Diesmal spukts in einer Amish-Gemeinde
Von Lutz GranertWenige Monate, bevor im Herbst 2015 mit „Paranormal Activity: Ghost Dimension“ der sechste Teil der megaerfolgreichen Gruselreihe in den Kinos anlief, erklärte Hit-Produzent Jason Blum („Get Out“) im Interview mit USA Today: „Es geht zu Ende. Das ist es, das Finale. Wir sagen es, bevor der Film beginnt.“ Die Geschichte um die von einem Dämon besessene Katie Featherston und die VHS-Kassetten, auf denen ihre übersinnlichen Kräfte für die Nachwelt festgehalten wurden, war nach sechs Filmen (inklusive zwei Prequels und dem auf die hispanoamerikanische Zielgruppe ausgerichteten Spin-off „Paranormal Activity: Die Gezeichneten“) schlicht auserzählt. Allerdings waren eben auch alle Teile der Reihe hochgradig profitabel …
… und so hielt die Ansage von Jason Blum nur vier Jahre, bevor er im Sommer 2019 dann doch noch die Fortführung der Filmreihe verkündete: „Paranormal Activity 7: Next Of Kin“ versteht sich als Reboot des Franchise, der coronabedingt aber nicht in den Kinos anläuft, sondern direkt als Stream veröffentlicht wird. In dem abermals im Found-Footage-Stil gedrehten Horrorthriller beweist Regisseur William Eubank nach seinem Tiefsee-Schocker „Underwater – Es ist erwacht“ erneut sein Gespür für eine dichte Grusel-Atmosphäre und pfeift auch auf einige ungeschriebene, inzwischen aber allzu bekannte Gesetze der Reihe. Allerdings fallen dabei einige inszenatorische Freiheiten negativ auf, weil sie so gar nicht zum deshalb nun zuweilen aufgesetzt wirkenden Realismus-Konzept von „Paranormal Activity“ passen.
Filmemacherin Margot (Emily Bader) sucht nach ihrer verschollenen Mutter - und macht dabei eine dämonische Entdeckung...
Die junge Filmemacherin Margot (Emily Bader) plant, über die Suche nach ihrer verschollenen Mutter Sarah sowie ihrer erweiterten Familie eine Dokumentation zu drehen. Die Spur führt sie zu einer auf jegliche moderne Technik verzichtende, tiefreligiöse Amish-Gemeinde, zu der sie über den schüchternen Jüngling Samuel (Henry Ayres-Brown) Kontakt aufnimmt.
Zusammen mit ihrem Kameramann Chris (Roland Buck III) und dem grobschlächtigen Tonassistenten Dale (Dan Lippert) bezieht sie auf dem abgelegenen Gelände der Gemeinde Quartier und stellt Nachforschungen zu ihrer Mutter an. Schon bald stellt sich heraus, dass das seltsame, zuweilen apathische Verhalten einiger Amish People mit der geheimen Existenz eines Dämons in Zusammenhang steht, der offenbar in einem tiefen Schacht unter einer verbarrikadierten Kirche lauert...
Auch wenn mit William Eubank ein Franchise-Neuling auf dem Regiestuhl Platz genommen hat, so sorgt Produzent Jason Blum hinter den Kulissen doch für eine gewisse Kontinuität. Zudem wurde das Skript nach Teil 2, 3, 4 und 6 erneut von Christopher Landon geschrieben, dem es tatsächlich gelingt, der Reihe durch eine neue Ausrichtung eine gewisse Frischzellenkur zu verpassen. Er verabschiedete sich vom dämonischen Budenzauber und rückte statt einer Familie in den eigenen vier Wänden gleich mal eine ganze Religionsgemeinde auf weitem Areal ins Zentrum des Geschehens. „Paranormal Activity 7: Next Of Kin“ wirkt dabei phasenweise wie die düstere Found-Footage-Antwort auf den Sekten-Horror „Midsommar“ – und setzt wie Ari Asters sonnendurchtränkt-stilisiertes Meisterwerk auf einen gelungen-subtilen Spannungsaufbau.
Erst nach und nach bemerkt das Filmteam nämlich, dass in dieser nach außen hin abgeschlossenen, aber ansonsten harmlos wirkenden Amish-Gemeinde unter der patriarchalischen Herrschaft von Jacob (Tom Nowicki) irgendetwas ganz und gar nicht stimmt. Das nächtliche Schlachten eines missgebildeten Lamms im Viehstall in blutrotem Farbschema oder eine grinsende, apathisch vor sich hinstarrende ältere Dame, die nicht mehr Kartoffeln, sondern die Haut von ihrer Hand schält, sind dafür noch die harmloseren Indizien. Grobschlächtig, ja geradezu vorhersehbar gestalten sich dagegen Margots nächtliche Stöbereien in den Räumlichkeiten des alten, knarzenden Bauernhauses der Amish: Diese Szenen weisen die typische „Paranormal Activity“-Nachtsichtoptik auf – und verborgene Geheimnisse in dunklen Ecken brechen als plumpe jump scares hervor.
Kein "Paranormal Activity"-Film ohne die ikonischen Nachtbildaufnahmen!
Found-Footage-Horror lebt von seiner rohen Unmittelbarkeit, der authentischen Anmutung des oftmals mit enervierenden Reißschwenks durchzogenen Filmmaterials. Da soll zumindest suggerieren, dass hier einfach spontan draufgehalten wurde. Zunächst geht „Paranormal Activity 7: Next Of Kin“ noch selbstironisch und metareflexiv mit seinem „Inszeniert-Sein“ um, wenn in Chris' Filmaufnahmen etwa mal wieder sowohl Dale als auch sein Teleskopmikrofon durchs Bild laufen. Allerdings bricht der Horrorthriller spätestens zum hektisch und enorm unübersichtlich gefilmten Finale endgültig mit dem eigenen Konzept. Im letzten Akt verdichtet sich ein an Tempo zunehmendes Glockengeläut zur treibenden Musikuntermalung, in die Verfolgungsjagd mit einem Dämon schleicht sich eine Zeitlupe, die eine Tötungsszene selbstzweckhaft „gut aussehen“ lassen soll.
Und von welchem „gefundenen Filmmaterial“ einige eröffnende Luftaufnahmen stammen oder warum eine starre, das Geschehen vor dem Auto perfekt abbildende Kamera auf dem Rücksitz eines Streifenwagens platziert wurde, sollte man besser auch nicht hinterfragen. Der siebte Teil der Reihe verwässert somit immer wieder eines der Alleinstellungsmerkmale der „Paranormal Activity“-Reihe, was zunehmend auch inhaltliche Schwächen zutage treten lässt. Denn Erklärungen für den Dämonenspuk (und ob dieser mit den ersten sechs Teilen in Verbindung steht) bleibt das abseits des Settings vom Plot her doch recht konventionelle Gruselszenario schuldig. Ein guter Anknüpfungspunkt für Jason Blum also, das lukrative Franchise weiter fortzuführen.
Fazit: Der Spannungsaufbau ist hervorragend und hin und wieder lässt „Paranormal Activity 7: Next Of Kin“ tatsächlich frösteln. Doch der neue Weg, den das Found Footage-Franchise hier einschlägt, wirkt sowohl formal als auch inhaltlich oft einfach nicht stimmig.