Endlich Spannung
Von Christoph PetersenEs kommt nicht von ungefähr, dass Fortsetzungen zu erfolgreichen Kinderfilmen in der Regel im Jahresrhythmus erscheinen – schließlich werden sowohl die jungen Zuschauer als auch die oft selbst noch zur Schule gehenden Schauspieler*innen unaufhaltsam älter. Selbst die acht „Harry Potter“-Blockbuster wurden deshalb trotz des gigantischen Produktionsaufwands in nicht einmal zehn Jahren durchgeprügelt. Die Fantasy-Komödie „Hilfe, ich habe meine Lehrerin geschrumpft“, die 2015 mit mehr als 1,1 Millionen Besuchern sogar vor solch namhafter Konkurrenz wie „Mad Max: Fury Road“ oder „Terminator 5“ in den Jahrescharts landete, ist da eine seltene Ausnahme …
… schließlich dauerte es erst drei Jahre bis zur Fortsetzung „Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft“ und anschließend noch einmal drei Jahre, bis jetzt auch das Trilogie-Finale „Hilfe, ich habe meine Freunde geschrumpft“ in den Kinos startet. Die Darsteller*innen der Neuntklässler sehen deshalb aus, als seien sie zwischendrin ein oder sogar zwei Mal sitzengeblieben. Trotzdem hat sich das Warten für Fans, die den Filmen nun schon seit sechs Jahren die Treue halten beziehungsweise sie später auf DVD oder bei Streaming-Services für sich entdeckt haben, durchaus gelohnt: „Hilfe, ich habe meine Freunde geschrumpft“ ist der unterhaltsamste Teil der Reihe – was vor allem daran liegt, dass der dritte Film neben dem (nicht immer überzeugenden) Humor auch sehr viel stärker auf Spannung setzt.
Felix (Oskar Keymer) ist von seinen Freund*innen so genervt …
Für die 9C der Otto-Leonhard-Schule, dessen namensgebender Gründer noch immer als Geist (Otto Waalkes) über die Einhaltung seines selbstentwickelten spielerischen Lehrkonzepts wacht, steht eine Klassenfahrt an. Als die neu in die Klasse gewechselte Melanie (Lorna zu Solms) vorschlägt, doch das Geburtsdorf von Otto Leonhard zu besuchen, stößt das Reiseziel bei den übrigen Schülern naturgemäß auf wenig Gegenliebe. Aber Schulleiterin Dr. Schmitt-Gössenwein (Anja Kling) ist total begeistert von der Idee – also geht der Trip nach Klein-Zauberwitz.
Die dortige Jugendherberge erweist sich schnell als halbverfallenes Gemäuer – und auch sonst gibt es in dem Kaff kaum etwas zu erleben. Dafür verschwinden immer wieder Dinge wie Füller oder Handys, wobei der Verdacht direkt auf die Neue fällt. Felix (Oskar Keymer), der sich ein wenig in Melanie verliebt hat, ist mit dem Argwohn seiner Freunde allerdings gar nicht einverstanden. So kommt es, dass er sie aus Frust auf ein Zehntel ihrer Größe schrumpft - und einfach wieder großmachen geht nicht: Die fiese Hulda Stechbarth (Andrea Sawatzki) und ihre Schergen haben in der Zwischenzeit nämlich Otto Leonhards Zauberkugel gestohlen…
Der Humor in „Hilfe, ich habe meine Freunde geschrumpft“ ist größtenteils immer noch ähnlich albern wie in den ersten Filmen – so trinkt Axel Stein als mitreisender Peinlich-Papa von Felix etwa immer wieder vom selben mit Schlafmittel versetzten Kaffee, bis er zum x-ten Mal entschlummert. Und Otto bleibt halt Otto, egal ob als Ostfriese, als Zwerg oder nun als Schulgeist. Aber es gibt diesmal zusätzlich auch trockenere Pointen, an denen selbst die erwachsenen Begleiter ihren Spaß haben können – so verlangt Hulda Stechbarth von ihren Schülern zur Sicherung ihrer Versetzung nicht etwas extra Hausaufgaben oder gutes Betragen, sondern das Stehlen von Autos.
Neu hinzu kommt auch ein angenehmes Level an Spannung, mit dem die beiden an spürbaren Längen leidenden Vorgänger ja nun fast gar nicht dienen konnten. Zum einen liegt das ganz einfach an der neuen Plot-Konstellation: Was führt die neue Mitschülerin Melanie wirklich im Schilde? Gehen in der Jugendherberge tatsächlich übersinnliche Dinge vor sich? Was hat es mit der lokalen Legende der Blutigen Merte auf sich? Noch viel wichtiger ist aber: Im dritten Teil inszenieren die Macher um den neu zur Reihe hinzugestoßenen Regisseur Granz Henman („Teufelskicker“) das Geschrumpftsein endlich als das große Abenteuer, als das man es auf einer großen Kinoleinwand doch gerne sehen will.
… dass er sie kurzerhand schrumpft, was sich nur leider nicht mehr so leicht rückgängig machen lässt.
Im Genre-Primus „Liebling, ich habe die Kinder geschrumpft“ mit Rick Moranis mutieren die alltäglichsten Dinge wie herabfallende Regentropfen plötzlich zur existenziellen Gefahr – das ist lustig und spannend zugleich. In „Hilfe, ich habe meine Lehrerin geschrumpft“ und „Hilfe, ich habe meine Eltern geschrumpft“ wurden die plötzlichen Größenverschiebungen hingen überwiegend für mal mehr, oft weniger amüsante, dabei aber nie den Adrenalinspiegel in die Höhe treibende visuelle Spielereien genutzt. Da haben die Mini-Eltern in den Schuhen ihres Sohnes geschlafen oder sich an einer einzelnen McDonalds-Pommes sattgegessen. Mehr als „ganz nett“ war das selten.
In „Hilfe, ich habe meine Freunde geschrumpft“ mausert sich die Mission, wieder groß zu werden, hingegen zu einem echten Abenteuer. Da müssen die geschrumpften Neuntklässler in einer besonders spektakulären Szene gleich einer ganzen Reihe heranrasender Bayblades (moderne Kampfkreisel) ausweichen – oder sich mit aller Kraft auf einem überdimensionierten Skateboard festklammern, nachdem sie es an ein über eine kurvenreiche Landstraße davonbrausendes Auto gebunden haben. Zum Abschluss der Trilogie gibt es erstmals nennenswerte Schrumpf-Action-Setpieces – und das zahlt sich in Sachen Unterhaltungswert definitiv aus.
Fazit: Neben dem erneut nicht immer zündenden Humor bietet „Hilfe, ich habe meine Freunde geschrumpft“ endlich auch Spannung – ein klarer Pluspunkt für den Abschluss der Fantasy-Trilogie.