschaftlichen Fachbegriff für diese Angst vor der Nummer 13: Triskaidekaphobie. Ähnlich abergläubisch sind offenbar auch die Verantwortlichen der „Kartoffelsalat“-Filme: Weil es laut ihrer Meinung kaum gute zweite Teile gibt, lassen sie auf „Kartoffelsalat – Nicht fragen!“ von 2015 direkt „Kartoffelsalat 3 – Das Musical“ folgen. Nun lässt sich im Nachhinein natürlich nicht beurteilen, ob „Kartoffelsalat 2“ tatsächlich so mies geworden wäre, wie es die Macher um Regisseur Michael David Pate („Heilstätten“) befürchtet haben. Aber eines lässt sich ganz sicher sagen: „Kartoffelsalat 3“ ist nach dem völlig verkorksten ersten Teil ein riesiger Fortschritt – statt müder Kalauer von Vorvorgestern bietet die Musical-Fortsetzung haufenweise eingängige Ohrwurm-Songs und drei charismatische Hauptdarstellerinnen.
Leo Weiß (Torge Oelrich alias YouTuber Freshtorge) hat vor zehn Jahren eine Zombie-Epidemie erst ausgelöst (was niemand weiß) und sie dann wieder in den Griff bekommen (was jeder weiß). Inzwischen ist er dank seines Zombie-Ruhms sogar zum Schulleiter aufgestiegen. Aber es ziehen graue Wolken am Horizont auf: Die Schulverwaltung will eine der örtlichen Schulen schließen – und das wird eher nicht das konkurrierende Elitegymnasium. Leo sucht deshalb nach einer Marketingmöglichkeit, um mehr potenzielle Schüler und ihre Eltern für die eigene Lehranstalt zu begeistern. Die beste Idee dazu hat Schülersprecherin Mia (Lea Mirzanli), die eine Musicalaufführung vorschlägt – und zwar mit der damaligen Zombie-Epidemie als Thema. Aber natürlich laufen die Proben nicht ohne Drama ab – zumal sich Mia Hals über Kopf in die vom Elitegymnasium herübergewechselte und nun die Hauptrolle im Musical spielende Kim (Marta Shkop) verliebt…
Die deutsche Antwort auf "High School Musical - weniger Hochglanz, mehr Herz.
„Kartoffelsalat – Nicht fragen!“, der es zwischenzeitig sogar auf Platz 1 der schlechtesten Filme aller Zeiten auf der Bottom 100 List der IMDb geschafft hat, war vor fünf Jahren eine riesige Enttäuschung: Als YouTuber-erobern-das-Kino-Großereignis angekündigt, lieferte die Zombie-Parodie dann vor allem platteste Kalauer, die vermutlich selbst die Urgroßväter der auftretenden Influencer für altbacken gehalten hätten. Auch in der Fortsetzung gibt es nun hier und da noch Ansätze davon, etwa bei einem Verwirrspiel um die Worte „Mia“ und „mir“ oder wenn einer der Lehrer bei der Probe ankündigt, es sei jetzt Zeit, „die Plätzchen einzunehmen“ (woraufhin er dann einen Keks verdrückt). Aber das ist okay – es erinnert einen schließlich auch jedes Mal daran, was für einen Kalauer-Käse man hier gerade nicht durchleiden muss.
Auch die Gaststars (Martin Semmelrogge, Katy Karrenbauer) und YouTuber-Cameos (Phil Laude) sind diesmal nicht nur weniger peinlich, sondern tatsächlich gelungen – nur Heiko und Roman Lochmann steuern nicht einen einzigen gelungenen Moment bei. Aber was den Ex-Lochis an Charisma fehlt, das gleichen die drei starken Hauptdarstellerinnen Lea Mirzanli (hat vor elf Monaten mit YouTube angefangen und vor neun Monaten wieder damit aufgehört), Marta Shkop (Model und Balletttänzerin) und Nicole Cross (hat 2011 an „DSDS“ teilgenommen) zum Glück mehr als aus. Dabei hilft es natürlich, dass die von Regisseur und Co-Autor Michael David Pate selbstverfassten Songs tatsächlich zünden. Er liefert klassischen Pop-Musical-Sound, den er mit Jugendsprache und aktuellen Themen anreichert, ohne dass es deshalb gleich peinlich werden würde. Ganz im Gegenteil: In den erfreulich kurzweiligen 92 Minuten besteht immer wieder Ohrwurmgefahr.
„Kartoffelsalat 3“ ist keine superprofessionelle Produktion. Dem Film haftet mitunter sogar eher der Charme des Amateurhaften an (das hört sich leider immer doof an, selbst wenn man es gar nicht so meint). Aber hier passt es halt auch einfach perfekt zu der Idee einer Schulaufführung (und ist damit ein dringend nötiges Gegengewicht zum unwirklichen „High School Musical“-Hochglanz). Nur bei den Gesangsnummern ist es trotzdem ein bisschen schade, weil es aufgrund der Soundabmischung noch mehr als bei vergleichbaren Produktionen heraussticht, dass die Künstler auf der Leinwand nur Playback singen (dass bei Musicalfilmen nicht live am Set gesungen wird, ist die absolute Regel, aber es sollte halt möglichst nicht derart krass auffallen). Und trotzdem: „Kartoffelsalat 3“ ist kurzweilig, geht zu Herzen und zwischen Mia und Kim sprühen glaubhaft die Funken – also absolut kein Vergleich zum Vorgänger.
Fazit: Ein Film wie eine gelungene Schulaufführung – nicht immer superprofessionell, aber dafür mit jeder Menge Herzblut auf die Bühne gebracht. Das macht richtig gut Laune.