Ein wahrhaft tierisches Abenteuer
Von Jörg BrandesDie Adventure Racing World Series bietet gemischtgeschlechtlichen Viererteams die Gelegenheit, sich unter abenteuerlichen Bedingungen im Ausdauer- und Extremsport zu beweisen. Die Wettkämpfe in verschiedenen Disziplinen wie Geländelauf, Klettern, Paddeln oder Radeln dauern mehrere Tage. Dabei sind die Teams weitgehend auf sich allein gestellt. Höhepunkt jeder Saison ist die Adventure Racing World Championship, bei der die besten Mannschaften gegeneinander antreten. Die erste Weltmeisterschaft wurde 2001 in der Schweiz ausgetragen. 2014 nahm der Schwede Mikael Lindnord an der World Championship in Ecuador teil.
Während einer Wettkampfpause teilte er seine Fleischklopse mit einem streunenden Hund. Von da an folgte der Vierbeiner seinem Team. Er wurde Arthur getauft und erlangte eine gewisse Berühmtheit. In seinem Namen gründete Lindnord sogar eine Stiftung („Arthur Foundation“), die sich weltweit für das Tierwohl einsetzt. Der Athlet hielt seine Erfahrungen in dem Buch „Arthur – Der Hund, der den Dschungel durchquerte, um ein Zuhause zu finden“ fest. Auf diesem basiert nun auch das Drama „Arthur der Große“. Obwohl sich Regisseur Simon Cellan Jones („The Family Plan“) und Drehbuchautor Michael Brandt nicht haarklein an alle realen Fakten halten, bietet der Film zwar nicht viel Überraschendes, aber emotional funktioniert es absolut tadellos.
uf
Im Film heißt der Hundefreund in spe Michael Light (Mark Wahlberg). Für den läuft es 2015 bei der World Championship in Costa Rica nicht gut. Wegen eines Navigationsfehlers strandet sein Team beim Kajakfahren im Schlamm. Ein schmachvolles Foto von ihm macht in einschlägigen Kreisen die Runde. Drei Jahre später will es der ehrgeizige Extremsportler noch einmal wissen. Diesmal in der Dominikanischen Republik. Doch es fällt ihm schwer, ein Team zusammenzustellen und einen Sponsor aufzutun. Schließlich findet sich ein finanzierungswilliges Unternehmen, aber das macht zur Bedingung, dass Michael den Social-Media-Profi Leo (Simu Liu) mitnimmt, obwohl er es war, der einst das unvorteilhafte Foto in die Welt postete.
Leo macht sich gerade in der Modebranche einen Namen, willigt aber schließlich ein. Die Kletterspezialistin Olivia (Nathalie Emmanuel) und der seine Knieprobleme herunterspielende Altrecke Chik (Ali Suliman) komplettieren das Wettkampfquartett. Wie alle anderen kämpft auch Michaels Crew mit den Widrigkeiten des 700 Kilometer langen Parcours. Nachdem die vier mit dem Titelhelden Bekanntschaft geschlossen haben und er ihnen kaum noch von der Seite weicht, erkennen sie aber auch, dass Siegen vielleicht doch nicht alles ist...
Bevor der Hund erstmals auf Michael & Co. trifft, hat man den lädierten Streuner schon gelegentlich durch die Straßen von Santo Domingo streifen sehen. Aber die meiste Spannung bezieht der Film bis dahin aus den fordernden sportlichen Wettkämpfen, bei denen man sich selbst einen Weg zu bestimmten Punkten suchen muss, an denen jedes Mal die Disziplin gewechselt wird. Spektakulär etwa, wenn Michaels „Team Broadrail“ auf Mountainbikes unvermittelt vor einem auf der Karte nicht genau verzeichneten Steilhang steht und sich entscheidet, mit den Rädern auf dem Rücken und ohne weitere Hilfsmittel hochzuklettern. Noch spektakulärer, wenn das Quartett zum Zwecke einer Abkürzung eine schon etwas marode Hochseilvorrichtung nutzen und dabei stets absturzgefährdet in die Tiefe blickt.
Aber alsbald werden Tollkühnheit und Siegeswille mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt. Mit dem Auftauchen des da noch namenlosen Hundes kommen zunehmend andere Werte ins Spiel: Zusammenhalt, Loyalität, Opferbereitschaft und das Übernehmen von Verantwortung. Dabei endet der Film keineswegs mit dem Abschluss der Weltmeisterschaft. Vielmehr hält er sein Publikum mit Arthurs weiterem Schicksal noch eine ganze Weile in Atem. Dass der Regisseur da weiterhin der Verlockung widersteht, forciert auf die Emotions-Tube zu drücken, ist ihm hoch anzurechnen.
In Sachen Sympathie ist der Titelheld ohnehin eine sichere Bank. Aber auch Mark Wahlberg, Simu Liu, Nathalie Emmanuel und Ali Suliman wissen für ihre Figuren einzunehmen. Obwohl der gewohnt charismatische Wahlberg natürlich klar im Vordergrund steht, bilden alle vier zusammen glaubhaft ein Team, das immer enger zusammenwächst. Dass Regisseur Simon Cellan Jones seine Figuren ebenfalls sehr mag, lässt sich selbst an kleinen Nebenrollen noch ablesen. Michaels Frau Helen (Juliet Rylance) wird hier etwa keinesfalls zum Hemmschuh stilisiert, sondern ermutigt ihren Mann sogar, es noch einmal bei der WM zu versuchen. Sogar Michaels erbittertster Rivale Decker (Rob Collins) erweist sich am Ende noch als fairer Sportsmann.
Fazit: Die Story mag etwas schematisch erzählt sein. Gleichwohl ist der Film eine gelungene Mischung aus Sport- und Tierdrama – zumal Regisseur Simon Cellan Jones und seine Crew nichts Wesentliches falsch machen und vor allem nicht allzu forciert auf die Tränendrüsen drücken. Ob Arthur und das von ihm sozusagen adoptierte „Team Broadrail“ den WM-Titel holen, sei hier nicht verraten. Aber als Gewinner vieler Herzen kommt das Quintett allemal über die Ziellinie.