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    Shadow In The Cloud
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Shadow In The Cloud

    Feministischer Monster-Fight im Weltkriegs-Bomber

    Von Oliver Kube

    Im Januar 2019 gab die Produktionsfirma von „Shadow In The Cloud“ bekannt, dass „Kick Ass“-Star Chloë Grace Moretz die Hauptrolle in dem Weltkriegs-Horrorfilm übernehmen würde. Drei Monate später und nur ein paar Wochen vor dem Fall der ersten Klappe erfolgte ein weiteres Statement an die Presse: Moretz und die chinesisch-neuseeländische Regisseurin Roseanne Liang distanzierten sich öffentlich von ihrem Drehbuchschreiber Max Landis, der inzwischen von der Produktion ausgeschlossen worden sei. Außerdem habe Liang das Skript komplett überarbeitet und mehrfach umgeschrieben.

    Der Sohn von Achtziger-Legende John Landis („Blues Brothers“) war bereits 2013 in einem Interview mit offensichtlich frauenverachtenden Äußerungen aufgefallen. 2017 wurde der Autor von Filmen wie „Chronicle“, „American Ultra“ oder „Bright“ dann erstmals auch von einer Mitarbeiterin der sexuellen Nötigung beschuldigt. Im Frühjahr 2019 bezichtigten ihn schließlich acht weitere Frauen, darunter auch seine Ex-Lebensgefährtin, der Vergewaltigung beziehungsweise des emotionalen und körperlichen Missbrauchs.

    Gegenseitige Anschuldigungen

    Seitdem ist der ehemals auch als Autor für DC Comics tätige Landis ohne Job und beschäftigt sich hauptsächlich mit seinen Social-Media-Kanälen. Auch nach dem Video-on-Demand-Start von „Shadow In The Cloud“ in den USA meldete er sich zu Wort: Er habe den Film gesehen und das fertige Produkt entspräche zu 90 bis 95 % seinem Original-Skript. Ein Antwort von Liang dazu steht aktuell noch aus. Allerdings hatte sie schon im Vorfeld geäußert, Landis‘ Vorlage sei ungewöhnlich kurz gewesen (weniger als 70 statt der normalerweise üblichen 90 bis 120 Seiten) und habe dazu inhaltlich wie formal einiges zu wünschen übriggelassen.

    Abschließend klären können wir die Sache also an dieser Stelle ganz sicher nicht. Wir können aber zumindest feststellen: Der fiese kleine Monster-Film, so wie er jetzt am Ende geworden ist, hat uns auf verdammt viel Spaß gemacht…

    Maude Garrett (Chloë Grace Moretz) wird in eine kleine enge Kugel unter dem Weltkriegs-Bomber eingesperrt.

    1943 auf dem Rollfeld eines Militärflughafens in Auckland, Neuseeland: Die in einer Uniform der weiblichen Hilfstruppen der Royal Airforce gekleidete Maude Garrett (Chloë Grace Moretz) besteigt unmittelbar vor dem Start eine Maschine der US-Luftwaffen. Der aus Soldaten diverser alliierter Streitkräfte bestehenden Crew präsentiert sie ein offizielles Dokument, laut dem sie in einer streng geheimen Mission für das britische Kriegsministerium unterwegs ist. Es wäre von höchster Wichtigkeit, dass sie und ihr geheimnisvolles Köfferchen auf dem Flug über den Südpazifik in Richtung Vereinigte Staaten mitgenommen würden.

    Laut eines alten Aberglaubens bringen Frauen an Bord eines Kampffliegers allerdings Unglück – und so reagiert die Besatzung gegenüber der Flugoffizierin unverhohlen feindselig. Der mit der Situation überforderte Captain Reeves (Callan Mulvey) sperrt die junge Frau schließlich in den Geschützturm unter dem Rumpf der Boeing B-17. Dort würde sie – so seine Überlegung – wohl kein Unheil anrichten können. Kaum abgehoben, wird der Flieger jedoch von japanischen Jagdbombern angegriffen. Zudem entdeckt Maude unter einer der Tragflächen ein geflügeltes, mit scharfen Zähnen und einem langen Schwanz ausgestattetes Wesen, das sich offenbar an einem der Motoren zu schaffen macht…

    Das kennen wir doch irgendwo her…

    Bei diesem Szenario werden zwangsläufig Erinnerungen an die „Twilight Zone“-Episode „Porträt eines ängstlichen Mannes“ (oder eine der zahlreichen Neuauflagen etwa im von John Landis produzierten Kinoableger „Unheimliche Schattenlichter“) wach. In der legendären Folge entdeckt ein vom späteren „Enterprise“-Captain William Shatner gespielter Passagier, der gerade aus einer Nervenklinik entlassen wurde, auf einer der Tragflächen eines Linienflugzeugs ein Monster, das an einem der Motoren rumfummelt. Natürlich glaubt ihm aber niemand, als er den Stewardessen und seinen Mitreisenden davon erzählt.

