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    Nur noch ein einziges Mal - It Ends With Us
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Nur noch ein einziges Mal - It Ends With Us

    Jetzt hat auch 2024 sein Barbenheimer

    Von Helena Berg

    Nur noch ein einziges Mal – It Ends With Us“ hat an seinem Startwochenende in den USA mehr als 50 Millionen Dollar eingespielt – ein unglaublicher Erfolg, an dem ganz maßgeblich auch die auf Hochtouren laufende PR-Maschinerie mitverantwortlich ist: Auf der imposanten Pressetour trägt die Hauptdarstellerin und Produzentin Blake Lively passend zu ihrer Figur Lily Blossom Bloom bei jedem Event ein anderes Outfit mit Blumendetails. Schon der zugrundeliegende Bestseller von Colleen Hoover avancierte zum TikTok-Trend – und nun setzen die zahlreichen Crossover-Marketing-Aktionen mit Livelys Ehemann Ryan Reynolds und seinem aktuellen MARVEL-Megahit noch einen drauf: „Deadpool & Wolverine“ und „Nur noch ein einziges Mal“ sind das Barbenheimer des Kinosommers 2024.

    Das klingt nach einem gewaltigen Eventfilm, ist aber ein romantisches Drama, in dem auch häusliche Gewalt eine zentrale Rolle spielt: Lily Blossom Bloom (Blake Lively) zieht nach dem Tod ihres Vaters nach Boston, um sich dort ihren großen Traum vom eigenen Blumenladen zu erfüllen. In der neuen Stadt trifft sie zudem den attraktiven, nicht ganz leicht zu durchschauenden Neurochirurgen Ryle (Regisseur Justin Baldoni selbst), der trotz seiner Beziehungsunfähigkeit mit allen Mitteln um sie wirbt. Als Ryle und Lily endlich zusammenkommen, taucht unerwarteterweise ihre Jugendliebe Atlas (Brandon Sklenar) wieder auf, mit dem sie eine traumatische Vergangenheit teilt. Das Liebesdreieck wirbelt Lilys Leben ganz gehörig durcheinander…

    Sony Pictures
    Zumindest dem Publikum wird schnell klar: Mit Ryle (Justin Baldoni) hat sich Lily (Blake Lively) den Falschen ausgesucht!

    Das klingt nach viel Herzschmerz und großen Emotionen? Und all das gibt es auch – zusammen mit Hochglanzbildern, stylischen Boho-Outfits, Taylor-Swift-Songs und luxuriösen Locations! Perfekt für TikTok und Pressebilder, aber weit weg vom echten Leben. „Nur noch ein einziges Mal“ erzählt von einer Welt und Figuren, die nur in Filmen existieren. Von einer jungen Frau komplett ohne soziales Netzwerk, die es sich leisten kann, aus dem Nichts einen Glamour-Blumenladen hochzuziehen, wobei sie auch noch von zwei ultraattraktiven Männern umworben wird. Und ja, Filme dürfen Zuschauende in andere Welten entführen (und verführen!) – die Figuren auf der großen Leinwand sind schließlich ganz automatisch larger than live. Gerade angesichts der aktuellen globalen Krisenstimmung ist es mehr als verständlich, dass sich viele Menschen nach Schönheit und einer Überdosis Liebe sehnen.

    Das Problem ist nur: „Nur noch ein einziges Mal“ erzählt von einem Problem, das zumindest im ersten Moment so gar nicht zum Popkultur-Überschwang passen will, nämlich häuslicher Gewalt: Blake Livelys Figur gerät in eine gewalttätige Beziehung und muss sich aus dieser befreien. Das ist ein immens wichtiges Thema und es ist großartig, dass sich ein Mainstream-Film eines solchen Stoffes annimmt. (In Italien ist der meisterhafte „Morgen ist auch noch ein Tag“ mit einer vergleichbaren Thematik zwar sogar noch vor „Barbie“ und „Oppenheimer“ gelandet, aber im Gegensatz zu „Nur noch ein einziges Mal“ war der Schwarzweiß-Film nie als Mainstream-Hit geplant.) Aber die große Aufmerksamkeit macht einige der narrativen Fehltritte von „Nur noch ein einziges Mal“ nur noch fataler.

    Hochglanz um jeden Preis

    Selbst die gewaltsamsten Szenen des Dramas sind ästhetisch: Blake Lively sieht in jedem Moment bezaubernd aus. Die Übergriffe sind dabei so uneindeutig, dass sich die Lily lange selbst fragt, ob ihr tatsächlich Gewalt widerfährt oder ob es sich um Unfälle handelt. Trotz unklarer finanzieller Lage, sozialer Isolation und gemeinsamer Wohnung geht es in „Nur noch ein einziges Mal“ nicht um diese Abhängigkeiten von Lily zu Ryle, sondern um seine tragische Hintergrundgeschichte sowie um ihre große Liebe zu ihm. Wie viele Frauen, die unter häuslicher Gewalt leiden, fühlen sich davon wohl ermutigt, selbst zu gehen? Ein zumindest fragwürdiger Fokus.

    Parallel dazu trifft Lily ihre Jugendliebe wieder, der sie während dieses Prozesses unterstützt. Die unterschwellige Botschaft: Wenn deine aktuelle Beziehung dich misshandelt, dann gibt es da draußen einen Mann, der dich wirklich liebt und dir helfen wird. Warum braucht es diesen Mann? Warum kann es eine Frau nicht ohne den nächsten Typen schaffen, sich aus solchen missbräuchlichen Machtstrukturen zu befreien? Wie wahrscheinlich ist es, zufällig diesem einen Menschen zu begegnen? Und was, wenn man es nicht tut? Soll man dann warten? Auf die Spitze getrieben wird der Helfer-Handlungsstrang, wenn Atlas Ryle verprügelt und Gewalt unter Männern so regelrecht romantisiert wird. Ganz zu schweigen vom Finale, in dem der Film andeutet, dass die Beziehung zu Ryle dann ja wohl doch auch eine gute Seite hatte.

    Sony Pictures
    Die Frauenfreundschaft zwischen Lily und Allysa (Jenny Slate) gehört zu den gelungensten Elementen des Films.

    Aber wenn man den fragwürdigen Umgang mit der Kernthematik mal beiseitelässt, gibt es auch eine Reihe von positiven Aspekten: Die Darsteller*innen sind fantastisch gecastet und spielen wunderbar. „Nur noch ein einziges Mal“ erzählt zugleich auch von einer liebevollen Frauenfreundschaft und wirft die spannende Frage auf, wie man es schafft, nicht das Schicksal der eigenen Eltern zu durchleben. Und ja, er ist auch sehr kurzweilig und zieht einen in seinen Bann. Aber so schön extravagante Promo-Outfits, Gossip und mit Swift-Songs unterlegte Liebesszenen auch sind: Wir brauchen ehrlich erzählte Geschichten über häusliche Gewalt, die Frauen helfen, ihre Partner zu verlassen – damit es vielleicht nicht nur in den Kinos, sondern auch in der echten Welt schöner wird.

    Fazit: „Nur noch ein einziges Mal“ ist ein romantisches Drama, hochkarätig besetzt und flüssig erzählt, das sich dem Thema häusliche Gewalt annimmt. Leider bleibt der Film dabei seinen hochglänzenden Popkultur-Wurzeln dermaßen verhaftet, dass er seinem ambitionierten Thema kaum gerecht wird, betroffenen Frauen im Gegenteil sogar eher einen Bärendienst erweist.

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