    Ähnlich wie in der damals vom späteren „Superman“-Regisseur Richard Donner inszenierten Schwarzweiß-Episode geht es Maude in „Shadow In The Cloud“: Dem „hysterischen Fräuleinchen“ will ebenfalls keiner glauben. Eine weitere Parallele zum fast 60 Jahre alten TV-Vorbild ist die allenfalls angedeutete Erklärung, woher dieses recht schnell als sogenannter „Gremlin“ identifizierte Monster eigentlich stammt und was seine Motive sein könnten. Aber das braucht den Zuschauern eigentlich nichts auszumachen. Der Gremlin ist definitiv da und er bereitet uns mit seiner Verschlagenheit richtig Spaß.

    So eine Prügelei mit einem Gremlin geht nicht ohne Spuren an einem vorbei...

    Noch bevor es in die Lüfte geht, beginnt Roseanne Liang ihr Werk mit einem witzig animierten, in Ton und Optik recht authentisch wirkenden Lehr-Kurzfilm, der offenbar für mehr Pflichtbewusstsein unter dem Bodenpersonal der Alliierten werben soll. Sogenannte „Gremlins“ werden hier als Hirngespinste enttarnt, die nur als eine billige Entschuldigung für Faulpelze unter den Air-Force-Mechanikern herhalten müssen. Nun, Maude und ihre Kameraden werden es bald besser wissen…

    Nach diesem originellen Einstieg geht es erst einmal recht konventionell weiter. Der historische Rahmen wird abgesteckt, die Figuren werden eingeführt – und das so gründlich und überzeugend, dass man als Zuschauer den Gremlin aus dem „Vorfilm“ schon fast wieder vergessen hat und sich in einem halbwegs gradlinigen Weltkriegs-Drama über die unterschätze Rolle von Frauen im Militär zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs wähnt.

    Enger geht’s kaum

    Wir lernen nicht nur die von Moretz als wunderbar resolut, fähig und unabhängig dargestellte Garrett kennen und mögen, sondern ebenso auch ihre Flugpartner - einen Haufen Chauvinisten, die sich zudem gegenüber dem Māori-Co-Piloten Williams (Beulah Koale) auch noch offen rassistisch verhalten. Es dauert aber nicht lange, bis wir allein mit Garrett in ihrem Gefängnis hocken – einer klaustrophobisch-engen, wacklig unter dem Bauch der Maschine angebrachten Plexiglas-Halbkugel mit Flugabwehrkanone. Genau wie sie können wir nicht sehen, was oben im Inneren der B-17 vor sich geht. Ausschließlich über den Bordfunk hören wir Geräusche und Gespräche, die nur einen unvollständigen Eindruck der Geschehnisse liefern.

    Aber dann geht irgendwann alles ganz schnell – und der Film mutiert vom klaustrophobischen Kammerspiel plötzlich in Richtung turbulenter Creature-Horror. Der Gremlin zeigt sich und ist mit seiner hässlichen, einer überdimensionalen Fledermaus nicht unähnlichen Erscheinung, seiner Geschwindigkeit, Geschicklichkeit und Aggressivität auf Anhieb verdammt Angst einflößend.

    Irgendwann merkt die Crew doch noch, dass man in dieser Situation unbedingt zusammenhalten muss...

    In Sachen Action geht es fortan Schlag auf Schlag. Herzstück des Spektakels ist dabei eine spannend in Szene gesetzte und von Komponist Mahuia Bridgman-Cooper („Housebound“) mit stakkatohaften Electro-Klängen effektiv begleitete Abfolge von Ereignissen: In tausenden Metern Höhe befreit Garrett sich aus ihrem Verlies, während drei feindliche Maschinen angreifen. Sie klettert überkopf hängend am Flugzeug-Rumpf entlang, um gegen den Gremlin zu kämpfen…

    Wer jetzt findet, dass das schon völlig over the top klingt, der sollte erst mal das noch viel überdrehtere Ende der Sequenz abwarten: Ja, solche Momente sind natürlich hanebüchener Quatsch fern jeder Realität. Doch das Ganze wird immer wieder so verdammt einfallsreich, überraschend sowie unterhaltsam erzählt und visuell präsentiert, dass man beim Mitfiebern mehrfach verleitet wird, vor Begeisterung spontan in die Hände zu klatschen. Der Film wirkt wie gemacht für einen Videoabend mit möglichst vielen mitgrölenden Freunden oder noch besser in einem proppenvollen Saal beim Fantasy Filmfest.

    Fazit: Ein enorm unterhaltsamer, dabei reichlich überdrehter Mix aus Emanzipations-Story, Horror-Kracher und Kriegs-Action. Chloë Grace Moretz hat zudem sichtlich Laune an ihrer zumindest körperlich immens fordernden Heldinnen-Rolle.

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